Drogengewalt
Gewaltexplosion in Ecuador: Wird das Land zum Narco-Staat?
Bis vor wenigen Jahren galt Ecuador als eines der sichersten Länder Südamerikas. Doch der Kokainhandel und politische Fehlentscheidungen führten zu einer Welle der Gewalt. Ecuador befindet sich nun im Würgegriff der Drogenkriminalität.

Wie abgelegter Müll liegen die Leichen am vergangenen Montagmorgen entlang einer Nebenstraße in der Kleinstadt Buena Fe. Vier Frauen und vier Männer, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, die Köpfe mit schwarzen Plastiktüten überzogen, an den Körpern unzählige Folterspuren. Sie sind Teil einer Familie, die am Tag zuvor entführt worden war. Vier weitere Familienmitglieder, darunter drei minderjährige Mädchen, werden vermisst. Ob sie noch leben, weiß niemand. Am gleichen Tag eröffnen Bewaffnete das Feuer auf die Zuschauer eines Fußballspiels in der Hafenstadt Guayaquil, dabei sterben sechs Menschen.
Nachrichten wie diese sind in Ecuador in den letzten Jahren zu einer traurigen Routine geworden. Das Land erlebt eine beispiellose Welle der Gewalt. Täglich kommt es zu dutzenden brutalen Morden. Kriminelle Banden machen Jagd auf Polizisten, Journalisten, Richter und auch jeden, der ihnen sonst im Weg steht. Immer wieder explodieren auch Autobomben an öffentlichen Plätzen, das Land erlebt eine regelrechte Terrorkampagne durch Drogenkartelle und mit ihnen verbündete Banden.
Das war nicht immer so. Bis 2020 war die Anzahl der Tötungsdelikte in Ecuador relativ konstant, sie lag bei etwa 1000 pro Jahr. Für südamerikanische Verhältnisse war Ecuador damit ein sicheres Land, viele Touristen besuchten den Andenstaat. Auch die Wirtschaft wuchs konstant. Doch seit 2020 hat sich die Rate der Tötungsdelikte beinahe verzehnfacht, für 2025 werden mehr als 9000 Tötungsdelikte prognostiziert. Damit ist Ecuador heute eines der gefährlichsten Länder der Region.

Wie konnte es so weit kommen? Ecuador ist schon seit geraumer Zeit ein Transitland für Kokain, denn es grenzt im Norden an Kolumbien und im Süden an Peru, die beiden größten Kokainproduzenten der Welt. Ecuador selbst ist hingegen der größte Bananenexporteur der Welt. Die Millionen von Bananenkisten, die das Land monatlich auf dem Seeweg verlassen, bieten ein ideales Versteck für die Droge. Doch erst in den letzten Jahren explodierte die Gewalt.
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Der Grund für die Gewalteskalation liegt in politischen Fehlentscheidungen der Vergangenheit. Ein Hauptschuldiger ist der ehemalige Präsident des Landes, Rafael Correa. Der sozialistische Politiker und Freund des venezolanischen Diktators Nicolás Maduro hatte nicht nur die freien Medien bekämpft, sondern auch die Bekämpfung der Drogenkriminalität in Kooperation mit den USA beendet. Diese hatten Ecuador jahrzehntelang in der Bekämpfung der Drogenkriminalität unterstützt und die Drogenkartelle dazu gezwungen, verdeckt und unauffällig zu agieren.
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Gleichzeitig wurden während Correas Amtszeit die ecuadorianischen Sicherheitsbehörden vernachlässigt, Investitionen gab es kaum. Die linke Politik Correas war somit ein echter Glücksfall für die Drogenbanden, die sich in den folgenden Jahren ungestört in Ecuador ausbreiten und zunehmend offen agieren konnten.
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Ein zweiter Faktor, der zumindest indirekt zur Eskalation der Gewalt beitrug, war 2016 die Entwaffnung der kommunistischen Terrororganisation FARC im Nachbarland Kolumbien durch ein Friedensabkommen mit der kolumbianischen Regierung. Die FARC hatte sich maßgeblich durch den Drogenanbau und Drogenhandel finanziert und dabei mit verschiedenen Drogenkartellen zusammengearbeitet. Nach dem Friedensabkommen entstand ein Machtvakuum im Kokainhandel.
