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Wahlen in Südafrika: ANC verliert – und gewinnt doch

Zum ersten Mal seit 1994 erzielt der südafrikanische African National Congress (ANC) bei den Parlamentswahlen keine absolute Mehrheit mehr, die sozialistische Partei verliert 13 Prozent. Doch was auf den ersten Blick nach einer großen Veränderung aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als das Gegenteil: Der ANC verharrt in seiner Machtposition.

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Am vergangenen Mittwoch waren die Südafrikaner, wie alle fünf Jahre, dazu aufgefordert ihr Parlament neu zu wählen. Mittlerweile liegen verlässliche Ergebnisse der Wahl vor und zeichnen ein interessantes Bild. Seit 1994 hatte der ANC, welche als Partei Mandelas für sich in Anspruch nimmt, die Apartheid beendet zu haben, stets mehr als 50 % der Wählerstimmen erzielt. Doch das ist nun vorbei, erstmals liegt das Wahlergebnis für sie unter dieser Grenze. Das war erwartet worden, denn die Regierungsbilanz des ANC ist dramatisch schlecht. Seit Jahren kämpft das Land mit tagelangen massiven Stromausfällen, extremer Gewaltkriminalität und einem Zusammenbruch der allgemeinen Infrastruktur. 

Doch die Südafrikaner strafen die Politik der ANC weniger stark ab, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Die ewige Oppositionspartei Democratic Alliance (DA), politisch als liberal einzuordnen, konnte ihr Wahlergebnis gegenüber vorherigen Wahlen kaum ausbauen. Lediglich zwei bis drei Prozent mehr als 2019 erzielt sie, trotz der katastrophalen Regierungsarbeit des ANC. Damit liegt ihr Wahlergebnis nun bei rund 23%, was in Angesicht der Lage des Landes kaum als berauschender Erfolg bezeichnet werden kann. Der Grund für das verhältnismäßig schwache Abschneiden der DA: Die Südafrikaner wählen zwar nicht mehr den ANC, finden die Ideologie der Partei aber offensichtlich weiterhin ansprechend. 

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ANC-Abspaltung: Inhaltlich nichts geändert

Das zeigt sich, wenn man sich das Feld der anderen Wahlgewinner ansieht. Die drittstärkste Partei ist mit fast 14 % die MK-Partei des Ex-Präsidenten Jakob Zuma. Dieser war wegen einer drohenden Korruptionsverurteilung 2018 zurückgetreten und einige Jahre später ins Gefängnis gekommen. Seine Inhaftierung führte zu wochenlangen gewaltsamen Protesten seiner Anhänger, bei denen mehr als dreihundert Menschen starben und ganze Stadtviertel geplündert wurde. Nach seiner Haftentlassung gründete Zuma die Partei MK, deren Spitzenkandidat er selber wurde. Die Spitzenkandidatur musste er allerdings aufgeben, wie ein südafrikanisches Gericht im Mai entschied. Der Grund war seine vorherige Verurteilung als Straftäter. 

Programmatisch lässt sich MK als eine etwas radikalerer Version der ANC einordnen. Die Partei verspricht ihren Wählern umfangreiche Wahlgeschenke und kritisiert den ANC wo immer es geht. Gleichzeitig fordert man eine Politik, welche sich nur im Detail von der der Regierung unterscheidet. Ex-Präsident Zuma fühlt sich vom aktuellen Präsident Cyril Ramaphosa hintergangen. Sein Antreten mit der MK ist daher vor allem sein persönlicher Rachefeldzug gegen die Parteispitze. Zusammengerechnet kommen ANC und MK übrigens auf gut 56%, was letztendlich fast dem ANC-Wahlergebnis von 2019 entspricht. 

Rassistischer Kommunist: Malemas EFF bei 10 Prozent

Auf dem vierten Platz liegt, mit rund 10 %, die berüchtigte EFF-Partei von Julius Malema. Diese fällt seit Jahren mit aggressiver Rhetorik gegen die weiße Minderheit Südafrikas auf und fordert die entschädigungslose Enteignung von weißen Farmen und Betrieben. Zudem singt man auf politischen Veranstaltungen gerne das Lied „Tötet die Buren“, was der südafrikanische Supreme Court in einem viel kritisierten Urteil vor wenigen Tagen nicht als Hassrede einstufte. Die EFF erzielt damit ein weniger gutes Ergebnis als erhofft, verliert aber auch kaum Wählerstimmen. Auch die EFF ist übrigens eine Abspaltung der ANC, denn Parteigründer Malema war lange Zeit der Anführer der ANC-Jugendorganisation, bis er aufgrund seiner Kritik an der Parteispitze abgesägt wurde. 

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Es bleibt die Erkenntnis: Trotz ausufernder Korruption und einer immer dysfunktionaler werdenden Infrastruktur wählen die Südafrikaner noch immer links und sehnen sich nach rosigen Versprechungen von Wohlstand durch Umverteilung. Drei der vier populärsten Parteien sind die ANC und ihre Abspaltungen, gemeinsam erzielen sie rund 66 % der Stimmen. Zudem ist es so gut wie sicher, dass der ANC weiterhin die Regierung stellen wird. Interessant wird dabei die Frage, ob es zu einer gemäßigten Koalition mit der DA kommt, oder ob es eine radikalere Koalition zwischen ANC und MK oder ANC und EFF geben wird. 

Die „Albtraumkoalition“

Zwar hatte die DA einer Koalition mit dem ANC im Vornherein eine Absage erteilt, scheint nun aber doch willens eine Koalition einzugehen um die „Albtraumvorstellung“ einer ANC-EFF Koalition zu verhindern. Leidtragende einer solchen Albtraumkoalition wären wohl in erster Linie die weißen Südafrikaner, welche sich als wirtschaftlich erfolgreichste Volksgruppe im Fadenkreuz der beiden Parteien befinden. Enteignungen und Gewalt wären wohl die Folge einer solchen Koalition. 

Alternativ erscheint eine Koalition zwischen ANC und MK ebenfalls als logische Option, doch ob es angesichts des Machtkampfes zwischen Zuma und Ramaphosa zu solch einer Koalition kommen wird, ist unklar. Zuma würde sich Ramaphosa wohl kaum unterordnen wollen und für Ramaphosa ist es riskant seinem größten politischen Rivalen wieder in eine Position der Macht zu verhelfen. Damit ist die Koalition zwischen ANC und DA momentan wohl am wahrscheinlichsten. 

Das ist in gewisser Weise ironisch, denn die DA tritt seit Jahren mit dem Anspruch an, der Herrschaft des korrupten ANC ein Ende zu setzen. Nun ist der ANC so schwach wie nie, die Zufriedenheit der Bevölkerung mit ihr auf einem Tiefpunkt. Doch profitieren kann die DA davon kaum. Und weil die anderen Optionen kaum wünschenswert sind, könnte sie nun zum Koalitionspartner und somit zum Königsmacher ihres Rivalen werden. Die Zukunft des Landes liegt also nach wie vor in den Händen des ANC. 

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