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Ermittlungen eingestellt

Staatsanwalt Hannover: „Ausländer raus“-Gesänge nicht strafbar

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelte gegen mehrere Personen, welche die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben sollen. Nun wurden die Ermittlungen eingestellt - die Aussagen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.

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Symbolbild

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Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover zu einem „döp-dödö-döp“-Vorfall auf dem Schützenfest in Kleinburgwedel, der sich Mitte Mai ereignete, wurden eingestellt. Mehrere Personen hatten „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ gesungen. Doch wie die Staatsanwaltschaft Hannover nun mitteilte, erfüllten diese Äußerungen nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft erklärte, dass bei den geäußerten Parolen grundsätzlich eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung in Betracht kommen könnte. Allerdings sei im vorliegenden Fall das Singen der Parolen „nicht geeignet gewesen, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen.“ Die Sprecherin führte aus, dass „das alleinige Bestreiten des Aufenthaltsrechts von Ausländern an sich noch keinen Angriff auf die Menschenwürde darstellt.“ Für eine Strafverfolgung wäre eine „gesteigerte Feindseligkeit oder eine schwerwiegende Form der Missachtung gegenüber einem Teil der Bevölkerung“ notwendig gewesen, was im konkreten Fall nicht gegeben war.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hannover basiert auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010. Damals hatte die 1. Kammer des Ersten Senats entschieden, dass die Parole „Ausländer raus“ nur dann die Menschenwürde verletzt, wenn weitere, verschärfende Umstände hinzukommen. In Kleinburgwedel, so die Staatsanwaltschaft, seien die Parolen „im Rahmen einer ausgelassenen Partystimmung“ geäußert worden, weshalb sie von der Meinungsfreiheit gedeckt seien und keinen strafrechtlichen Verstoß darstellten.

Kleinburgwedels Ortsbürgermeister Lars Wöhler (CDU) meldete damals den Vorfall umgehend an das Ordnungsamt, welches den Fall der Polizei übergab. (Apollo News berichtete). Der Staatsschutz nahm daraufhin Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung auf und leitete den Fall schließlich an die Staatsanwaltschaft Hannover weiter. Diese entschied jedoch, die Ermittlungen einzustellen, da „keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass zum Hass gegen Ausländer aufgestachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert wurde.“

Eine ähnliche Entscheidung traf die Staatsanwaltschaft Augsburg im Fall eines Faschingsumzugs in Landsberg. Und auch die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg stellte die Ermittlungen gegen Sänger der Parolen ein, da die Gesänge „nach ständiger und geltender Rechtsprechung von der Meinungsfreiheit gedeckt“ seien und keine Volksverhetzung im Sinne des Paragrafen 130 StGB darstellen, so eine Sprecherin gegenüber dem Spiegel.

Es wurden keine ausreichenden Indikatoren für eine rechtsextremistische Gesinnung oder Gewaltbereitschaft festgestellt, die eine strafbare Handlung begründen könnten. Laut Staatsanwältin Melanie Ostermeier erfordert der Straftatbestand der Volksverhetzung, dass über die „Kundgabe bloßer Ablehnung und Verachtung hinausgehend“ zum Hass oder zu Gewalt gegen Ausländer aufgestachelt wird. In beiden Fällen wurde das Verfahren eingestellt, da diese Kriterien nicht erfüllt waren (Apollo News berichtete hier und hier).

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