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Internationaler Strafgerichtshof

Jura-Studium unter Idi Amin: Diese afrikanischen Strafrichter sollen über Netanyahu urteilen

Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant erlassen. Doch Richter, die am Internationalen Strafgerichtshof arbeiten, haben teilweise unter Diktaturen gelernt und in ihrer Funktion als Richter Unrechtsstaaten geschützt.

Menschen, die in afrikanischen Diktaturen ausgebildet wurden, sitzen über israelische Politker zu Gericht.

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Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen. Ebenso wurde ein Haftbefehl gegen Mohammed Deif erlassen, den früheren Anführer des militärischen Flügels der Hamas, der Qassam-Brigaden. Doch Israel hatte Deifs Tod bereits im Juli gemeldet.Den israelischen Politikern wird vom Internationalen Strafgerichtshof vorgeworfen, Aushungern als Mittel der Kriegsführung verwendet zu haben und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Mord und Verfolgung begangen zu haben. Der Internationale Strafgerichtshof sagt, dass die achtzehn Richter ausgewählt werden wegen „ihrer Qualifikation, Unparteilichkeit und Integrität“. Doch wer sind die Richter, die am Internationalen Strafgerichtshof urteilen? 

Benin

Da ist zuerst die Richterin Reine Alapini-Gansou aus Benin, die als Richterin der Pre-Trial Chamber I (Vorverfahrenskammer 1) den Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant miterlassen hat, zusammen mit den Richtern Julia Motoc aus Rumänien und Nicolas Guillou aus Frankreich. Reine Alapini-Gansou absolvierte ihr Jurastudium in Benin von 1979 bis 1982, zu einem Zeitpunkt, als das Land noch eine marxistisch-leninistische Ein-Parteien-Diktatur war. 1986 erhielt sie ihre Zulassung als Anwältin. 

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Benin war bis 1960 eine französische Kolonie gewesen. Die ersten Jahre der Unabhängigkeit waren von schnellen Regierungswechseln und häufigen Putschen durch das Militär gekennzeichnet. Der letzte Militärputsch fand 1972 statt. Major Mathieu Kérékou übernahm am 26. Oktober 1972 die Macht. Etwa zwei Jahre später, am 30. November 1974, rief Mathieu Kérékou den Marxismus-Leninismus als offizielle Staatsideologie aus. 

Die Republik Dahomey wurde in Volksrepublik Benin umbenannt. Die einzig erlaubte Partei war die „Volksrevolutionäre Partei Benins“. Bei den Wahlen 1979, 1984 und 1989 wurde er zum Präsidenten wiedergewählt. Ende der 1970er und Anfang der 1980er erhielt er bei den Wahlen angeblich 98 Prozent der Stimmen. Allerdings war seine Partei 1979 und 1984 die einzige, die zu Regierungswahlen anstand. 1979 erhielt die Partei eine Zustimmungsrate von offiziell 97,9 Prozent, fünf Jahre später stimmten angeblich 98,1 Prozent für die Partei. 

In Benin wurden während der sozialistischen Diktatur Teile der Wirtschaft, wie zum Beispiel die Ölindustrie, verstaatlicht. Der ehemalige Soldat Mathieu Kérékou ließ Mitglieder der Vorgängerregierung verhaften und teilweise hinrichten. Zwar wurde der Marxismus-Leninismus 1989 als Staatsideologie wieder abgeschafft, es folgte eine wirtschaftliche Öffnung und es wurden mehrere Parteien zugelassen, aber Benin hat noch immer mit Menschenrechtsproblemen zu kämpfen. 

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So hieß es 2023 in einem Bericht der amerikanischen Regierung, dass die Zustände in den Gefängnissen von Benin katastrophal seien, da die Gefängnisse überbelegt seien, die Häftlinge unterernährt und weil die hygienische Situation miserabel sei. 2019 hieß es in einem UN-Bericht der Anti-Folter-Kommission, dass es in Benin kein Gesetz gebe, das es explizit verbiete, dass Geständnisse unter Folter erzwungen werden. Benin hatte der UN jedoch zugesichert, dass vor den nationalen Gerichten keine Beweise akzeptiert werden würden, die unter Folter gewonnen wurden. 

