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„Ein Land. Eine Partei.“ – Die SPD zwischen Allmacht und Untergang

„Ein Land. Eine Partei. Eine SPD“ gibt man in der Partei als Slogan aus. Ungeschick oder Allmachtsphantasien? Die SPD macht es einem jedenfalls schwer, keine unpassenden Vergleiche zu ziehen.

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In „Der Untergang“ werden die letzten Tage des Deutschen Reiches inszeniert: Berlin ist ein Schlachtfeld und liegt in Trümmern, während Eva Braun in der Reichskanzlei Swing-Partys feiert. Im Bunker plant Hitler, dargestellt von Bruno Ganz, derweil noch große Gegenschläge, um die Rote Armee zu zerschlagen. „Mit dem Angriff Steiners wird das alles in Ordnung kommen.“ Und „wenn ich die Sache hier erledigt habe, müssen wir schauen, dass wir die Ölgebiete wiederbekommen“, sagt Hitler. 

Der Film fasziniert, weil er die Absurditäten der abgehobenen Parteispitzen im zusammenbrechenden Deutschland hervorragend darstellt. Die Russen stehen wenige Kilometer vor der Reichskanzlei, da ernennt Hitler noch den fanatischen Nazi Ritter von Greim zum neuen Oberbefehlshaber der Luftwaffe, nachdem Göring in einer letzten, sinnlosen Parteiintrige von Goebbels und Bormann entmachtet wurde. Was man sieht, ist alles so skurril – doch es basiert auf den wahren Angaben über die letzten Tage im „Führerbunker“.  

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Jetzt wäre es unangemessen, die Führung der SPD mit der Führung des zusammenbrechenden deutschen Reiches zu vergleichen – infam gar, sagen Sie? Das habe ich auch gedacht. Immerhin leisteten Sozialdemokraten wie Otto Wels aufrechten Widerstand gegen die Nazis, viele Sozialdemokraten landeten als allererste in den KZ. Weswegen überhaupt keine Rede davon sein kann, dass irgendeine inhaltliche Vergleichbarkeit zwischen den Nazis der letzten Stunde und den Parteichefs der SPD bestehen könnte. Es sei also hiermit festgehalten: Ich möchte die politische Führung der SPD ausdrücklich nicht mit Hitler und seinen Getreuen gleichsetzen. 

Aber die SPD hat es mir zuletzt wirklich außerordentlich schwer gemacht, keinen Vergleich dieser Art zu machen. Und wenn jetzt etwa Genossin Katja Mast aus dem Bundestag Lindner wüst als einen Landesverräter beschimpft (er habe „das Land verraten“), komme ich nicht umher, gewisse rhetorische Parallelen festzustellen. Einzelfall? Vielleicht weit hergeholt? Hätte ich auch gesagt. Wenn ich nicht am gleichen Tag noch interne Dokumente der SPD-Wahlkampfvorbereitung durchgegangen wäre, in denen dann Ansagen wie „Ein Land. Eine Partei. Eine SPD“ ausgegeben werden. Und dann auch noch ein internes Schreiben von Olaf Scholz an seine Genossen, in dem er doch tatsächlich schreibt: „Nicht klagen, sondern kämpfen!“ 

Das ähnelt leider sehr einem Nazi-Propagandaspruch, der da lautet: „Klagt nicht, kämpft!“ Und das sind dann leider ein paar Einzelfälle zu viel für meine Zurückhaltung.  Und so, denke ich, kann ich dann doch schreiben, was mir seit Wochen durch den Kopf geht –  weil mich die weltfremden Ansagen, Verhaltensweisen und Siegessicherheiten eines entrückten Kanzlers und seiner getreuen Parteiführung immer und immer wieder an die Dynamiken erinnern, die in „Der Untergang“ dargestellt werden. Von Menschen an der Macht, um die herum alles zusammenbricht – wovon sie selbst nichts mitzukriegen scheinen.  Entrückte Politiker in Parallelwelten, die leere Parolen ausgeben, denen kaum noch einer Glauben schenken will.  Und wenn man dann noch im Duktus von Dreierparolen mit „ein“ über Deutschland und die Partei oder mit Tiraden über Landesverrat unterwegs ist, sind mir beim Schreiben dieser Zeilen wirklich die Hände gebunden, liebe SPD. Schicken Sie mir eine Hausdurchsuchung für diese Verächtlichmachung vorbei, tun Sie, was Sie wollen. 

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Wenn Sie glauben, dass ich deshalb Berlin verlasse, irren Sie sich gewaltig! Ich habe einen Bademantel und morgens um sechs Kaffee aufgesetzt und bin bereit. Denn ich bin schlicht und ergreifend der Meinung, dass mich diese entrückte Truppe immer mehr an die letzten Tage im Führerbunker erinnert. Und das wird man ja wohl noch schreiben dürfen. 

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