Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat sich in seiner neuesten Kolumne in der Zeit mit dem Thema Kriminalität beschäftigt. Der schlichte Glaube an hohe Kriminalitätsraten würde der Wirtschaft nämlich enorm teuer zu stehen kommen. „In kaum einem Bereich klaffen subjektive Wahrnehmung und objektive Fakten so weit auseinander wie bei der Kriminalität“, so Fratzscher. Die Sorge vor Kriminalität werde immer höher, wobei sie tatsächlich schon seit Jahren rückläufig sei.

Eines zumindest sei klar, bemerkt Fratzscher: „Deutschland ist in den letzten 20 Jahren insgesamt sicherer geworden.“ Um seine Behauptung zu untermauern, fügte Fratzscher ein Papier des Bundesjustizministeriums an. Dieses Dokument wiederum zeigt zwar in der Tat, dass die Gesamtkriminalität in den vergangenen Jahren gesunken ist. Dies liegt jedoch einzig und allein an dem Rückgang der Eigentums- und Vermögensdelikte, die den Bärenanteil der Straftaten ausmachen. Die Gewaltkriminalität ist dem Papier zufolge seit 1993 nahezu durchweg angestiegen und hat 2022 – dem letzten in dem Papier vermerkten Kalenderjahr – einen neuen Höchststand erreicht.

Fratzscher ignoriert diese Tatsachen aber völlig. Weiter schreibt er: „Die Angst vor Kriminalität hat weitreichende Folgen. Die gesellschaftlichen Kosten sind enorm.“ Internationalen Studien zufolge würden uns die Folgen von Kriminalität, aber eben auch die Angst vor dieser, 5 bis 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kosten. Daraus folgert Fratzscher: „Das subjektive Sicherheitsgefühl beeinflusst Mobilität, Arbeitsmarktverhalten, Investitionsentscheidungen und sogar die regionale Entwicklung.“ 

Verheerend sei es Fratzscher zufolge aber auch, dass die Angst vor Kriminalität unterschiedlich verteilt sei. „Ältere Menschen, Frauen, Menschen mit geringerem Einkommen und geringer Bildung sorgen sich eher um die Kriminalitätsentwicklung in Deutschland, und Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich in ihrer Wohnumgebung unsicherer“, so Fratzscher. Die Politik sei nun gefordert, die Situation von ohnehin benachteiligten Gruppen nicht weiter zu befeuern.

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Fratzscher fordert ein besonnenes und präventives Vorgehen. „Wir sollten über soziale Ursachen von Gewalt sprechen, über Bildung, soziale Integration und Chancengleichheit, und Kriminalität nicht instrumentalisieren“, so Fratzscher. Keinesfalls dürfe man entsprechende Debatten „mit vereinfachten Narrativen und Populismus“ führen.

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Weiter schreibt er: „Das schließt die Debatte um Kriminalität in der Migrationspolitik mit ein – auch hier braucht es einen sachlichen Diskurs. Politik und Medien müssen diese Debatte faktenbasiert führen – nicht emotional, nicht vorurteilsbeladen“. Fratzscher fordert abschließend „Engagement für mehr soziale Teilhabe, für gleiche Chancen und gegen Diskriminierung“. Nur so werde man mit dem angeblichen Problem der gefühlten Kriminalität fertig.

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