Mexikanische Drogenkartelle und kriminelle Banden aus der Region nutzten dieses Machtvakuum, um sich die lukrativen Drogenrouten zu sichern, die bisher von der FARC kontrolliert worden waren. Als Basis für diese Expansion benutzte man dazu oft Ecuador, in dem man sich während der Regierungszeit von Rafael Correa ungestört hatte einnisten können. Nachdem in der Periode 2017-2020 das von der FARC hinterlassene Machtvakuum ausgefüllt wurde, begannen in den darauffolgenden Jahren die Verteilungskämpfe untereinander.
Zudem nutzten die Banden ihre neue Macht, um in andere Geschäftsfelder zu expandieren. So erpressen sie Schutzgelder, zwingen Frauen und Mädchen in die Prostitution, entführen Menschen und fordern Lösegeld oder versuchen gewaltsam, Firmen in legalen Geschäftsfeldern zu übernehmen. Auch Treibstoffdiebstahl und illegaler Bergbau gehört zu ihren Einnahmequellen. All das geschieht mit äußerster Brutalität, die gezielt genutzt wird, um die ecuadorianische Bevölkerung, die Polizei und rivalisierende Gruppen einzuschüchtern.
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So werden Opfer nicht nur getötet, sondern oft stundenlang bestialisch gefoltert. Die Videos dieser Gräueltaten stellen die Banden in die sozialen Medien oder schicken sie gezielt an Angehörige der Opfer. Insbesondere Polizisten und Mitarbeiter der Justiz werden permanent bedroht, um sie gefügig zu machen. Die ecuadorianische Polizei gilt deshalb als korrupt, auch in ecuadorianischen Gefängnissen haben kriminelle Banden das Sagen.
Trotz alldem regt sich Widerstand. Der neue Präsident Ecuadors, Daniel Noboa, der im Oktober 2023 in vorgezogenen Wahlen gewählt und im Februar 2025 wiedergewählt wurde, hat der Kriminalität den Kampf angesagt. Seit Anfang 2025 arbeitet Ecuador dazu wieder mit der DEA zusammen, die USA haben zudem mehr als 20 Millionen Dollar an Unterstützungszahlungen für die Bekämpfung der Kriminalität zugesagt. Auch die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Militär wurde durch Noboa wieder aufgenommen.
Zudem rief Noboa mehrfach den nationalen Notstand aus, um das Militär, das vergleichsweise wenig korrupt und gut bewaffnet ist, gegen die Drogenkartelle einzusetzen. Auch lässt er zwei neue Hochsicherheitsgefängnisse in einer abgelegenen Region des Landes bauen. Inspiration bezieht er dabei offensichtlich von Nayib Bukele, dem Präsidenten von El Salvador. Bukele gelang es, durch hartes Durchgreifen und die massenhafte Inhaftierung von Kriminellen, die Gewaltspirale in seinem Land zu beenden.
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El Salvador, lange eines der gefährlichsten Länder der Welt, ist nun, nach Kanada, das Land mit der zweitgeringsten Rate an Tötungsdelikten auf dem amerikanischen Kontinent. Bukele wurde dadurch für viele Menschen in Südamerika zum Hoffnungsträger, denn der gesamte Kontinent leidet unter dem Terror der organisierten Kriminalität. Zudem strafte Bukeles Erfolg die Erzählung vieler linker Ideologen Lügen, nach denen ein hartes Durchgreifen niemals zu weniger Gewalt führen könne, sondern nur Resozialisierung und milde Strafen.
Auch in Ecuador richtete die milde Ausrichtung der Strafjustiz großen Schaden an, denn geringe Gefängnisstrafen sorgten dafür, dass Kriminelle nie lange hinter Gittern saßen. Somit war es kaum möglich, kriminelle Netzwerke nachhaltig zu zerschlagen. Schwerkriminelle, die schon nach wenigen Jahren Haft wieder freikamen, nutzten ihre neue Freiheit nicht selten, um an den Menschen, die sie angezeigt hatten, oder den Polizisten, die gegen sie ermittelt hatten, Rache zu nehmen.
