Karneval ist jeden Tag, Wahlkampf ist nur einmal
Wenn Politiker sich nicht unfreiwillig, sondern mit Absicht zum Affen machen und dabei bunte Hüte tragen, dann ist wieder Karneval. Wenn sie dabei auch noch von „Nazis im Bundestag" sprechen, dann ist Wahlkampf.

Es ist Karneval, beziehungsweise war Karneval – oder kommt das noch? Ich begebe mich als Lübeckerin hier in unbekanntes Terrain, und so sehr wie die Rheinländer an ihren Traditionen hängen, auch in gefährliches Fahrwasser. Jedenfalls haben sich einige bekannte Bundespolitiker bereitwillig zum Affen gemacht, aber anders als sonst dabei bunte Mützen getragen:
SPD-Chef Lars Klingbeil ist vom Aachener Karnevalsverein zum Ordensritter wider den tierischen Ernst ernannt worden. Das stellt ihn in eine Reihe mit Politikern wie Konrad Adenauer, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher, Franz Josef Strauß und Guido Westerwelle, andererseits aber auch mit Cem Özdemir, Christian Lindner, Markus Söder, Gregor Gysi, Winfried Kretschmann, Armin Laschet und Annalena Baerbock. Ob das also eine Ehre ist, kann ich ehrlich gesagt nicht einschätzen.
So oder so: Klingbeil wird am Sonntag auf die Bühne gerufen und tritt aus seiner Sitzreihe hervor. Sobald er im Gang angekommen ist, haken sich jeweils an einer Seite zwei bekleidete junge Damen bei ihm unter und führen ihn strahlend lächelnd und posierend zur Bühne. Klingbeil gefällt sich sichtlich in dieser Position, obwohl solch ein Sexismus doch eigentlich längst gecancelt gehört. Doch in dieser Nacht kann er sich das auch mal leisten, denn als Begleitung hat er den alten Genossen Martin Schulz dabei, der ihn bei der Heimfahrt dafür sicher nicht eifersüchtig anschweigen wird.
Als amtierender Ordensritter erhält Klingbeil die Bühne und darf von einem Narrenkäfig aus – einem tatsächlichen Käfig-Gestell, nicht dem Bundestag – eine elend lange Rede halten. Das war jetzt zugegeben nicht der genialste Witz, den ich je gemacht habe, aber ich hatte in Anbetracht der Reden der Ordensträger den Eindruck gewonnen, dass schlechte Witze das Motto dieser Festlichkeit sind. Baerbock hatte in ihrer Rede, die noch auf der Webseite des Auswärtigen Amts zu finden ist, damals gescherzt, sie als grüne Frau, das klinge ja wie ein Marsmensch.
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Sie hatte den Orden 2023 für „ihre Standhaftigkeit, ihren Humor auf dem diplomatischen Parkett und ihren Kampf für Hoffnung und Frieden“ erhalten. Mit Humor war wohl eher der unfreiwillige gemeint. Bacon of Hope ist jedenfalls der fünfmal bessere Schenkelklopfer als: „Ihr habt großzügig auf die Bezeichnung „Bad Aachen“ verzichtet. Clever. Sonst wärt Ihr nämlich von der Spitzenposition im Alphabet gerutscht. Ein AA – vorne. Das ist nicht zu toppen. Und jetzt wisst Ihr auch, warum ich das Auswärtige Amt genommen habe. Das AA. Klar und deutlich.“
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Bei allen Spitzen gegen Merz und die CDU rechnete er mit den Grünen in diesem Sinne am konkretesten ab. „Ich meine, ich mag die ja“, leitet er versöhnlich ein. „Aber ich muss euch sagen, das war schon eine Herausforderung, gemeinsam mit denen zu regieren. Da hast du auf einmal den Eindruck, die größten Probleme des Landes sind die Fragen, ob jemand noch Bratwurst essen darf, ob man einmal im Jahr nach Malle fliegen darf, ob man mit dem Auto fährt, gendert oder ob Daniel Günther „Layla“ singen darf. Da ist der Zeigefinger immer erhoben bei manchen Grünen.“
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Tosender Beifall. Der ganze Schwachsinn der Ampel-Regierung ist damit erfolgreich auf die Grünen abgeschoben. Wobei, noch nicht ganz: „Statt in diesen Zeiten Wirtschaftspolitik und Arbeitsplätze zu sichern, setzt der Robert Habeck sich an den Küchentisch und schreibt Bücher. Wenn es mal eine Doku über seine Zeit als Wirtschaftsminister gibt, dann trägt die wohl den Titel: Gute Seiten, schlechte Zeiten.“ So, jetzt ist alles auf die Grünen abgeschoben. Die SPD, Kanzlerpartei? Davon weiß man da nichts. Man könnte fast denken, die Grünen hätten die letzten drei Jahre alleine regiert.
