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Lindemann-Prozess

Strafanzeige wegen Urkundenfälschung: Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen den Spiegel

Wurde im Lindemann-Prozess manipuliert? Ein Wirrwarr aus unvollständigen und überarbeiteten Zeugenaussagen wirft Fragen auf. Lindemanns Anwälte haben bereits Strafanzeige und -antrag gegen den Spiegel und Unbekannt eingelegt.

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Fest steht, dass der Spiegel im Verfügungsverfahren gegen Till Lindemann vor dem Landgericht Hamburg unvollständige eidesstattliche Versicherungen einreichte, die inhaltlich von der tatsächlichen Aussage der Zeugin abweichen. Fraglich bleibt, ob er dies vorsätzlich oder aus Versehen tat und wie gravierend dieser Fehler war.

Vor einem Jahr veröffentlichte der Spiegel im Rahmen seiner Verdachtsberichterstattung unter dem Titel „Sex, Macht und Alkohol – Was die jungen Frauen aus der Row Zero berichten“ schwere Anschuldigungen gegen den Frontsänger der Band Rammstein, Till Lindemann. Er bezog sich dabei auf verschiedene Aussagen von Frauen, die mit Lindemann Sex gehabt haben sollen.

Lindemann wehrte sich mit seinem Medienanwalt Simon Bergmann gegen diese Berichterstattung. Per einstweiliger Verfügung erwirkte Lindemann vor dem Landgericht Hamburg, dass dem Spiegel die Verbreitung eines der zentralen Vorwürfe und mehrerer Passagen untersagt wurde.

So hat er es zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken, Lindemann hätte die Frauen unter Drogen gesetzt oder setzen lassen, um sie für nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen gefügig zu machen. Das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte die einstweilige Verfügung zu den Kernvorwürfen.

Im Rahmen des Verfügungsverfahrens reichte der Spiegel mit seiner Antragserwiderung an das Landgericht zwei eidesstattliche Versicherungen von Frauen ein, die unter den Pseudonymen „Zoe“ und „Sophie W.“ aus dem Artikel bekannt sind. Wie dem Medienanwalt von Lindemann, Simon Bergmann, auffiel, war die Aussage von „Zoe“ nicht vollständig.

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Der Welt liegen die Zeugenaussagen vor. „Zoe“ verfasste ihre Zeugenaussage auf Englisch. Sie endete mit dem Satz „The ambulance called the police. A.“ Auf der nächsten Seite war nur ihre Unterschrift. Dieses „A“, so die Vermutung von Bergmann, war ein neuer Satzanfang, zu Deutsch übersetzt „Ein“, der offenbar abgebrochen war. Dieser Verdacht wurde dadurch erhärtet, dass in „Zoes“ Aussage kein Wort von der Polizeivernehmung stand, die von litauischen Polizeibeamten vor Erscheinen des Spiegel-Artikels mit ihr durchgeführt worden war.

Damit konfrontiert, reichte der Spiegel nicht nur „zwei bislang unbekannte eidesstattliche Versicherungen“ ein, sondern musste auch „einräumen, dass die ursprünglich eingereichten eidesstattlichen Versicherungen nicht von ‚Zoe‘ und ‚Sophie W.‘ stammten“, wie Bergmann es in einer Presseerklärung ausdrückt. In der neuen eidesstattlichen Versicherung von „Zoe“ war ein Satz angefügt, in dem nun von der Befragung durch die litauische Polizei oberflächlich die Rede war.

Mit dieser neuen Aussage taten sich allerdings neue Fragen auf. Während „Zoe“ in der ersten Aussage zu ihrem Erinnerungsvermögen formuliert hatte: „My memories are blurry. It feels as if I can remember remembering, but I don’t have the actual memories. I do remember about 4 or 5 short moments, like isolated flashbacks.” In der korrigierten Version heißt es dann: „My memories since the after party until the next morning are blurry and become gradually less, the later it got. I do remember a few moments from the sex, like isolated flashbacks.“

In der neuen Version sagt „Zoe“ also aus, dass sie zwar Erinnerungen habe, diese aber verschwommen seien und immer weniger werden. Ursprünglich hatte sie noch formuliert, dass sie eigentlich gar keine wirklichen Erinnerungen habe, sondern es sich mehr anfühle, als könne sie sich nur daran erinnern, dass sie sich erinnern könne.

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin macht das einen „nicht unerheblichen“ Unterschied, findet die Seite Lindemann und wirft die Möglichkeit einer Manipulation in den Raum. Der Spiegel streitet das ab, sein Anwalt Marc-Oliver Srocke spricht von einem Fehler des Sekretariats „in der Hektik der Fertigstellung der Stellungnahme im Eilverfahren“.

Die Vorwürfe von Lindemanns Seite bezeichnet Srocke als „Verschwörungstheorien“ und versucht, auf einen „Nebenkriegsschauplatz“ auszuweichen. Bergmann glaubt der Geschichte vom Sekretariatsfehler derweil nicht. Es handelte sich auch nicht um eine „Lappalie“. Erschwerend sei besonders, dass der Spiegel seine Berichterstattung „immer wieder mit dem Argument verteidigt hat, eidesstattlichen Versicherungen käme aufgrund der Strafbewehrung ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zu“, schreibt Bergmann in seiner Presseerklärung.

Wie Bergmann gegenüber der Welt erklärte, hat der Strafverteidiger Thomas Bliwier am vergangenen Freitag Strafanzeige und Strafantrag für Till Lindemann gegen den Spiegel, sowie gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Hamburg eingereicht.

Da „Zoe“ die erste, inhaltlich unvollständige Aussage unterschrieben hat, könnte sie sich wegen „falscher Versicherung an Eides statt“ strafbar gemacht haben. Da zu vermuten sei, dass der Spiegel ihr dazu geraten haben könnte, könnten die Verantwortlichen des Spiegels sich wegen Verleitung zur Falschaussage strafbar gemacht haben. Aufgrund der Bearbeitung der Erklärungen könnten sie sich weiter wegen Urkundenfälschung strafbar gemacht haben.

Der Spiegel weist diese Vorwürfe zurück. Die Unternehmenssprecherin erklärte auf Anfrage der Welt: „Niemand hat sich hier strafbar gemacht.“ Den Anwälten Lindemanns wirft der Spiegel dabei vor, Litigation-PR zu betreiben.

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