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Kontroverse um die Deutsche Marine in der Taiwan-Straße – was beide Seiten vergessen

Als „Kanonenbootpolitik“ verteufeln es die einen, als Mitspieler in der Pazifik-Politik sehen andere beinahe schon Deutschland: Die deutschen Marineschiffe in der Taiwan-Straße sorgen für Kontroverse, aber den entscheidenden Punkt übersehen viele in der Debatte.

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Eine „Provokation und Gefährdung der Souveränität und Sicherheit Chinas“ nennt es das Außenministerium in Peking. Es handele sich um eine gewöhnliche Fahrt „in internationalen Gewässern“, heißt es vom deutschen Verteidigungsministerium, „also fahren wir durch“. Hintergrund der Kontroverse: Die Durchquerung der Taiwan-Straße durch die Fregatte „Baden-Württemberg“ mit dem Begleitschiff „Frankfurt am Main“.

Auch in der deutschen Politik gehen die Meinungen auseinander: Während Ampel und Union darin ein wichtiges Signal sehen – manche die Fahrt sogar geradezu bejubeln – attackiert etwa AfD-Chefin Weidel das Ganze als „gefährliche Kanonenbootpolitik“.

Festzuhalten ist: Ja, es handelt sich um internationale Gewässer, auch wenn das Regime der kommunistischen Partei in Peking gerne eine sehr eigenwillig weite Auslegung der eigenen Grenze auf See – Stichwort Südchinesisches Meer – hat. Die Deutsche Marine hat also jedes Recht, dort durchzufahren. Aber geschah das nur aufgrund der „Wetterlage“ und weil es eben der „kürzeste Weg“ zurück von der bisherigen Mission rund um Südkorea war?

Nein, natürlich war es auch ein bewusstes Signal. Ein Signal an China, dass man internationale Gewässer auch dann befährt, wenn es Peking nicht passt. Mit „Kanonenbootpolitik“ hat das aber wenig zu tun. Überhaupt hinkt so ein Vergleich: „Kanonenbootpolitik“ suggeriert das, was China im 19. Jahrhundert erlebte: Fremde Mächte, die dem schwachen Land eigene Verträge diktieren, Grenzen neu ziehen und sich Sonderrechte herausnehmen. In so einer Situation ist China heutzutage bei weitem nicht, geschweige denn, eine deutsche Fregatte würde das Land in Angst und Schrecken versetzen.

Eigentlich ist es – wenn man bei der Analogie bleiben will – inzwischen eher andersherum: China ist längst selbst im Pazifik zum Täter entsprechender „Kanonenbootpolitik“ geworden. Aktuell liefert sich Peking gewaltsame Zusammenstöße mit viel kleineren philippinischen Booten, rammt philippinische Versorgungsschiffe, weil es im südchinesischen Meer Atoll nach Atoll unter seine Kontrolle bringen will, und errichtet im Anschluss prompt künstlich aufgeschüttete Inseln mit Militärbasen inklusive Raketeninstallationen, Häfen und Rollfeldern.

Daher ist jenes, wenn auch kleine, deutsche Signal an Peking völlig richtig: Deutschland hat chinesische Expansionspolitik und deren entsprechende Ansprüche nicht anzuerkennen. Was wäre auch die Alternative gewesen? Einen Umweg zu fahren, um nicht in Peking anzuecken? Das würde man vielleicht eher von der bisher oft China-freundlich handelnden deutschen Regierung erwarten. Aber es wäre ein Einknicken vor Peking, und es ist richtig, dass es hier diesmal nicht geschah.

Was allerdings absurd wird, ist deswegen jetzt zu glauben, man werde mit so einem Signal auch irgendwie zu einem der großen „Player“ im Pazifik, wie manch einer jetzt hinzufiebern scheint. Klar können deutsche Fregatten genauso wie deutsche Minister Südkorea, Japan, die Philippinen etc. besuchen – aber einen tatsächlichen Unterschied in der militärischen Balance im Pazifik macht das nicht.

Den von manchen hoch zelebrierten „Also fahren wir durch“-Kommentar von Pistorius sollte man eher nüchtern sehen: Ja, Deutschland sendet das Signal, dass eine Durchfahrt der Taiwan-Straße rechtens und Teil des normalen internationalen Schiffsverkehrs ist, aber zugleich ist es eben auch nur das: Zwei Marineschiffe, die diese Straße passieren – nicht die große deutsche Armada, die jetzt Peking konfrontieren könnte.

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Für China, das Land mit der inzwischen weltweit größten und wohl am schnellsten expandierenden Marine, sind nur andere Kontrahenten ernstzunehmend in den eigenen Expansionsplänen: Allen voran die USA, aber auch Japan, Vietnam und die Philippinen. Wenn die Ampel jetzt also doch wirklich den plötzlichen Drang entwickelt hat, Chinas imperialer Politik im Pazifik etwas militärisch entgegenzusetzen, sollte sie eher das Gegenteil machen: Hier in Deutschland die Bundeswehr wieder auf Mannstärke bringen und dafür sorgen, dass Deutschland seiner Rolle in der NATO gerecht wird. Symbolpolitik hilft da wenig – auch, wenn sie richtige Symbole setzt.

Denn wenn die USA nicht mehr den verteidigungspolitischen Babysitter spielen müssen, werden auch mehr US-Kapazitäten für den pazifischen Raum frei. Und ganz nebenbei ist es auch das, was man schon seit Monaten und Jahren von einer potenziellen zweiten Trump-Regierung hört: Kümmert euch selbst um die europäische Verteidigung!

Allein diese amerikanische Haltung, die stark aus dem Trump-Lager, aber auch verhaltener auf Seiten der Demokraten kommt, sollte Grund genug für die Ampel sein, jetzt endlich die Reparatur der eigenen Landesverteidigung voll und ganz in die Hände zu nehmen – auch wenn Besuche in Asien eine nette und wie hier auch richtige Geste sind: Am militärischen Gleichgewicht ändern sie nämlich nichts.

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