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Die „Tradwives“ bringen deutsche Journalisten zur Kernschmelze – das Beschützer-Gen im modernen Feministen

Süß und bitter, wach und benebelt - diese neue wöchentliche Kolumne von Elisa David ist ein Espresso Martini in Times New Roman. Denn wer will seinen Sonntag schon mit einem einfachen Espresso starten - oder schlechter Lektüre?

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Vom ZDF über sämtliche Formate und Sender des ÖRR bis hin zu Spiegel und Co. ist man in heller Panik. Die Medienlandschaft rauf und runter wird vor einem Social-Media-Phänomen gewarnt: Der „Tradwife“. Der Begriff setzt sich aus den englischen Begriffen „traditional“ und „wife“ zusammen – bedeutet also einfach nur „traditionelle Ehefrau“. 

Unter dem Hashtag „Tradwife“ posten junge Frauen Beiträge darüber, wie sie für ihren Mann oder ihre Familie kochen. Die Rezepte sind oft aufwendig, nicht selten sieht man die „Tradwives“ dabei, wie sie Mehl von Hand mahlen, Butter aus Sahne schlagen oder sogar Mozzarella selbst kultivieren. Die Hausfrauen sehen dabei nicht aus, wie Sie oder zumindest ich beim Kochen aussehen. Sie haben gestyltes Haar, tragen aufwendige Kleidung und sind geschminkt. 

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Ich, als große Social-Media-Kennerin, würde die Tradwives eigentlich nicht als großes Internet-Phänomen beschreiben. Ja, der Trend ist schon beliebt, hat seine eigenen Star-Hausfrauen hervorgebracht und jeder, der sich auf den entsprechenden sozialen Netzwerken rumtreibt, hat schon mal ein Video gesehen. Doch wenn Sie einfach mal „tradwives“ bei Google eingeben, sehen Sie nicht als erstes die Instagram-Accounts der Königinnen der Tradwives. Nein, Sie sehen eine Chronik der blanken Angstzustände, die der Trend bei den Journalisten unseres Landes ausgelöst hat, obwohl die meisten Tradwives gar nicht deutschsprachig sind. 

Hier einfach mal die erste Seite, die Google mir ausgespuckt hat: Das Klatschblatt Stylebook schreibt: „Tradwives sind laut neuer Studie unglücklicher“, in der ARD Mediathek kann man sich die Morgenmagazin-Reportage „Tradwives: Zurück in die 50er“ anschauen, außerdem in der ARD Mediathek die Reportage vom Hessischen Rundfunk „Tradwives – Hausfrauen-Revival auf Instagram?“, auch in der ARD Mediathek zu finden vom Hessischen Rundfunk-Format Die Ratgeber die Reportage „Tradwives und Stay-at-home Girls“, dann kommt vom Bayrischen Rundfunk „Tradwives: Wie problematisch ist der Hausfrauen-Trend?“, dann kommt von der Tagesschau: „Traditionelles Frauenbild bei TikTok: Zurück in die 1950er“, dann kommt der Beitrag irgendeines Mütter-Ratgebers, dann die Berliner Morgenpost mit: „‚Tradwife als Ziel? Darum ist der Trend so gefährlich“, das Deutsche Institut für Sozialwirtschaft kommt mit dem Blog-Beitrag „‚Tradwives‘: Ein besorgniserregendes Symptom der Gegenwart“ um die Ecke, dann kommt das ZDF schon wieder mit „Tradwife: Warum der TikTok-Trend gefährlich ist“, die Seite 1 wird durch den National Geographic-Artikel „Problematischer Tradwives-Trend: Darum zelebriert das Netz alte Rollenbilder“ abgeschlossen.