Sierra Leone

Nachdem der Internationale Strafgerichtshof nun den Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant erlassen hat, könnten die beiden der Richterin Miatta Maria Samba aus Sierra Leone gegenüberstehen, wenn sie freiwillig vor dem Gerichtshof erscheinen würden oder wenn ein Staat sie ausliefern würde und die Anhörungen beginnen würden. Der Ablauf sieht vor, dass eine Anhörung nur beginnen kann, wenn die Verdächtigen, wie sie der ICC nach Erteilung des Haftbefehls offiziell nennt, vor dem Gericht erscheinen. 

Während die „Pre-Trial Judges“ dafür zuständig sind, Haftbefehle zu erstellen und Beweise für Verbrechen wie Völkermord, Zwangsdeportation oder Folter und Sklaverei zu sammeln, führen die sogenannten „Trial Judges“ die Anhörungen durch. Zum Zeitpunkt des Gerichtsprozesses wird nicht mehr von Verdächtigen, sondern von Beschuldigten gesprochen, da genug Beweise vorliegen, um eine Anklage zu erheben, so der ICC auf seiner Webseite. Die Verfahrensrichter entscheiden dann auch über das Urteil, wie 30 Jahre Gefängnisstrafe und Reparationszahlungen. 

Samba war Anfang der 2000er kurz nach ihrem Jurastudium an Prozessen beteiligt, die sich mit Kriegsverbrechen in dem Bürgerkrieg befassten, der gerade erst zu Ende gegangen war. Obgleich der Bürgerkrieg seit vielen Jahren vorbei ist, hat Sierra Leone noch immer Probleme mit Menschenrechtsverletzungen. So hieß es in einem Bericht der amerikanischen Regierung aus dem Jahr 2011, dass in dem afrikanischen Land die Situation in den Gefängnissen schlecht sei, dass Kinder Zwangsarbeit leisten müssen und dass die Pressefreiheit eingeschränkt sei. Noch vor zwei Jahren erschoss die Polizei bei Demonstrationen, die gewaltsam geworden waren und bei denen sechs Polizisten starben, dreißig Menschen. Die meisten der erschossenen Demonstranten waren laut einem Bericht der US-Regierung unbewaffnete Jugendliche. 

Uganda

Die Prozedur des Internationalen Gerichtshofs sieht vor, dass die Verteidigung der Angeklagten oder die Opfer Einspruch gegen das Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs Berufung einlegen können. Würden Netanjahu und Gallant verurteilt werden und dagegen Berufung einlegen, dann könnten sie vor der ugandischen Richterin Solomy Balungi Bossa stehen. Bossa studierte von 1976 bis 1979 Jura, während in Uganda die Diktatur von Idi Amin herrschte. Während der Diktatur wurden 300.000 Menschen ermordet. 

Von 1997 bis 2013 war sie als Richterin am dritthöchsten ugandischen Gericht tätig, dem High Court of Uganda. Die Richter werden vom Präsidenten nominiert und vom Parlament bestätigt. Seit 1986 ist Yoweri Kaguta Museveni durchgängig Präsident. Er wurde sechs Mal wiedergewählt. Ursprünglich sah die Verfassung vor, dass nur zwei Amtszeiten als Präsident möglich sind, jedoch wurde sie geändert. Ebenso wurde die Altersgrenze für Präsidenten aus der Verfassung gestrichen. 

Während Bossas Zeit als Richterin am High Court of Uganda beging der afrikanische Staat zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Oppositionelle wurden verfolgt, es gibt Berichte von Folter von Gefängnisinsassen, obwohl die Verfassung Folter verbietet. So hieß es in einem Bericht der US-Regierung, dass Polizisten 1998 in mehreren Fällen Menschen ohne Gerichtsurteil getötet hatten. Noch 2021 wurde Bobi Wine, der bei der Präsidentschaftswahl gegen den amtierenden Präsidenten antrat, nach der Wahl unter Hausarrest gestellt und sein Schwager wurde verschleppt. Anhänger von Wines Bewegung People Power wurden gefoltert und getötet.

Während Israel sich gegen Terroristen verteidigt, die die Juden und den jüdischen Staat vernichten wollen, sitzen Menschen über Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant zu Gericht, die in Diktaturen Jura studiert haben und die durch ihre Arbeit als Richter Unrechtsstaaten mitgetragen haben.

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