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„Pfizergate“

Klage angedroht: EU-Staatsanwaltschaft wirft von der Leyen vor, ihre Ermittlungen zu behindern

Die EU-Kommission greift die Unabhängigkeit der EU-Staatsanwaltschaft an, während diese gegen von der Leyen ermittelt – so lautet der Vorwurf von Chefstaatsanwältin Laura Köves, die nun kurz davor steht, die Kommission zu verklagen. Hat Brüssel jetzt selbst ein Rechtsstaatlichkeitsproblem?

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Gerade erst hat die EU unter Ursula von der Leyen das Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen beendet, da steht der Vorwurf im Raum, dass die EU-Kommission selbst gegen unabhängige Staatsanwälte vorgeht. Verwendet von der Leyens Kommission ähnliche Mittel wie die lange als vermeintlich unrechtsstaatlich und semi-autoritär attackierten Mitgliedsstaaten Ungarn und Polen?

Konkret geht es um die Europäische Staatsanwaltschaft, das European Public Prosecutor’s Office (EPPO). Die ermittelt nämlich gegen Kommissionspräsidentin von der Leyen wegen Verwicklung und Vertuschung rund um das „Pfizergate“, also jener Hinterzimmerdeals für Impfstoff-Käufe im Wert von mehr als 35 Milliarden Euro vom Pharmagiganten Pfizer.

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Das EPPO ist eine recht neue EU-Institution, sie soll Finanzverbrechen mit EU-Geldern und von anderen EU-Institutionen untersuchen und hat die Befugnis, dafür länderübergreifende Ermittlungen durchzuführen und Beweise – in von der Leyens Fall vor allem SMS und E-Mails – zu beschlagnahmen.

Genau bei diesen Ermittlungen gegen die EU-Chefin wird die EPPO nun offenbar von der Kommission massiv behindert. Das berichtet EPPO-Chefstaatsanwältin Laura Kövesi, die nun sogar mit einer Klage gegen die EU-Kommission droht.

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Hintergrund ist ein Kommissionsvorhaben, das vorsieht, der EPPO massiv Gelder zu streichen, die die Staatsanwaltschaft zur Untersuchung der Vorwürfe gegen von der Leyen braucht. Es geht um ganze fünf Millionen Euro.

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Denn als die EU die EPPO 2021 startete, gaben EU-Behörden der neuen Staatsanwaltschaft einen Zugang zu deren IT-Infrastruktur, offenbar in großen Ausmaß. Diese IT-Unterstützung im Wert von fünf Millionen zieht man jetzt zurück, wie die Kommission mitteilte. Damit fehlen der EPPO auf einmal enorme Ressourcen.

„Die einseitige Entscheidung […], die Erbringung der genannten Dienstleistungen für die EPPO am 31. Dezember 2024 einzustellen, birgt das Risiko, dass die unabhängige Staatsanwaltschaft der Union ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen und ihren Auftrag erfüllen kann“, schrieb EU-Chefstaatsanwältin Kövesi jetzt in einem Brief an die EU-Kommission, über den Politico berichtete.

„Es obliegt der Kommission, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung des Vertragsziels gefährden könnten, das der EPPO bei der Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union obliegt“, verlangt sie. Die Kommission streitet die Vorwürfe derweil ab.

Kövesi hat nun ein „gütliches Einigungsverfahren“ (wörtlich „amicable settlement procedure”) eingeleitet, das trotz des vermeintlich harmlosen Namens den letzten Schritt vor einer tatsächlichen Klage gegen die EU-Kommission darstellt. Dass eine EU-Institution nun die Kommission verklagt, sei „ungewöhnlich“ schreibt Politico. Allerdings habe es schon seit Monaten zunehmende Spannungen gegeben.

Es entbehrt jedenfalls nicht einer gewissen Ironie, dass von der Leyens Kommission jetzt genau das vorgeworfen wird, was man lange eben anderen, östlichen EU-Mitgliedsstaaten zum Vorwurf machte: ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften. Immer wieder hatte man in der Vergangenheit beispielsweise Polen ins Visier genommen, weil dort die Politik zu viel Einfluss über Richter und Staatsanwälte habe. Unter anderem wurde dem EU-Staat vorgeworfen, dass der Justizminister zu viel Kontrolle über die Staatsanwaltschaft ausübte. Dies hätte die bis vor kurzem regierende PiS-Partei dort genutzt, um ihre eigenen Politiker vor Ermittlungen zu schützen, so der Vorwurf.

Repressionen gegen unliebsame Staatsanwälte, die gegen die falschen Leute ermitteln, scheinen jetzt jedenfalls in Brüssel zur Tagesordnung zu gehören, zumindest wenn man Kövesi und ihrem Team glaubt.

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