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Israel

Ein Polizist gab sein Leben, um vier Menschen nach Hause zu bringen

Nachdem kaum noch jemand an ihre Rettung geglaubt hatte, konnten vier israelische Geiseln aus den Fängen der Hamas befreit werden. Dank einer Sondermission, bei der ein Polizist sein Leben gab, sind Noa Argami, Almog Meir, Andrey Kozlov und Shlomi Ziv wieder bei ihren Liebsten.

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Nach langer Zeit nach Hause zurückzukehren, hat einen ganz besonderen Geruch. Sehr bald schon nimmt man ihn nicht mehr wahr, aber für diesen kurzen Moment riecht man es. Sicherheit, Geborgenheit, man weiß, wo alles steht und kein Hotelbett ist so perfekt eingelegen, wie das eigene. 

Wenn wir nach einer langen Zeit nach Hause kehren, dann meistens aus einem Urlaub, vielleicht von einer Geschäftsreise oder früher von einer Klassenfahrt. In Israel sind an diesem Samstag vier Menschen nach Hause zurückgekehrt, die ihr Haus nicht freiwillig verlassen haben. 

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Am 7. Oktober sind sie von Terroristen entführt worden. Mehr als ein halbes Jahr sind sie in den Gazastreifen verschleppt gewesen, in ständiger Dunkelheit, ständiger Angst, gezwungen darauf zu vertrauen, dass das Essen, das man einem vorsetzte, nicht vergiftet war. 

In einer Sondermission gelang es den israelischen Streitkräften, sie lebend zu befreien und nach Israel zurückzubringen. Nach Hause.

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Noa Argamani, 25 

Die berühmteste unter den vier befreiten Geiseln ist die 25-jährige Noa Argamani. Berühmt deshalb, weil das Video von ihrer Entführung um die Welt ging. Darin wird sie von zwei Hamas-Terroristen auf ein Motorrad gezwungen. Man hört Noas angsterfüllte Schreie, während sie flehend ihre Hand nach Hilfe ausstreckt. 

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Mit Noas Heimkehr, ist der letzte Wunsch ihrer schwerkranken Mutter in Erfüllung gegangen. Sie hat einen Gehirntumor im Endstadium. Bevor sie stirbt, wollte sie ihre Tochter ein letztes Mal wieder sehen und in Sicherheit wissen. 

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Noa wird Schwierigkeiten haben, ihre Mutter wiederzuerkennen. Der Krebs hat sie sehr verändert, ihr Gesicht ist geschwollen, sie kann ein Auge nicht mehr öffnen, sie spricht viel undeutlicher als im Oktober. Noa hat die Monate verpasst, in denen ihre Mutter noch sie selbst war, so aussah, wie sie immer aussah. 

Noa gehört zu den wenigen Opfern des 7. Oktobers, die lebend aus den Fängen der Hamas entkommen konnten. Ihre Geschichte endet nicht in einem Holzsarg mit drapierter Israelflagge, so wie das von Shani Louk, deren Leiche vor kurzem aus den Tunneln in Gaza geborgen wurde. Sie kann heimkehren, ausgerechnet am Geburtstag ihres Vaters. Doch ist es wirklich ein glückliches Ende? 

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Sie wird ihre Mutter beim Sterben begleiten dürfen, sie noch ein letztes Mal in den Armen halten. Doch die Zeit, die die beiden verloren haben, ganze neun Monate, wird sie nie wieder zurückbekommen. Damit wird sie leben müssen. Genauso wie mit den schrecklichen Dingen, die sie in Gefangenschaft erleben musste. Dass sie an diesem 7. Oktober auf einem Festival war, statt bei ihrer Mutter zu Hause, wird sie sich vielleicht nie mehr verzeihen können. 

Almog Meir, 21 Jahre 

Auch der 21-jährige Almog Meir ist der Welt bereits bekannt. Die Hamas veröffentlichte ein Video von ihm gemeinsam mit fünf weiteren jungen Männern kurz nach der Entführung. Sie alle sind gefesselt in einen dunklen Raum gesperrt. Nur wenn die Kamera auf sie gerichtet ist, werden sie mit Licht angestrahlt. Almog schaut verängstigt auf etwas hinter der Kamera und hält sein Hände schützend vor sein Gesicht. 

Auch Almog ist vom Nova Festival entführt worden. Frühmorgens rief er seine Mutter an: „Mama, sie haben das Festival geschlossen. Überall sind Raketen und Schüsse zu hören. Ich verstecke mich. Ich werde dich alle halbe Stunde anrufen. Mama, ich liebe dich“. Das war der letzte Anruf, den sie von ihm erhielten. 

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Almog war gemeinsam mit seinem besten Freund Tomer auf dem Festival gewesen. Sie versuchten beide mit einem Auto vom Ort des Festivals zu fliehen, doch dann wurden sie beschossen. Tomer rief seine Eltern an, um ihnen zu sagen, dass sie aus dem Auto aussteigen und zu Fuß fliehen würden. Dann wurde Tomer ermordet. Seine Leiche wurde so stark verbrannt, dass die Gerichtsmedizin zwei Wochen brauchte, um ihn zu identifizieren. 

