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Meloni in Bedrängnis: Kommt jetzt die Seeblockade vor Lampedusa?

Gerade mit ihrer Anti-Migrations-Rhetorik konnte Giorgia Meloni Ministerpräsidentin werden. Jetzt steht sie einem Rechts-Bündnis als Regierung vor - und scheint trotzdem machtlos im Angesicht der Migrationswelle, die an Italiens Küste bricht. Für Meloni dürfte es auch bald innenpolitisch schwer werden.

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Nur noch legale Migration nach Italien: Das hatte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni noch im Wahlkampf versprochen. Die konservative Politikerin, die in den Medien gerne als rechtsradikale „Postfaschistin“ verunglimpft wurde, hatte Migration zu einem ihrer zentralen Wahlkampfthemen gemacht. Mit ihrer rechten Koalition gewann sie so auch die Parlamentswahlen.

Jetzt steigt und steigt aber der Migrationsdruck auf Italien – und Meloni steht unter Zugzwang. Seit Monaten kommen afrikanische Migranten mit dem Boot übers Mittelmeer. Und die Premierministerin, die im Wahlkampf sogar eine Seeblockade versprochen hatte, wirkt weitgehend machtlos anhand der Menschenmassen, die aktuell beispielsweise die Mittelmeerinsel Lampedusa überrennen. Alle Maßnahmen der Regierung erwiesen sich bisher als reine Luftnummern. Dies betrifft nicht nur die Verhängung des Notstands, sondern auch die Ende 2022 verfügten Maßnahmen gegen private „Seenotretter“, die im Mittelmeer nun viel weniger präsent sein können. Statt von den NGOs werden die Migranten nun wieder von der italienischen Küstenwache gerettet – zu Tausenden.

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Die „Postfaschistin“ plötzlich im Merkel-Sprech

Meloni sagte, Europa brauche einen „Paradigmenwechsel“, um mit einer Reihe von Faktoren in Afrika fertig zu werden – Konflikte, Instabilität, steigende Getreidepreise und Klimakrisen -, die Millionen von Menschen dazu bringen könnten, ihr Leben zu riskieren, um nach Europa zu kommen. Meloni schlug eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Migranten und Menschenhändlern vor, die sie auf einer der nächsten Kabinettssitzungen vorlegen will. Sie warnte potenzielle Flüchtlinge, dass sie inhaftiert und zurückgeschickt würden, wenn sie illegal kämen. „Unsere Situation erlaubt es uns nicht, etwas anderes zu tun“, sagte sie.

Aber die Premierministerin besteht darauf: „Migration ist eine gemeinsame Herausforderung für die Europäische Union, die eine kollektive Reaktion erfordert„. Das sagte sie vergangene Woche nach einem Treffen mit Ungarns Premierminister Viktor Orban. Die beiden Staats- und Regierungschefs bekräftigen „die Notwendigkeit, sich auf die äußere Dimension zu konzentrieren, um Migration zu verhindern, insbesondere durch entschiedene politische und wirtschaftliche Unterstützung der Herkunfts- und Transitländer von Migranten, ein stärkeres Engagement bei der Bekämpfung von Netzwerken von Menschenhändlern und eine wirksame Rückkehrpolitik“. „Europäische Lösung“ und „Fluchtursachenbekämpfung“: Die „rechtsradikale Postfaschistin“ ist plötzlich im Merkel-Sprech angelangt. Schon seit Monaten pocht Meloni auf ein EU-weites Vorgehen zu Migration. Doch das lässt auf sich warten. Frankreich und Deutschland haben jetzt sogar angekündigt, keinen einzigen der Bootsmigranten von Lampedusa aufnehmen zu wollen. Wie schon zu Merkels Zeiten: Die „europäische Lösung“ ist ein Wunschtraum, zu dem es wohl niemals kommen wird.

Druck von Rechts wächst – es geht um Melonis Glaubwürdigkeit

Daran ändert auch ein jüngstes Treffen von Meloni mit Frankreichs Emmanuel Macron wenig. Nach wie vor weist Frankreich Migranten am Übergang Ventimiglia zurück. Währenddessen mobilisiert Italiens Rechte langsam aber sicher gegen die Premierministerin – Melonis ärgster innenpolitischer Widersacher wird die eigene Regierung. Allen voran Matteo Salvini: In seiner Zeit als Innenminister war er für seine kompromisslose Anti-Migrations-Haltung bekannt. Jetzt ist er Vize-Premierminister und polemisiert doch offen gegen seine Chefin. Zum Beispiel, als er jüngst Marine Le Pen in Italien traf. Zusammen fordern sie das von der Leyen-Europa heraus. Und damit auch Giorgia Meloni, die sich betont herzlich mit der Kommissionspräsidentin zeigt und die „Grande Dame“ aus Brüssel wohl als ihre Verbündete sieht. Während die Premierministerin um europäische Hilfe bei der Bewältigung der Migrationskrise bat, wetterte ihr Vizepremier gegen die EU. Während Meloni die Unterstützung von Emmanuel Macron sucht, lädt Salvini Le Pen ein. „Zwischen ihr und Macron wähle ich Marine, mein ganzes Leben lang“, sagt er.

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Offene Kritik an der eigenen Ministerpräsidentin verpackt Salvini zwar geschickt, aber durchsichtig. „Der diplomatische Weg ist notwendig, aber es muss noch etwas anderes getan werden“, sagt er und fordert:  „Wir müssen diesen Fluss mit allen Mitteln eindämmen“. Europa sei es „egal, was in Lampedusa und Ventimiglia passiert. Es ist also klar, dass die italienische Regierung, die in den letzten Stunden von einem abgelenkten Europa sträflich allein gelassen wurde, das Problem selbst lösen muss.“ Salvini wettert auch gegen Deutschland: „Es gibt deutsche Institutionen, die deutschen NGOs Millionen von Euro geben, um Migranten nach Italien zu bringen.“ Gemeint sind hier sogenannte „Seenotretter“ wie die Organisation „Sea Watch“.

Neben der äußeren Krise wächst für die Premierministerin auch eine handfeste Regierungskrise heran: Sie muss es schaffen, die steigenden Fliehkräfte in ihrem eigenen Kabinett zu kontrollieren. Denn eins ist sicher: Teil einer Regierung, die die höchsten Migrationszahlen jemals zu verantworten hat, werden Salvini und seine Partei „Lega“ nicht sein wollen – viele andere auch nicht.

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