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Die Ampel muss enden – Mit dieser Koalition braucht die FDP gar nicht erst in einen Wahlkampf zu ziehen

Die Ampel-Koalition in Berlin schadet sowohl Deutschland als auch der FDP und treibt die Liberalen in die Bedeutungslosigkeit. Ein Austritt aus der Regierung ist überfällig, um das Vertrauen der Wähler durch klare Positionen zurückzugewinnen. Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich im Apollo News-Gastbeitrag.

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Meine Partei zerbröselt, wie einst in der Koalition mit Angela Merkel – es waren andere Umstände, das Muster ist das gleiche. Man spielt den Steigbügelhalter, diesmal nicht für eine Union, sondern für zwei linke Parteien. Man ermöglicht als machtloser Juniorpartner letztlich eine anti-liberale Politik. Ein Austritt ist längst überfällig. Nicht erst seit den desaströsen Wahlen im Osten. Gewann man vorher noch bei den Landtagswahlen Prozente hinzu, geht die FDP nun konstant als Verlierer aus Wahlen hervor. Schon 2022 verlor die FDP dramatisch in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

In Niedersachsen flogen wir aus dem Landtag. Im Jahr 2023 setzte sich dieser desaströse Trend fort, unter anderem in Berlin, Bremen und Bayern.

Daraufhin folgten die verheerenden Ergebnisse in Ostdeutschland, überall fliegt die FDP aus den Landtagen. Wir gehen baden – diese Krise ist für die Partei längst existenziell. Ich bin erstaunt und irritiert, dass man in Berlin bislang keine Konsequenzen aus den Landtagsergebnissen ziehen will. Denn die Ergebnisse zeigen: Mit der derzeitigen Koalition braucht die FDP eigentlich gar nicht in einen Wahlkampf zu ziehen. Parteimitglieder, so habe ich es am eigenen Leib erfahren, sind frustriert. Die Ampel hat an den Bürgern vorbeiregiert, die FDP im Bund hat dies zugelassen und die Kritik wurde ignoriert. So ist man unverschuldet unter die Räder geraten. Das heißt nicht, dass wir uns in Thüringen nicht auch selbst an die eigene Nase fassen müssen und unsere Arbeit kritisch zu hinterfragen.

Doch der Austritt aus der Koalition ist sicherlich der erste von vielen notwendigen Schritten. Was folgen muss, ist eine ehrliche und konsequente Aufarbeitung der vergangenen Jahre. Wir müssen nicht nur ehrlich zu uns selbst sein, sondern auch ehrlich zu den Wählern. Wir müssen das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen, und das erlangt man nur durch ehrliche Arbeit. Es gilt, den Fokus auf die Grundwerte der Partei zu richten – Marktliberalismus und eine vernünftige Migrationspolitik sind die Stichworte.

Bis 2009 stand die FDP für die Werte des klassischen Liberalismus: individuelle Freiheit, wirtschaftliche Selbstbestimmung und einen schlanken Staat, von Genscher bis Westerwelle. Wir setzten uns für eine freie Marktwirtschaft, niedrige Steuern, Deregulierung und mehr Eigenverantwortung ein. Im Bereich der Bürgerrechte gilt es, wieder den Fokus auf Datenschutz und gegen staatliche Überwachung zu setzen. Auch in der Migrationspolitik muss die FDP wieder einen klaren Kompass finden. Es braucht einen sicheren Grenzschutz, eine Abkehr von der Merkelschen Grenzpolitik und stattdessen eine gezielte, gesteuerte und geregelte Migration.

Wie wichtig das Thema der Migration inzwischen ist, zeigt sich auch bei den Mittelständlern. Die Unternehmen sehen inzwischen das Thema der inneren Sicherheit als weitaus wichtiger an als wirtschaftliche Stabilität, denn das eine bedingt das andere. In Thüringen ist dieses Phänomen bereits zu sehen. Eine kürzlich von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen durchgeführte Umfrage zeigt eine klare Tendenz der befragten Unternehmensvertreter zur AfD und einer favorisierten Koalition mit der sozialistischen BSW. Und das trotz der sozial-patriotischen Wirtschaftspolitik eines Björn Höckes, die auf einer starken staatlichen Einflussnahme basiert. Höcke ist ein Gegner der liberalen Marktpolitik mit internationalem Freihandel. Doch daran sieht man, wie verzweifelt die Unternehmer mit ihrem Wunsch nach Sicherheit sind. Diese Wünsche nach einer stabilen Innenpolitik sehen sie bei einem Björn Höcke, da haben die bürgerlichen Parteien aus der Mitte versagt.

Auch im parlamentarischen Umgang müssen wir uns unterscheiden. Der Thüringer Landtag hat sich gerade unnötig einer Blamage ausgesetzt. Dabei gilt grundsätzlich: Es besteht keine Verpflichtung, einen AfD-Kandidaten zum Präsidenten des Landtags zu wählen, selbst wenn diese die stärkste Fraktion stellt. Ein Vorschlagsrecht bedeutet nicht, dass der Kandidat automatisch die Mehrheit erhalten muss. Die Abgeordneten sind frei und müssen es auch bleiben in ihrer Entscheidung.

Dass CDU und BSW dann auf die Idee kamen, statt auf einen weiteren Wahlgang zu warten, in der alle Fraktionen ein Vorschlagsrecht hätten, in der konstituierenden Sitzung das Verfahren für das Vorschlagsrecht zum Landtagspräsidenten zu ändern (bislang lag es bei der größten Fraktion), wirft ein schlechtes Licht auf die beteiligten Parteien – zumal die Geschäftsordnung erst kurz vor der Wahl modifiziert worden war.

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Für mich und meine Partei hört die Arbeit in Thüringen nicht auf. Wir werden auch in der außerparlamentarischen Opposition weiter den Finger in die Wunde legen, um bei der nächsten Wahl wieder erfolgreich eine echte und ehrliche liberale Stimme im Thüringer Landtag sein zu können. Die FDP allerdings muss sich vor einem tragischen Schicksal retten: 2013 wollte man nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag alles anders machen – jetzt droht sich die Geschichte zu wiederholen. Wir müssen heute den Mut haben, der damals fehlte.

Thomas Kemmerich ist Vorsitzender der FDP Thüringen. 2020 war er für wenige Wochen Ministerpräsident von Thüringen.

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