Seine Angehörigen hatten die Hoffnung, dass Almog noch leben könnte, schon fast aufgegeben, als das Geiselvideo von ihm auftauchte. Seine Mutter klammerte sich seither an die Hoffnung, dass er vielleicht doch zurückkehren könnte. Doch sie war über Monate krank vor Sorge um ihn. 

Sie konnte nicht mehr arbeiten, nicht mal mehr Autofahren. Nachts nahm sie Schlaftabletten, um die Augen schließen zu können. Jede Woche besuchten sie die Freunde von Almog bei ihr zu Hause. Dann trösteten sie sich gegenseitig, reichten Fotos herum und teilten Erinnerungen. Nächste Woche werden sie nicht mehr über ihn reden müssen, sondern mit ihm. 

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Andrey Kozlov, 27 Jahre 

Andrey Kozlov stammt aus St. Petersburg, ist erst anderthalb Jahre vor seiner Entführung nach Israel ausgewandert. Er war als Sicherheitsmann auf dem Nova-Festival. Vielleicht hatte er mit Randale unter betrunkenen Jugendlichen gerechnet, doch auf einen Terroranschlag war er nicht vorbereitet gewesen. 

Eigentlich ist er ausgebildeter Grafikdesigner, war Souchef in einem Restaurant in Tel Aviv. Die Arbeit beim Sicherheitsdienst war eher eine willkommene Nebeneinkunft für ihn. Für die Schicht beim Nova-Festival war er kurzfristig eingesprungen. 

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„Andrey ist Surfer, er liebt das Meer und das Gefühl der Freiheit“, erzählte seine Freundin Jennifer der Presse. Die beiden sind erst seit wenigen Monaten ein Paar. Sie kämpfte seit seiner Entführung für seine Befreiung.

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Im März reiste auch seine Mutter nach Israel, um sich für ihren Sohn einzusetzen. Sie kann kein Hebräisch und schlägt sich mit Google Translate und Google Maps in dem fremden Land durch. 

Auf den Bildern, die Andreys Angehörige an die Presse gaben, im Internet und auf den Straßen verbreiteten, hat Andrey dunkles langes Haar, das er sich manchmal zusammenband. In Gefangenschaft hat man seinen Kopf kahl geschoren, so wie die anderen Geiseln.

Shlomi Ziv, 40 Jahre 

Shlomi Ziv lernte seine Frau Miran vor 17 Jahren kennen. Sie hatten sich sehnlich ein Kind gewünscht, doch nach einer sieben Jahren langen Behandlungen und einer schweren Fehlgeburt mussten sie diesen Wunsch schließlich aufgeben. 

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Am Tag des Anschlags durch die Hamas war er Teil des Sicherheitspersonals auf dem Nova-Festival. Nach dem Angriff glaubte seine Familie ihn zunächst in Sicherheit, er hatte mit einer seiner Schwestern, Ali, telefoniert, und sehr ruhig geklungen, als er ihr erzählte, er würde gemeinsam mit Kollegen in einem Auto fliehen. 

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Doch dann wurden sie aufgehalten. Er rief seine Frau Miran an und erklärte ihr, dass er fliehen müsste. In seinem letzten Telefonat rief er seine Schwester Rivital an. Es dauerte nur acht Sekunden. Er klang außer Atem. „Ich rufe dich zurück“, doch das tat er nie. 

Zwei seiner Kollegen wurden tot aufgefunden. Es dauerte Wochen, bis die israelischen Behörden seine Angehörigen anriefen, um ihnen mitzuteilen, dass er tatsächlich noch lebte und als Geisel gefangen gehalten wurde. 

Seine kleine Schwester Adi hat in der Zwischenzeit ein Lebensmittel-Biotechnik Studium in Haifa begonnen. Sie konnte sich oft nicht konzentrieren, muss ständig an ihren Bruder denken. „Aber er wird wütend sein, wenn ich seinetwegen nicht fertig werde.“ 

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Die Mission ist in einer Kooperation der IDF, dem israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Ben und einer Spezialeinheit der israelischen Polizei ausgeführt worden. Hunderte Soldaten waren nach Informationen des israelischen Armeesprechers an der Rückhol-Mission beteiligt. Agenten sollen inkognito in Gaza im Einsatz gewesen sein, um den Aufenthaltsort der Geiseln in Erfahrung zu bringen. Gefunden wurden sie in einem belebten Viertel in Nuseirat mitten in Gaza, versteckt unter Zivilisten. Noa wurde alleine bei einer palästinensischen Familie gefangen gehalten. Die drei Männer zusammen bei einer anderen Familie.

Es kam zu Schusswechseln, bei dem nach Informationen einer Hamas-Behörde 50 Palästinenser gestorben sein sollen – ohne Angaben, wie viele von ihnen Terroristen waren. Ein israelischer Polizist ist bei der Mission schwer verwundet worden – Chefinspektor Arnon Zamora starb nur kurze Zeit später in einem israelischen Krankenhaus. Er musste die Freiheit der vier Geiseln mit seinem Leben bezahlen. Der 37-Jährige hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

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