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Langersehnte Ukraine-Hilfen: Washington liefert, womöglich für das letzte Mal

Nach gut einem halben Jahr kommen die langersehnte Ukraine-Hilfen aus Washington. Dennoch könnte es das letzte Mal gewesen sein, darauf muss sich auch Europa einstellen.

„Die Entscheidung des US-Repräsentantenhaus zur Unterstützung der Ukraine ist ein starkes Signal in dieser Zeit“, twittert Bundeskanzler Olaf Scholz. „Ich begrüße das überwältigende positive Votum des US-Repräsentantenhauses“, heißt es von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Der US-Senat hat noch nicht einmal abgestimmt, der Präsident noch nicht unterschrieben, aber eine einzige Abstimmung in einer der Kongresskammern der USA führt zu solchen Statements von Regierungschefs rund um die Welt. In welch anderen Land haben die Entscheidungen einzelne Institutionen eine solche internationale Tragweite? Die Verabschiedung der Ukraine-Hilfen vom Repräsentantenhaus zeigt einmal mehr die weltweit einmalige Rolle der USA – und die europäische Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten, wenn es um Sicherheitspolitik auf diesem Kontinent geht.

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Ein halbes Jahr ringen um Ukraine-Zahlungen

Hieß es von Grünen und Linken früher noch „Ami Go Home!“ fordert man jetzt regelrecht die amerikanische Unterstützung ein. All das, während Washington selbst nur mit Widerwillen weitere Milliarden für die Ukraine ausgibt. Überhaupt: Man kann durchaus damit rechnen, dass dies für lange Zeit die letzte Ukraine-Unterstützung der USA war.

Es hatte nun bereits gut ein halbes Jahr gedauert, bis das aktuelle Paket überhaupt durch das Repräsentantenhaus ging. Bei den Republikanern gab es scharfen Widerstand und mehrere interne Aufstände: Sprecher Kevin McCarthy verlor seinen Job zwar nicht wegen Ukraine-Hilfen, die er von seinem favorisierten Übergangshaushalt entfernt hatte, aber die Sorge, er würde bei Ukraine-Unterstützung am Ende einknicken, (und ein Haufen persönlicher Abneigungen) bewegten am Ende eine Handvoll republikanischer Rebellen dazu, ihn zu stürzen.

Als Nächstes kam dann Sprecher Mike Johnson, der noch mehr auf seine rechte Flanke achten sollte, aber paradoxerweise war es jetzt gerade unter ihm, dass noch einmal ein Ukraine-Paket durch das Haus ging. Das ist aus republikanischer Sicht vor allem deshalb problematisch, weil so etwas durch die Kammer ging, das knapp von der „Mehrheit der Mehrheit“, also den meisten in der republikanischen Fraktion abgelehnt wurde. Der Sprecher kontrolliert im Haus nämlich die Agenda und kann damit verhindern, dass unerwünschte Gesetze zur Abstimmung kommen. Dass sich das Manöver vom Samstag nun wiederholt und so schnell ein weiteres Ukraine-Hilfspaket kommt, gilt also als unwahrscheinlich. Darauf sollte sich auch Europa einstellen.

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Warum sind so viele Republikaner gegen Ukraine-Hilfen? Bei den wenigsten ist es eine Fundamentalablehnung jeder Auslandsmilitärhilfen. Man sieht es eher als eine Frage der Prioritäten. Die USA hätten genug andere Probleme: Die Grenzkrise im Süden, bei der jährlich zwischen zwei oder drei Millionen illegale Einwanderer ins Land strömen, wird etwa gerne genannt. Aber auch außen- und sicherheitspolitisch hat es das Land mit anderen Gegenspielern als Russland zu tun, für die man wichtige Ressourcen braucht: allen voran China und eine drohende Invasion Taiwans oder Eskalation im südchinesischen Meer gegen den US-Verbündeten Philippinen.

Gerade diese geopolitischen Rahmenbedingungen gibt es unabhängig von Parteilinien und parteiinternen Pro-Ukraine-Lagern. Auch gehört bei den Hilfen an die Ukraine mehr dazu als nur Geld zu zahlen: Die Milliardensummen bezahlen oft nur die Wiederaufstockung von US-Waffenarsenals, die in die Ukraine gesendet werden. Wenn die leer sind, kann auch mehr Geld keine neuen Waffen von heute auf morgen herzaubern. Und vor allem: dann fehlen sie eben auch anderswo, etwa bereit zum Einsatz im Pazifik.

Wenn die europäischen Staaten also weiter den Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion unterstützen wollen, wird man sich langfristig nicht mehr auf Washington verlassen können, weiter die Rolle des größten Waffenlieferanten zu übernehmen. Diesen Part muss dann Europa übernehmen.

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