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Energieintensive Produktion

Fratzscher feiert Industrie-Abwanderung: „notwendiger Prozess“

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher äußert sich in einem Interview zu der wirtschaftlichen Situation in diesem Land. Für ihn ist die Abwanderung energieintensiver Betriebe ein „notwendiger Prozess“.

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Für die energieintensive Industrie sind die hohen Energiekosten in Deutschland zu einem gigantischen Problem geworden. Insbesondere die Stahl- und Chemiebranche verlagert immer häufiger ihre Werke in Länder mit niedrigeren Energiekosten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung stellt dies jedoch kein Problem dar. Im Gegenteil: Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagt er, dass dies „nicht schlimm, sondern gut“ sei. Er begründet dies damit, dass es Unternehmen „ermöglicht, ihre Innovationsfähigkeit und ihre guten Arbeitskräfte in Deutschland zu erhalten und so wettbewerbsfähig zu bleiben“.

Auf die Frage, ob diese Entwicklung nicht gefährlich sei, verweist Fratzscher darauf, dass Deindustrialisierung immer stattfindet und verweist auf die Textilindustrie und die Elektronikfirmen, die Deutschland in den 70er- beziehungsweise 80er-Jahren verlassen haben. Die einzige Bedrohung sieht Fratzscher darin, wenn Deutschland „die entscheidenden Zukunftstechnologien komplett an die USA und China“ verliert. Diese Gefahr schätzt Fratzscher sogar größer ein als „die Abwanderung einer Chemie- oder Fahrzeugfabrik“.

Für die deutsche Automobilindustrie sind aktuelle europäische Vorgaben eine große Last, da diese sie zwingen, vom lukrativen Verbrenner Abstand zu nehmen. Doch laut Fratzscher hätten auch Lockerungen bei den CO2-Flottengrenzwerten oder eine Rücknahme des Verbrennerverkaufsverbots ab 2035 negative Folgen für Deutschland. „Der ein oder andere Unternehmenslenker würde der Versuchung erliegen, weitermachen wie bisher, mit dem Verbrennungsmotor nochmal ordentlich abzusahnen, aber den Umstieg verschleppen“, so die Befürchtung von Fratzscher.

Fratzscher ist Professor für Ökonomie und arbeitete bei der Europäischen Zentralbank, bevor er Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung wurde. Fratzscher und sein staatlich finanziertes Institut gelten als SPD-nah. 

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