In vielerlei Hinsicht sind wir Frauen offenbar fast so intelligent wie Menschen – aber eben nur fast

Nicht die Tradwives sind das Internet-Phänomen. Sie sind vielleicht ein Trend, aber das ist Pilates und Iced Matcha Latte auch. Das wahre Internet-Phänomen ist die Tradwife-Kritik. Falls Sie übrigens glauben, dass in dieser Auflistung wenigstens dann auch alle Beiträge von Formaten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks enthalten sind – nein. Sie zahlen Ihre 18,36 Euro Rundfunkbeitrag pro Monat, damit zig Sender zig unterschiedliche Beiträge mit eigenem Recherche- und Produktionsaufwand zum gleichen Thema, mit der gleichen These kreieren können. Bollwerk der Demokratie und so. 

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Da habe ich zum Beispiel noch, ebenfalls vom ZDF, das Werk „Zurück an den Herd – Warum der „Tradwife“-Trend gefährlich ist“ im Angebot. Es werden die unterschiedlichsten Expertinnen angeschleppt, Hintergrundrecherchen angezettelt und Analysen gemacht. Eine Genderforscherin der Amadeu Antonio Stiftung muss her, um zu erklären, was wirklich hinter dem Trend steckt. Und das ist natürlich nichts Gutes. Für sie stellt der Content eine „systematische Kursverschiebung“ durch die rechte Bewegung dar. Die „Tradwives“ würden als Brücke fungieren, um ihre leicht zu beeinflussenden Zuschauer in den „völkischen Nationalismus“ zu locken.

Die Frau als falsche Verführerin, die andere mit einer vergifteten Frucht aus dem Paradies lockt – wie originell. Abgesehen davon, dass hier tausenden Frauen, die an dem Trend teilnehmen, eine radikale politische Einstellung unterstellt wird, weil sie mal unter einem unverfänglichen Hashtag einen Kuchen gebacken haben – diese übertriebene Kritik an diesem Trend ist einfach nur sexistisch. Nicht nur den Influencerinnen gegenüber, die zum Lockvogel ernannt werden, sondern vor allem den Frauen gegenüber, die der ÖRR und die restlichen Medien mit dieser Aufklärungskampagne „beschützen“ und aufklären wollen.

Frauen sind immer Opfer, Anhängsel, in etwas reingezogen, passiv. Wir sind so zerbrechlich und leicht zu manipulieren – man kann uns mit solchen Inhalten unmöglich alleine lassen! Da wäre doch der ganze weibliche Fortschritt in Gefahr! Wie sollen unsere zierlichen Köpfe das ohne Aufsicht bitte verarbeiten? Dass ein Video vielleicht romantisiert und unrealistisch sein könnte, muss man uns dringend dazu sagen, unsere kleinen Köpfe sind biologisch nicht dafür gemacht, so etwas selbst zu verstehen. In vielerlei Hinsicht sind wir Frauen fast so intelligent wie Menschen, aber eben nur fast. 

Nein, der Tradwife-Trend ist nicht gefährlich. Dafür hat unsere Regierung in den letzten Jahren schon gesorgt. Wegen eines TikTok-Trends Hausfrau werden? In dieser wirtschaftlichen Lage? Die wenigen Frauen, die sich einen Mann krallen können, der sich das leisten kann, brauchen sich auch nach der Scheidung keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Alle anderen werden doch wohl noch träumen dürfen.

Meine Güte. Wir haben Augen im Kopf. Wir sehen, dass diese Frauen in Villen leben, Designerkleidung tragen, riesige Küchen und unendliche Vorräte an frischen Lebensmitteln und Küchengeräten haben. Wir sehen auch, dass das nicht einfach versteckte Kameraaufnahmen, sondern extra produzierte Inhalte sind. Dass ein Video, das mit der Einleitung „Mein Mann wollte unbedingt Schokolade haben, deshalb habe ich spontan entschieden, sie aus einer Kakaobohne selbst zu kochen“ keine realistische Dokumentation des Lebens einer Hausfrau ist, können wir uns tatsächlich noch selbst denken. Und dass wir eventuell Gefahr laufen könnten, ein Sauerteigbrot selbst zu backen, muss das Frauenwahlrecht aushalten können. 

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