Die ARD hat tatsächlich ausnahmsweise eine gute Entscheidung getroffen, als sie die Karnevalsshow aus dem Programm gestrichen und in den WDR verbannt hat. Wie eine Sprecherin des Senders gegenüber der Presse erklärte, sähe ein Beschluss der ARD-Programmdirektion vor, dass Politiker, „die selbst kandidieren oder aktiv am Wahlkampf beteiligt sind, in einem Zeitraum von sechs Wochen vor Wahlen nicht in Unterhaltungssendungen auftreten dürfen“. Klingbeil hat die Wahrheit in seiner Spaßrede jedenfalls noch mehr verdreht, als man es sonst aus der Politik gewohnt ist.
So wirkte er merklich etwas beleidigt, dass die ARD seinen großen Auftritt aus dem Programm gestrichen hat. „Und das ist sicherlich nur ein Zufall, dass die Programmdirektorin, die die Entscheidung getroffen hat, die Tochter von Wolfgang Schäuble ist.“ Ja, denn wenn man dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eins vorwerfen kann, dann, dass er eindeutig zu rechtslastig ist.
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Nach seinen „witzigen“ Spitzen in alle Richtungen, kam er dann aber doch zum tierischen Ernst. Vor wenigen Tagen ging die Nachricht durch die Presse, dass zum ersten Mal Karnevalsumzüge wegen Angst vor islamistischen Terroranschlägen abgesagt wurden. Diese Art von tierischem Ernst lässt er aber unerwähnt.
Nein, es geht um das gleiche Thema wie immer: den Rechtsruck. Eine nicht so humorvolle Spitze Richtung Merz und seine Migrationsoffensive im Bundestag: „Nazis, die im Bundestag feiern im Jahr 2025 und das übrigens ausgerechnet in der Woche und an dem Tag, an dem wir 80 Jahre der Befreiung von Auschwitz gedacht haben“, da wäre es ihm eiskalt über den Rücken gelaufen.
„Wenn die AfD einmal Macht erhält, dann macht sie keinen Halt mehr. Da geht es heute gegen Ausländer und morgen gegen Andersdenkende, gegen Journalisten, gegen Gewerkschafter, gegen Menschenrechte, gegen Künstler, gegen Richter. In den Reden von Chrupalla und Weidel, von Höcke und Co kann man das alles jetzt schon hören. Es soll niemand sagen, wir hätten es nicht gewusst.“ Wieder tosender Beifall. Nach dieser Verhinderung einer weiteren Machtergreifung ging es dann zum Höhepunkt des Abends über. Klingbeil stimmt die Gitarre an und seine Ordensträger-Vorgänger Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Gregor Gysi, Daniel Günther und die NRW-Vizepräsidentin Mona Neubaur kommen singend zu ihm auf die Bühne.
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„Atemlos, Hand in Hand woll’n wir Zuversicht fürs Land. Atemlos, wie noch nie, kämpfen für Demokratie“ – auf dem Karnevalsfest des Aachener Karnevalsvereins am Samstag singt die „musikalische Koalition“ aus Grünen, SPD, CDU und Linken-Politikern eine Abwandlung des Schlager-Hits „Atemlos“ von Helene Fischer. Beziehungsweise, eine Hälfte sang den neuen Text, die andere, nicht weniger laute und sehr von sich überzeugte, sang den Original-Text. Töne treffen war dabei optional. „Nicht schön, aber gemeinsam“, beschrieb es der WDR. Wobei damit auch nur die örtliche Anwesenheit gemeint sein kann. Alles falsch und durcheinander, nicht zu ertragen.
