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„Hashtag Intifada“: Die Party-Proteste der Israelhasser sind ekelerregend

Der Jahrestag des Hamas-Massakers am 7. Oktober treibt in diesen Tagen zahlreiche junge Israelhasser auf die Straßen. Ihren Protest inszenieren sie in den Sozialen Medien wie eine Art perverse Party. Das erinnert an „Clockwork Orange“.

Auf den Anti-Israel-Demos am Wochenende inszenierten sich zahlreiche Jugendliche in Party-Posen.

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Es ist Sonntagnachmittag und ich bin auf hundertachtzig. Seit einer halben Stunde versuchen mein Auto und ich, uns einen Weg durch die Kreuzberger Straßen zu bahnen. Eine Freundin, die nahe des Hermannplatzes wohnt, wartet schon mit Kaffee und Kuchen. Sie muss lange warten, denn das Gebiet zwischen Kottbusser Tor und Sonnenallee ist von zahlreichen Wannen verbarrikadiert. Schließlich parke ich ein paar Straßen entfernt und schreibe meiner Freundin, dass ich nun das letzte Stück laufen werde.

„Pass auf dich auf“, antwortet sie. Es ist der 6. Oktober. Und auf den Straßen Berlins feiern über 3.500 Menschen die brutale Ermordung von über 1.000 Israelis, die sich am Montag jährt. „Es begann lange vor dem 7. Oktober“, steht auf den an Stromkästen geklebten Plakaten, an denen ich mich nun vorbei winde. Der Demozug bleibt mir vorerst erspart, nur von Weitem höre ich das brodelnde Dröhnen der Demonstranten.

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Mein Kiefer verhärtet sich, mit schnellem Schritt mache ich mich auf zur Wohnung meiner Freundin. Dort angekommen, muss ich feststellen, dass die schönen Altbau-Fenster nicht dazu in der Lage sind, den immer schneller pulsierenden Lärm abzuschirmen. „Free, free Palestine“ höre ich zahlreiche Stimmen schreien. Und dann: „Stop the genocide“. Plötzlich schallen laute Knallgeräusche durch die Straße. „Das könnten auch Schüsse sein“, sagt meine Freundin. „Das glaube ich nicht“, entgegne ich ihr, „das klingt nicht maschinell – wohl eher Feuerwerk“. Frauengespräche beim Kaffeekränzchen in Berlin. 

Stunden vergehen, und irgendwann frage ich mich, ob ich wieder auf die Straße gehen kann, zurück zu meinem Auto, zurück nach Hause. Im Internet verkündet die Polizei, dass die Demonstration frühzeitig aufgelöst worden sei. Doch als ich ein paar Minuten später den Kottbusser Damm überquere, stehen dort immer noch zahlreiche Polizisten in konzentrierter Alarmbereitschaft. Die Demonstranten seien zurück zum Kottbusser Tor gelaufen, erklärt mir ein junger Beamter in Vollmontur. Es sei unklar, wann sie die Straßen wieder freigeben können.

Ich laufe weiter, sehe von Weitem die letzten Ausläufer des Demozuges mit verhüllten Personen, die Palästinenser-Flaggen und -Tücher in die Höhe recken. Dann wende ich meinen Blick wieder nach vorne – und verharre. In meinem Blickfeld haben sich in etwa zehn junge Leute versammelt, deren Körper mit Pali-Tüchern in verschiedenen Farben bedeckt sind. Sie sitzen zusammengedrängt auf den kleinen Sitzbänken eines einschlägigen Hipster-Cafés – einer der typischen Läden, in denen man einen Iced Matcha Latte auf Englisch bestellen muss und dann gefragt wird, ob man Kuh- oder Hafermilch möchte.

Die junge Gruppe ist nicht aggressiv, vielmehr wirkt sie aufgedreht, quirlig brabbelnd drapieren sie ihre Pali-Tücher immer wieder neu um ihre Köpfe – schließlich verstehe ich, dass sie Selfies machen. Als ich näher komme, höre ich, dass sie Englisch sprechen. „Man, it was crazy out there“, sagt einer der jungen Leute – ob er das einem seiner Begleiter oder doch der Handykamera erzählt, lässt sich aus meiner Perspektive schwer sagen.

Auf dem Weg zu meinem Auto komme ich an zahlreichen Leuten vorbei, die sich mit den Palästinenser-Tüchern bedeckt haben. Viele von ihnen sind sehr jung, auch junge Frauen mit Kopftüchern sind dabei, die sich sichtlich schick gemacht haben. Auch sie filmen sich ständig, sprechen in die Kamera – auf Deutsch, Englisch und Arabisch.

Zuhause angekommen, versinke ich auf X und Instagram. Schlagworte und Demodaten bringen mich schnell zu der Flut an Beiträgen, die von den Demoteilnehmern gepostet wurde. Neben klassischen Videoaufnahmen vom Demogeschehen, sehe ich immer wieder szenische Fotos und Videoaufnahmen, in denen sich Demoteilnehmer aufwändig selbst – und ganz offensichtlich vor allem für die Kamera – inszenieren.

