Rheinland-Pfalz
Verfassungsgericht: Staat muss sich gegenüber der AfD nicht neutral verhalten
Das Rheinland-Pfälzische Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass Äußerungen von Regierungsmitgliedern gegen die AfD unter bestimmten Voraussetzungen mit der Landesverfassung vereinbar sind. Das Urteil markiert eine Zäsur in der deutschen Rechtsprechung: Erstmals hat ein deutsches Gericht damit dem regierungsamtlichen „Kampf gegen Rechts“ den Vorrang vor dem Gebot der staatlichen Neutralität eingeräumt.

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist am Mittwoch mit einer Klage gegen die ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gescheitert. Diese hatte die AfD öffentlich unter anderem als verfassungsfeindlich als bezeichnet. Das Verfassungsgericht sah in Dreyers Aussagen keinen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, sondern eine legitime Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Dreyer hatte Anfang 2024 im Kontext der öffentlichen Erregung um das vermeintliche „Geheimtreffen von Potsdam“ auf ihrem offiziellen Instagram-Kanal eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die AfD als „rechtsextreme Verfassungsfeinde“ sowie als „Fall für die Verfassungsschutz- und Strafverfolgungsbehörden“ bezeichnet und sie als eine Partei kritisiert hat, die Pläne zur „Vertreibung und Deportation von Millionen Menschen aus rassistischen Motiven“ habe.
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Diese zum Teil auch gerichtlich bereits widerlegten Aussagen seien laut Gericht gerechtfertigt gewesen, da sie sich auf eine nachvollziehbare Einschätzung der AfD als verfassungsfeindlich stützten und angeblich keine diffamierenden oder parteipolitisch motivierten Inhalte enthielten. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es, dass die „amtlichen Äußerungen zwar in das Recht auf Chancengleichheit“ der AfD eingegriffen und „das Neutralitätsgebot nicht gewahrt“ hätten, „aber zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerechtfertigt“ gewesen seien.
Die Entscheidung bricht mit der strengen Linie des Bundesverfassungsgerichts, das vergleichbare Aussagen von Regierungsvertretern bisher stets als verfassungswidrig eingestuft hat. Die AfD sieht in dem jüngsten Urteil daher einen „gefährlichen Präzedenzfall“, der die staatliche Neutralität gegenüber politischen Parteien aushöhle und dem Missbrauch von Regierungsämtern für parteipolitische Stellungnahmen Tür und Tor öffne.
Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei begrüßte das Urteil hingegen ausdrücklich. Staatssekretär Fedor Rose sprach von einer „Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung“, die es der Landesregierung erlaube, „kommunikativ für die Demokratie und gegen Verfassungsfeinde einzutreten“. Die Entscheidung gebe klare Maßstäbe an die Hand, wie Amtsträger künftig öffentlich auftreten können.
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Der Staatsrechtler Joachim Wieland wies gegenüber dem SWR zwar darauf hin, dass dieser Spielraum nicht unbegrenzt sei. In einem vergleichbaren Verfahren gegen den derzeitigen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD), der die CDU wegen einer parlamentarischen Zusammenarbeit mit der AfD kritisiert hatte, bestehe seiner Ansicht nach etwa keine ähnliche Rechtfertigung – da es in diesem Fall um parteipolitische Auseinandersetzungen gehe und nicht um den Schutz der Verfassungsordnung.
Geht es künftig allerdings nicht gegen die CDU, sondern um die AfD und den „Kampf gegen Rechts“ ist das bisher geltende Gebot zur absoluten staatlichen Neutralität mit dem Urteil des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichts de facto aufgehoben. Auch bundesweit könnte die Entscheidung Nachwirkungen haben: Regierende anderer Länder und auf Bundesebene könnten sich auf das Urteil berufen, um sich offensiver gegen die AfD zu positionieren.
Zugleich wirft das Urteil grundsätzliche Fragen zum staatlichen Neutralitätsgebot auf. Es steht zu befürchten, dass mit der Entscheidung eine politische Einfallstür geöffnet wurde, durch die Regierungen künftig unbegrenzt missliebige Parteien als verfassungsfeindlich klassifizieren und öffentlich verurteilen könnten – auch jenseits objektiver Maßstäbe.
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Kann man die Richter der Rechtsbeugung belangen?
Für mich wieder ein Grund mehr, die AfD zu wählen!!
Ich verstehe bis heute nicht, warum die AfD und ihre Ziele nicht mit der FDGO vereinbar sein sollen.
Tschüss Demokratie, war schön mit Dir!
Da das Gericht in Koblenz buchstäblich vor meiner Haustür liegt….
nur zur info:
wir haben hier eine SPD geführte Ampel…
seit 1991 stellt diese Partei den Ministerpräsidenten bzw bis voriges Jahr Frau Dreyer….
natürlich bildet sich in dieser unglaublich langen Zeit viel sagen wir mal „Beziehungsfilz“…
Präsident des genannten Gericht ist -natürlich- Clubmitglied im Verein SPD.
https://www.volksfreund.de/region/rheinland-pfalz/lars-brocker-wird-hoechster-richter-im-land_aid-6062376
von daher bitte keine Verwunderung über das Urteil.
Ein Staat, der sich offiziell zum Verfechter des „Kampfes gegen rechts“ erklärt, hat den Boden der Demokratie verlassen, denn allein mit „links“ kann man keinen (Rechts-) Staat machen.
Die Gerichte machen sich immer mehr zu Handlangern dieser bedenklichen Entwicklung, was mit ihrer vermutlich linkslastigen Besetzung zusammenhängen dürfte..
Für eine politisch ausgewogene Gesellschaft gehören neben den demokratischen Linken (Progressive) auch die demokratischen Rechten (Konservative) sowie die sog. Mitte (Liberale).
Hier aber wird nicht einmal mehr nach demokratisch bzw. extremistisch unterschieden. Während links der Mitte alles gern gesehen ist und dort der Zweck die Mittel heiligt, ist alles rechts der Mitte zum Feindbild erklärt worden.
Das wars dann mit FDGO!
Ein Blick in die Zukunft unserer Urenkel:
Im Jahr 2117 wird man sich sicher wieder fragen, wie war das noch vor ~90 Jahren? Es fing doch wieder an mit Schildern wie „Kauft nicht bei Ungeimpften“ und endloser Kriegshysterie. Zur gleichen Zeit begann aber damals auch der Prozess der Gleichschaltung von Justiz & Politik, Politik & Medien, Politik & Wissenschaft u.v.a.m.. Ich hoffe, unsere Nachfahren lernen endlich mal aus der Geschichte!
Das Verfassungsgericht hat meiner Laienrinschätzung nach damit auch die Tür zur Beliebigkeit politischer Diffamierung geöffnet. Man darf als Regierungsmitglied künftig zunächst einmal recht großzügig mit Begriffen wie Verfassungsfeindlich etc. umgehen. Schließlich muß alles nur auf „aktuellen“ Kenntnissen basieren. Ist der Schaden dann angerichtet – gibt’s rückwirkend einen entschuldigenden Dreizeiler auf der letzten Seite… Der Glaubwürdigkeit der Politik ist das natürlich sehr förderlich. (Ironie aus!)
Es wird immer besser hier. Das beste Deutschland aller Zeiten.
Ist schon klar, ist ja auch nur in rechtsstaatlichen Demokratien so.