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Verbarrikadiert

Loyale Präsidentengarde blockiert Yoons Verhaftung: Südkoreas Staatskrise eskaliert weiter

Die Staatskrise in Südkorea geht weiter. Der suspendierte Präsident Yoon Suk-yeol hat sich in seiner Residenz verbarrikadiert. Ein erster Verhaftungsversuch wurde von Yoons präsidialem Sicherheitsdienst vereitelt, der sich der Polizei in den Weg stellte. Der Kampf um die politische Zukunft des Landes ist noch nicht entschieden.

Demonstrieren für Yoon Suk-yeol: Demonstranten mit Amerika-Fahnen vor der Residenz des Präsidenten

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Yoon Suk-yeol ist isoliert, politisch, aber auch im wortwörtlichen Sinne. Südkoreanischen Medienberichten zufolge sitzt der suspendierte Präsident seit dem 14. Dezember, dem Tag, an dem das südkoreanische Parlament für seine Amtsenthebung stimmte, in seiner Residenz in Seoul fest; er geht weder ein noch aus.

Yoon ist umgeben von seinen letzten Verteidigern: Im Inneren wacht der Sicherheitsdienst des Präsidenten, vor der Residenz kampieren seit Tagen hunderte Pro-Yoon-Demonstranten, um die Polizei von einer Verhaftung abzubringen.

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Auf der politischen Bühne hat sich ein nicht geringer Teil seiner Partei gegen Yoon gestellt und sogar für seine Amtsenthebung gestimmt; nur dank ihnen konnte im Parlament die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht werden. Mittlerweile gab es bereits zwei Nachfolger von Yoon, nachdem der erste Interimspräsident, Han Duck-soo ebenfalls durch das von der Opposition kontrollierte Parlament suspendiert wurde. Der nun amtierende Interimspräsident, Yoons Parteifreund Choi Sang-mok, hat unterdessen dafür gesorgt, dass das Verfassungsgericht Yoons Amtsenthebung möglicherweise überhaupt erst offiziell machen kann.

Seit Monaten hatte das Verfassungsgericht nur sechs statt der für ein ordentliches Amtsenthebungsverfahren mindestens sieben erforderlichen Richter. Ein Streit zwischen Opposition und dem damals amtierenden Yoon hatte die Vakanz ausgelöst.

Nachdem sich Yoons direkter Nachfolger Han Duck-soo geweigert hatte, neue Richter zu ernennen, da er seine Rechte als Interimspräsident eng auslegte und darauf bestand, dass nur ein amtierender Präsident Richter zum Verfassungsgericht ernennen könnte, wurde er von der Opposition kurzerhand auch des Amtes enthoben. Der neue Interimspräsident Choi ist vor der Opposition eingeknickt und hat zwei weitere Richter ernannt und so ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon erst richtig möglich gemacht.

Mittlerweile geht es für Yoon jedoch wieder aufwärts: Ein Haftbefehl, der auf Initiative des Büros zur Untersuchung von Korruption bei hochrangigen Beamten (CIO) ausgestellt wurde, konnte nicht vollstreckt werden, seine Frist ist am Montag ausgelaufen. Eine versuchte Vollstreckung des Haftbefehls am vergangenen Freitag scheiterte: Die Polizei drang in die Residenz ein, nur um vom Yoon-loyalen Präsidialen Sicherheitsdienst aufgehalten zu werden. Stundenlang lieferten sich Polizei und Sicherheitsdienst einen Showdown, bis die Polizei sich auf Anraten des CIO wieder zurückzog.

Nun musste das CIO erneut einen Haftbefehl bei einem Gericht erwirken. Ein entsprechender Antrag wurde bereits von einem Gericht gebilligt. Offizielle Begründung für die Notwendigkeit einer Verhaftung Yoons ist seine Weigerung, sich von Ermittlern des CIO befragen zu lassen. Diese hatten unmittelbar nach der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts durch Yoon eine Untersuchung gegen ihn eröffnet.

Das CIO, das ursprünglich von der heutigen Opposition im Land gegründet wurde, hat auf die fehlgeschlagene Verhaftung empfindlich reagiert. Der Chef des Sicherheitsdienstes des Präsidenten, Park Chong-jun, wurde zu Befragungen durch Ermittler des CIO vorgeladen. Ihm wird die Behinderung einer offiziellen Untersuchung vorgeworfen. Park war maßgeblich für das Handeln des Sicherheitsdienstes verantwortlich. Politische Beobachter in Südkorea rechnen sogar mit einem bevorstehenden Haftbefehl gegen Park selbst.

Ungeachtet dessen, ob es zu einer Verhaftung Yoons kommt, wird für ihn am Ende vor allem das Urteil des Verfassungsgerichts entscheidend sein. Dieses muss nun innerhalb von fünf Monaten entscheiden, ob Yoon mit seiner Ausrufung des Kriegsrechts Anfang Dezember seine verfassungsmäßigen Rechte missbraucht hat. Yoon hatte damals sein Vorgehen mit der Bedrohung, die von der vermeintlich pro-nordkoreanischen Opposition ausgehen würde, begründet.

Tatsächlich unterscheiden sich auch die geopolitischen Visionen der Regierung und der Opposition fundamental. Während der aktuelle Oppositionsführer und im Falle einer Amtsenthebung Yoons womöglich nächster Präsident, Lee Jae-myung, eine Annäherung an China und Nordkorea befürwortet, versuchte Yoon während seiner Amtszeit, eine Annäherung an die USA und den alten Gegner Japan. Nicht umsonst schwenken viele Unterstützer Yoons bei Demonstrationen USA-Fahnen; für sie ist das ein Symbol der Westbindung und der damit einhergehenden Freiheiten.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts kann also die geopolitische Balance in Asien entscheidend verschieben. Derzeit hat Yoon jedoch keine schlechten Karten, das Amtsenthebungsverfahren doch noch zu überstehen. So wurde zuletzt ein Anklagepunkt gegen ihn, nämlich der Vorwurf der Rebellion, durch die Anklage zurückgezogen.

Für eine endgültige Amtsenthebung müssen insgesamt sechs Richter die Entscheidung des Gerichts stützen. Bei aktuell nur acht Richtern im Verfassungsgericht reichen bereits drei Richter aus, um eine Amtsenthebung zu verhindern. Dann würde der suspendierte Präsident wieder seine volle Macht zurückerlangen.

Auch Yoon macht sich wohl Hoffnungen, diese Staatskrise politisch zu überleben. In einer seit der Suspendierung durch das Parlament einmaligen Stellungnahme richtete er sich an Neujahr in einem Brief an seine Unterstützer vor der Präsidentenresidenz. Dort versprach er, zu „kämpfen bis zum Ende“.

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