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Da ist ein junger Mann mit Rock und einer Kippa in Palästinenser-Farben. „Free Palestine“, ruft er, während er von Polizisten abgeführt wird. In einem anderen Video berichtet er auf Englisch über die angebliche Polizeigewalt, die ihm widerfahren sei. Immer wieder begegnen mir kitschige Demofotos, die mit Sepia-Filtern belegt sind und eher an einen Poesiealbum-Eintrag erinnern als an die Dokumentation eines Israelhasser-Umzugs.

Schließlich bleibe ich an einem Foto hängen, das auf den ersten Blick aussieht wie ein klassisch inszeniertes Wohlfühl-Instagram-Bild, durch das die Plattform berühmt geworden ist. Es ist eine klischeehafte Fotografie eines Frühstückstisches, auf dem ein Laptop, eine Tasse Kaffee sowie ein Buch und ein Notizblock zu sehen sind. Das Bild wurde von einem Nutzer gepostet, der sich selbst auf seinem Profil mit „They/Them“-Pronomen vorstellt.

Unter dem Bild stehen kitschige Hashtags geschrieben, wie „weekendvibes“, „mindfulness“ und „selfcarehacks“ – so wie man sie wohl auf tausenden öden Instagram-Accounts junger Frauen findet, die sich auf der Social-Media-Plattform eine Pastellfarben-Kuscheldecken-Duftkerzen-Persönlichkeit zugelegt haben. Der feine Unterschied: Auf diesem liebevoll inszenierten Notizblock stehen, in mit Serifen verzierten Buchstaben, die Eckdaten der Palästinenser-Demo am 6. Oktober geschrieben. Daneben sind kleine Melonen gemalt – ein Emoji-Zeichen, das sich aufgrund der Farbähnlichkeit zur Palästinenser-Flagge zum Solidaritätssymbol der Bewegung entwickelt hat.

Ich lege das Handy zur Seite und schließe die Augen. Die Bilder rasen durch meinen Kopf, als hätten sie sich auf meiner Netzhaut eingebrannt. Das kleine Kind, das auf einen Stromkasten gestellt wurde, eine Palästinenser-Flagge schwenkt und mit seiner Kinderstimme „Free, free Palestine“ ruft. Der in Palästina-Farben gekleidete junge Mann, der auf einer Videoaufnahme laut und wütend „Intifada“ schreit, während er aggressiv auf eine Trommel einschlägt. Der Araber im Gebetsgewand, mit einem langen Eisengegenstand in der Hand, der mir während meines Gespräches mit dem Polizisten aggressiv zuschrie, ich solle doch ein Taxi nehmen und mir unangenehm nahekommt.

Und dann die Erinnerungen an den Morgen vor einem Jahr, als ich über Stunden nicht aufhören konnte, mir die Videos der Hamas anzusehen, in denen junge Frauen in meinem Alter brutal hingerichtet und misshandelt wurden. In denen zahlreiche Hamas-Terroristen fröhlich grinsend ermordete Israelis auf Transportern herumfuhren, die Körper der Leichen packten wie geschlachtetes Vieh. Diese Bilder werde ich wohl nie vergessen.

An Tagen wie diesen schmerzt es besonders, zu sehen, dass selbst das ausführlich mit Videomaterial dokumentierte Massaker der Hamas vom 7. Oktober nicht die dummdreiste Ignoranz der selbsternannten „Israelkritiker“ des Westens ins Wanken bringen konnte. Es ist das eine, dass wir Tausende, vielleicht Millionen Menschen ins Land gelassen haben, die den Israelhass, seit sie ein kleines Kind waren, aufgesogen und das Streben nach der Vernichtung Israels zu einem Teil ihrer Identität gemacht haben.

Doch was mir an diesen Tagen mindestens ebenso ekelerregend entgegen klafft, sind die Menschen, die in Frieden in westlichen Demokratien aufgewachsen sind, Schulen und Universitäten besucht haben und jetzt die Rufe nach einer Vernichtung Israels wie eine große Hochglanz-Party inszenieren, an der in den Sozialen Medien jeder teilnehmen darf.

Der britische Schriftsteller Anthony Burgess hat in seinem Roman „Clockwork Orange“ (deutsch: „Uhrwerk Orange“) einmal das dystopische Bild einer Jugend gezeichnet, die sich in quirliger Manier an Gewalt ergötzt und dabei keinerlei innere moralische Instanz mehr zu haben scheint. Auch wenn es in diesem Ausmaß immer noch eine überzogene Dystopie bleibt, frage ich mich doch, was das für junge Menschen sind, die zwischen Instagram-Filtern und Live-Sessions die Vernichtung der israelischen Bevölkerung fordern – Hashtag „Intifada bis zum Sieg“.

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