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Japan, Philippinen, USA rücken zusammen – langsam beginnt eine „neue Ära“ im Pazifik

Bei einem Gipfel in Washington suchen Japan, die Philippinen und Amerika den Schulterschluss gegen chinesische Aggressionen. Diese „neue Ära“ ist für den Pazifik von entscheidender Bedeutung.

Es ist der erste große US-Staatsbesuch für einen japanischen Premierminister seit fast einem Jahrzehnt: Fumio Kishida wurde in den vergangenen Tagen in Washington mit besonderen Ehren empfangen, inklusive Staatsbankett und Rede vor dem Kongress. Dort ging er ganz offen auf Sorgen der USA ein: „Die Welt braucht die Vereinigten Staaten, um weiterhin diese zentrale Rolle in den Angelegenheiten der Nationen zu spielen. Und doch, während wir uns heute hier treffen, spüre ich bei einigen Amerikanern eine Unterströmung von Selbstzweifeln darüber, welche Rolle Ihre Rolle in der Welt sein sollte.“

Das mag sich zunächst ähnlich anhören wie das, was man zuletzt auch aus Deutschland immer wieder hörte: Ein Verlangen, ein regelrechtes Einfordern, dass die USA überall weiterhin für Sicherheit sorgen solle. Aber so klang Kishidas Rede nicht, im Gegenteil: Er war dar, um deutlich zu machen, dass das traditionell pazifistische Japan – das dennoch übrigens militärisch weitaus stärker als Deutschland aufgestellt ist – nun noch mehr unternehmen wird.

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Man verstehe „die Erschöpfung, das Land zu sein, das die internationale Ordnung fast im Alleingang aufrechterhalten hat“, so Kishida. Er betonte, dass „von den USA nicht erwartet werden sollte, dass sie alles alleine und ohne Hilfe erledigen“.

Bei diesen Aussagen hatte er natürlich vor allem den gemeinsamen Gegner im Hinterkopf: das immer aggressivere China. „Chinas aktuelle Außenpolitik und seine militärischen Aktionen stellen eine beispiellose und größte strategische Herausforderung“ für „den Frieden und die Sicherheit Japans“, aber auch für „den Frieden und die Stabilität der internationalen Gemeinschaft insgesamt“, so Kishida vor dem Kongress.

Japans Premierminister Fumio Kishida vor dem US-Kongress

Er versprach seinen amerikanischen Partnern, dass man die Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben werde. Das kam bei Biden und Co. gut an, realistisch benötigt werden dennoch eher drei Prozent oder mehr, angesichts der direkten Bedrohung kleinerer, weit von den Hauptinseln entfernter japanischer Inseln im Pazifik. Gerade im Fall einer Taiwan-Invasion Chinas wäre es denkbar, dass Peking einige der Ryūkyū-Inseln östlich von Taiwan ins Visier nimmt.

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Bereits jetzt dringen chinesische Schiffe dort regelmäßig in japanische Hoheitsgewässer ein und Japan hat erst kürzlich auf zwei der Inseln neue Basen errichtet – in Ishigaki letztes Jahr und Yonaguni diesen März. Yonaguni ist der westlichste Punkt Japans – nur gut 100 Kilometer von Taiwan entfernt.

Schulterschluss mit den Philippinen

Der entscheidendste Part des US-Besuchs war stattdessen vor allem das Zusammenrücken mit anderen pazifischen US-Verbündeten: speziell den Philippinen. Mit dessen, betont China-kritischen, Präsidenten Marcos trafen sich jetzt Kishida und Biden in Washington und vereinbarten eine engere Zusammenarbeit. Ein bemerkenswertes Ereignis, das tatsächlich die „neue Ära“ für den Pazifik einläuten könnte, die Biden und Kishida beide versprachen.

Die Philippinen, ebenso ein US-Verbündeter, stehen aktuell speziell unter chinesischem Druck, weil Peking mit teils gewaltsamen Aktionen versucht, Atolle im südchinesischen Meer, weit weg vom chinesischen Festland, aber oft direkt vor philippinischen Inseln, unter seine Kontrolle zu bringen. Konfliktpunkt Nummer eins mit den Philippinen ist dabei das Second Thomas Shoal, auch bekannt als Ayungin Shoal – ein Riff, über das die Philippinen mit einem fest geankerten alten Kriegsschiff ihren Anspruch beibehalten wollen, während China versucht, Versorgungslieferungen und Mannschaftsrotationen dorthin zu stoppen und die Besatzung auszuhungern.

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Dazu nutzt Peking praktisch alle Methoden, die nicht direkten Beschuss mit scharfer Munition erfordern. So rammen die viel größeren Schiffe der chinesischen „Küstenwache“ die philippinischen Versorgungsschiffe oder beschießen sie mit Hochdruckwasserwerfern, die zum Teil ganze Decks an Bord verwüsten. „Jeder Angriff auf philippinische Flugzeuge, Schiffe oder Streitkräfte im Südchinesischen Meer würde unseren gegenseitigen Verteidigungsvertrag auslösen“, warnte US-Präsident Biden zuletzt angesichts der Eskalation, denn China scheint genau die Grenzen dieses Vertrags auszutesten.

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„Wir äußern unsere ernsthafte Besorgnis über das gefährliche und aggressive Verhalten der Volksrepublik China im südchinesischen Meer“, erklärten nun die drei Regierungschefs in Washington und verurteilten Chinas „gefährlichen und nötigenden Einsatz von Schiffen der Küstenwache und der Seemiliz im Südchinesischen Meer“. Dass Japan und die Philippinen jetzt enger zusammenarbeiten, ist vor allem deshalb eine entscheidende Entwicklung, weil die westlich orientierte Sicherheitsarchitektur bisher aus einem „hub and spokes“-Modell bestand (zu Deutsch „Nabe und Speichen“). Das hieß bisher: Die USA agierte als die Nabe („Hub“), die jeweils einzelne bilaterale Bündnisse mit anderen pazifischen Staaten, den „Speichen“ („Spokes“), hatte, ohne dass diese untereinander aber verbündet waren. Das hat vielerorts historische Gründe, etwa die japanischen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg.

Auf diese Art sind die USA mit Japan, Korea, den Philippinen, Australien, Neuseeland – und informell Taiwan – verbündet. Mit der „Quad“-Gruppe, einer informellen Sicherheitsallianz zwischen Indien, Australien, Japan und den USA, ging man 2017 bereits einen ersten Schritt hin zu einer engeren Zusammenarbeit gegen Chinas Hegemonialbestrebungen. Mit Japan und den Philippinen rücken nun zwei weitere US-Verbündete zusammen – ihr gemeinsames Ziel: Chinas Aggressionen entschieden abwehren. Dieser Aspekt macht den Gipfel in Washington zu einem historischen Ereignis.

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