Auch an dieser Stelle will Noboa ansetzen. Doch institutionelle Reformen und Verschärfungen des Strafsystems sind bislang weitgehend ausgeblieben. Stattdessen wird momentan in erster Linie auf Noterlasse und das Militär gesetzt, um die Krise in den Griff zu bekommen. Insbesondere hat die Regierung in Zusammenarbeit mit den USA begonnen, systematisch die Anführer krimineller Organisationen ins Visier zu nehmen. So wurde im Juli der Kartellboss „Fito“, bürgerlich José Adolfo Macías, an die USA ausgeliefert, wo ihm eine langjährige Haftstrafe bevorsteht. Er war der wohl bekannteste Kriminelle Ecuadors.
Der Erfolg dieser Maßnahmen ist bislang schwer abzuschätzen, denn nachdem die Zahl der Tötungsdelikte 2024 leicht zurückging, wird 2025 wohl das tödlichste Jahr der ecuadorianischen Geschichte werden. Doch möglicherweise könnte der Gewaltrekord auch ein Zeichen dafür sein, dass die kriminellen Banden unter Druck geraten. Innerhalb der organisierten Verbrecherbanden kommt es wohl zunehmend zu Zerfallserscheinungen und internen Machtkämpfen, die zwar viele Opfer fordern, aber diese Organisationen auch schwächen.
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Es bleibt abzuwarten, ob sich die Politik von Präsident Noboa langfristig auszahlen wird. Zu wünschen wäre es, denn die ecuadorianische Bevölkerung leidet enorm unter der Kriminalität. Auch die Wirtschaft stagniert aufgrund der Krisenlage, 2024 sank das Bruttosozialprodukt um zwei Prozentpunkte. Mehr als 200.000 Ecuadorianer haben im letzten Jahr das Land verlassen, um der Gewalt der Banden zu entkommen.
Nayib Bukele hat die passende Antwort.
Im Endeffekt ist es der Konsument…Kokain suggeriert vielen sie seien ein Star…siehe Bürgermeister in München…böses Zeug…👎
In Kolumbien/Medellín werden immer noch Pablo Escobar-Touren angeboten.
Touristen finden das spannend und reisen dann wieder zurück in die sichere Heimat..
Nun, in Venezuela wird den Kartellen allmählich der Boden zu heiß, möchte ich annehmen …
Die Grenze zu den USA ist dicht. Das setzt die Kartelle unter Druck, und der Kampf um den Turf wird immer unbarmherziger geführt.
Daniel Noboa macht eine ziemlich gute Politik. Man muss ihm aber wie Milej oder Bukele die Zeit geben, um mit den Missständen von Jahrzehnten aufzuräumen.
Wir waren im Sommer mit einem Mietwagen in Ecuador unterwegs und man fühlte sich nirgends unsicher. Keine Unruhen, von denen immer wieder die Rede war. Man sah nur regelmäßig paramilitärische Einheiten, die den Verkehr kontrollierten, sich für Touristen aber in keiner Weise interessierten.
„Der sozialistische Politiker…“. Och, nein, doch.
Der sozialistische Präsident Rafael Correa war bis 2017 Präsident und die Armut in Ecuador sank um 38%, die extreme Armut sogar um 47%. Das Land war politisch stabil und sozial erfolgreich. Dann kam sein Nachfolger Lenin (!!!) Moreno und vollführt eine rechte und neoliberale Kehrtwende, die auch den Anstieg der Kriminalität und des Drogenhandels zur Folge hatte und Moreno ließ seinen Amtsvorgänger rechtlich verfolgen. Hätte man sich darüber informieren können, wollte aber wohl keiner hier…
Zeigt mal wieder eindrucksvoll, da wo Linke herrschen, regiert das Chaos. Das ist ein Naturgesetz!