Wieder hat Klingbeil geschickt gespielt. Für alle, die diesen Auftritt bodenständig und sympathisch finden, ist er mit von der Partie. Für alle, die diesen Auftritt als das sehen, was er ist – einfach nur peinlich – hat er sich nicht mit blamiert, denn er hat kein Mikrofon und seine Gitarre trifft ihre Töne. Wenn Klingbeil dann in vier Jahren als Kanzlerkandidat antritt und damit in die lange Liste der Kanzler und Kanzlerkandidaten tritt, die in den letzten Jahrzehnten den Orden wider den tierischen Ernst verliehen bekommen haben, haben Sie es jedenfalls in Aachen zuerst gehört.
Karneval ist jeden Tag, Wahlkampf ist nur einmal.
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Wir haben das aber weder noch.
Mit diesen Politikern incl. EU leiden wir Bürger nur noch und leben in einer Politik-Hölle!
Die Büttenreden in der Nazi-Zeit waren nicht weniger hetzerisch.
Da haben scheinbar die Politiker der genannten Parteien ihre Verkleidung abgelegt und das wahre Gesicht gezeigt – das kann man nicht spielen.
Die politische Blase in Berlin ist voller Narren; seit drei Jahren lenken sie das Narrenschiff.
Fürs gemeine Volk werden die Umzüge abgesagt, aber unter Personenschutz können die Majestäten lustig feiern.
Muss man sich den antun?
Das ist alles so peinlich. Ich schäme mich für diese Truppe, die Deutschland reGIERT!!
Man sollte sich immer wieder bewusst machen, dass wir von diesen peinlichen Clowns regiert werden.
„Orden wider den tierischen Ernst“ in Aachen:
https://www.youtube.com/watch?v=PTXu3bd_u6c
Horror. Peinlich. Tragödie für Deutschland.
Altneihauser Feierwehrkapell’n: Trau niemals der KI!
Fastnacht in Franken 2024 | BR Kabarett
https://www.youtube.com/watch?v=xtAhCTfSCp4&t=63s
– sie durften wieder auftreten…
Schlimm,dass man den Karneval mit so hassenden Politfratzen versaut..
Wir Aachener sind entsetzt ,wie der Karneval mittlerweile durch die Politik missbraucht wird
Genauso wie der Karlspreis–der ist nichts mehr wert,seit ihn die korrupte Von der Leyen dieses Jahr bekommt..
Aber in dem Gremium sitzen ja auch nur Ideologen,die niemand mehr braucht
An Karneval verkleidet man sich. Politiker sollten daher an Karneval die Narrenkappen absetzen.
Wie sagte 2021 Sandra Detzer:
Wo wir Grünen an die Schalthebel der Macht kommen, werden wir nicht mehr verhandeln. Solche Worte habe ich von der AfD noch nicht vernommen.
Karneval ist die Rede von Scholz im Parlament. Wahlkampf betreiben seine Freunde von der Demo-Front.
„Wenn Politiker sich nicht unfreiwillig, sondern mit Absicht zum Affen machen …“
Liebe Frau David, auch wenn Sie aus Lübeck kommen, das ist kein Grund, tolle Tiere zu beleidigen.
Wo kommen wir denn hin, wenn im Karneval über echten Humor gelacht würde?
Der Karneval wurde leider komplett von der Politik gekapert. Die Umzüge sind ein Spiegelbild des zu beobachtenden Linksrucks in Deutschland. Die Karnevalsvereine sind kleine Parteizentralen. Und nun stehen sie daneben, während sie abgeschafft werden.
„Nazis“ im Bundestag. Die Kommunisten waren vorher da. Heute nennen sie sich Demokraten. Die DDR hat sich auch demokratisch genannt.
Danke für die Zusammenfassung, ich wäre nicht fähig gewesen, mir den Krempel politischer Information wegen zu geben. Die anderthalb Minuten Musik waren genug. MASZ im Federviehgewand. Gruselig. Dass die Sendung „verbannt“ wurde, war mir neu.
Lieber Klingbeil, das war aber jetzt Volksverhetzung vom Feinsten, oder?
Vor zwei Wochen ist ein kleiner Junge abgeschlachtet worden…
Eine Schande für den Karneval. Deppen gehören zwar dazu, aber auf die Politiker Köpfe kann ich verzichten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sich ihrer eigenen unerträglichen Widerlichkeit bewusst sind!
Solche Männer/Frauen sind keine Politiker – sie sind Narren – und nicht nur im Karneval
Wie so oft stelle ich mir die Frage „Was passiert eigentlich, wenn Außerirdische das sehen?“ und wie so oft lautet die Antwort „Dann müssen wir vermutlich alle sterben.“