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Volksverhetzung

Rentnerin zu 7.950 Euro Strafe verurteilt – Staatsanwalt forderte Strafverschärfung wegen „massiver Politikkritik“

Wegen eines Facebook-Posts, in dem eine Rentnerin von „Faulenzern und Schmarotzer", „Messerkünstlern und Vergewaltigern" schrieb, wurde sie vor dem Amtsgericht Düsseldorf zu einer Strafe von 7.950 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte Strafverschärfung wegen „massiver Politikkritik" gefordert.

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Das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig

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Eine 74-jährige Rentnerin ist vom Amtsgericht Düsseldorf zu einer Geldstrafe von 7.950 Euro verurteilt worden, wie das Online-Medium achgut berichtete. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Grund dafür war ein Facebook-Post: „Blablabla. Wir brauchen Fachkräfte und keine Asylanten, die sich hier nur ein schönes Leben machen wollen, ohne unsere Werte und Kultur zu respektieren. Schickt die, die hier sind, mal zum Arbeiten. Wir sind nicht auf Faulenzer und Schmarotzer angewiesen und schon gar nicht auf Messerkünstler und Vergewaltiger“. 

Das antwortete sie am 8. Oktober 2023 auf einen Artikel zu Robert Habeck, der darin mit den Worten „Deutschland ist auf Zuwanderung angewiesen, um den Arbeitskräftebedarf zu decken“ zitiert worden war. Sie hatte damit ihren Ärger Luft machen wollen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf begriff das allerdings als Volksverhetzung, sie wurde angeklagt. Wer sie angezeigt hatte, erfuhr sie nicht. Sie hatte gehofft, dass sie „nichts bezahlen muss oder gar ins Gefängnis muss“, wie sie einem TV-Reporter vor ihrem Prozess erklärte. 

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Doch die Gerichtsverhandlung, für die von vornherein nur 30 Minuten anberaumt worden waren, nahm ein anderes Ende. „Der Kommentar spiegelt meine Wut über die Aussage von Habeck wider“, verteidigte sie sich vor Gericht. Mit dem letzten Satz, in dem sie von „Faulenzern und Schmarotzern“, „Messerkünstlern und Vergewaltigern“ gesprochen hatte, sei aber „übers Ziel hinausgeschossen“, was sie bedauere. Seitdem hätte sie sich auch bei Facebook abgemeldet. 

Ihr Verteidiger Dieter Kottire forderte in seinem Plädoyer einen Freispruch oder zumindest eine Strafmilderung, da seine Mandantin Reue gezeigt hatte. Ihr Post sei eine politische Meinungsäußerung „mit einem emotionalen Endsatz“ gewesen. „Das ist eine Meinung, die mittlerweile von fünfzig Prozent der politischen Parteien vertreten wird. Und dann muss es auch einer einfachen Bürgerin erlaubt sein, sich so zu äußern.“ 

Doch das Gericht verurteilte sie zu 150 Tagessätzen in Höhe von 53 Euro, insgesamt 7.950 Euro. Bereits 2022 war ein Strafbefehl wegen „übler Nachrede gegen Personen des öffentlichen Lebens“ gegen Doris G. erlassen worden, weil sie wohl einen Artikel geteilt hatte, der einen Grünen-Politiker negativ dargestellt hatte. Dafür bekam sie eine Strafe von 130 Tagessätzen zu je 30 Euro, insgesamt 3.900 Euro. 

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Mit ihrer neuen Verurteilung könnten beide Strafen zu einer Summe von 11.850 Euro aufaddiert werden. Für die 74-Jährige, die monatlich eine Rente von 1.600 Euro bekommt, könnte das bedeuten, dass sie die Strafen bis an ihr Lebensende abbezahlen muss. Denn sie bezahlt ihre erste Strafe von 2022 noch durch monatliche Raten zu 50 Euro ab. Bei beiden Strafen würde das bedeuten, dass sie diese über 19 Jahre lang abbezahlen müsste – also bis sie über 90 Jahre alt ist. 

Die Staatsanwaltschaft hatte laut achgut noch eine höhere Strafe gefordert, 160 Tagessätze. Schon das Geständnis hatte einer der beiden Staatsanwälte nicht wirklich gelten lassen wollen: „Das klang jetzt gerade so, als ob Sie die Politik auch weiterhin nicht gutheißen würden.“ Zwar berücksichtigte die Staatsanwaltschaft das Geständnis und die Reue der Angeklagten dann doch als strafmildernd, forderte aber, dass ihre „massive Politikkritik“ strafverschärfend gewertet werden müsse. 

Der Richter erklärte zu seiner Urteilsbegründung, dass der Kontext der Äußerung beachtet werden müsse. Gemeint wären mit dem letzten Satz ganz eindeutig alle, „die als Asylbewerber bereits nach Deutschland gekommen sind oder noch nach Deutschland kommen werden“, anders könne man das nicht verstehen. Das würde „zum Hass anstacheln“. Mögliche Zusammenhänge zwischen dem Anstieg der Migration mit Messer- und Sexualdelikten gäbe es nicht, es handle sich um „falsche Vorbehalte“, die nicht belegbar wären. Dass diese Vorbehalte wiederholt werden, würde dazu führen, dass immer mehr Menschen sie glauben. „Und deswegen ist das Volksverhetzung“.

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