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Der skurrile Stammheim-Prozess gegen Prinz Reuß beginnt

Fast 500 Tage nach den Verhaftungen der Gruppe rund um Prinz Reuß, soll nun der Prozess beginnen - unter skurrilen Umständen.

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Vor fast 500 Tagen fand die Razzia gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und seine vermutlichen oder angeblichen Mitverschwörer statt. Seitdem befinden sich die Beschuldigten in U-Haft. Trotzdem beginnt erst jetzt das Gerichtsverfahren in Stuttgart-Stammheim.

Ursprünglich wurden 69 Personen beschuldigt, sich an dem mutmaßlich geplanten Putsch beteiligen zu wollen. Übrig geblieben sind hiervon 27 Personen, welchen nun der Prozess gemacht werden soll. Verhandelt wird zunächst nur gegen die neun Mitglieder des „militärischen Arms“ der angeblich terroristischen Vereinigung. Angeklagt wurden sie von der Bundesanwaltschaft wegen Hochverrats und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Einem der Beschuldigten wird darüber hinaus versuchter Mord vorgeworfen.

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Der Anklageschrift zufolge planten die Putschisten einen gewaltsamen Umsturz der Bundesrepublik. Zudem hätten sie die Beseitigung der amtierenden Regierung geplant. Der Anklage zufolge sollen sie dabei bewusst Tote in Kauf genommen haben.

Deutschland dürfte nun ein beispielloser Mammutprozess erwarten. Für das Verfahren gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen. Alleine die Anklageschrift umfasst rund 600 Seiten. Die Ermittlungsakte ist inzwischen gar 400.000 Seiten dick. Am Stuttgarter Prozess nehmen fünf Richter, dazu zwei Ergänzungsrichter und 22 Verteidiger teil.

„Grundsatz der Waffengleichheit“

Der Prozess soll zudem nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Frankfurt und München stattfinden. Von mehreren Verteidigern wurde dieses Vorgehen am Montag beanstandet. Die Bundesanwaltschaft als solche sei in alle Verfahren eingebunden – der Verteidigung sei dies hingegen nicht möglich. Dies verstoße gegen den „Grundsatz der Waffengleichheit“. Eine Verteidigerin betonte, dass die Zusammenlegung der Verfahren im Interesse einer umfassenden Aufklärung liege. Sie warnte vor der Gefahr, dass Zeugen in den drei separaten Prozessen unterschiedliche Aussagen machen könnten.

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Die Justiz begründet die Aufteilung auf mehrere Standorte mit der großen Anzahl der Angeklagten. Es wird argumentiert, dass jedem Angeklagten seine Schuld individuell nachgewiesen werden muss. Ein einzelnes Gericht könnte dies überfordern. Doch auch für die Bundesanwaltschaft birgt dieses Verfahren Risiken. Sollte nur eines der drei Gerichte entscheiden, dass es sich bei der Gruppierung um Prinz Reuß nicht um eine terroristische Vereinigung handelt, hätte dies große Auswirkungen auf das ganze Verfahren.

Zudem geriet die Justiz wegen des zögerlichen Verfahrensbeginns in die Kritik. Schon seit weit über einem Jahr befinden sich die mutmaßlichen Putschisten in U-Haft. Einer der ursprünglich Angeklagten, Norbert G., ist inzwischen sogar schon verstorben. Am 6. Dezember 2022 wurde unter großem medialem Aufsehen bei den angeblichen Putschisten um den über 70-jährigen Prinz Reuß eine Razzia durchgeführt. Rund 3.000 Polizeibeamte waren damals involviert.

Dass Medienhäuser bereits im Vorfeld über die Aktion unterrichtet waren, gilt im politischen Berlin als offenes Geheimnis. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner erklärte zum Zeitpunkt der Razzia gegenüber n-tv: „Ich selbst wusste seit Mitte letzter Woche bereits davon und weiß außerdem von mehreren Medien, die schon seit zwei Wochen Kenntnis hatten. Es waren die Namen der Beschuldigten bekannt, ihre Adresse und der geplante Zeitpunkt des Zugriffs.“ Ein Urteil wird frühestens für 2025 erwartet.

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