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Der König von Deutschland

Olaf Scholz ist richtig sauer. Mit hochrotem Kopf sieht man ihn vor sich: „ICH BIN KANZLER!!". Sein Selbstbild ist bemerkenswert. Doch auch Christian Lindners Rolle in dem Ganzen zeigt uns etwas.

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Was für eine Woche, und es ist gerade mal Donnerstag. Die wichtigsten Ereignisse der letzten fünf Jahre fallen beide auf einen Tag, und jede Nachricht ist in zwei Minuten schon nicht mehr aktuell. Sämtliche Zeitungen eröffnen heute mit ungefähr derselben Schlagzeile: Ampel-Aus – Was kommt jetzt? Nun, sollte es zur Neuwahl kommen, können wir uns wohl auf Koalitionsverhandlungen bis zur nächsten Wahl gefasst machen. 

Olaf Scholz ist einer dieser Menschen, die, wenn sie unter Druck geraten, komplett um sich schlagen. Er hat das gewissermaßen mit Robert Habeck gemeinsam. Sie werden zickig und trotzig und lassen lieber die Regierung platzen, als es hinzunehmen, dass jemand sie hinterfragt. Abgesehen von den politischen Programmen und den Skandalen – solche Charaktereigenschaften gehören nicht ins Kanzleramt. Ich kann mir die Diskussion zwischen Lindner und Scholz bildlich vorstellen. Mindestens einmal brüllte Scholz mit hochrotem Kopf, noch röterer Glatze und pulsierender Ader an der Schläfe: „ICH BIN KANZLER!!!“

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Die Rede von Scholz zur Entlassung von Lindner ist ein Rachefeldzug. Sie hat eindeutig das Ziel, ihn fertig zu machen. Es ist ein Angriff auf seine Persönlichkeit, ein sehr tiefer Schlag, von ihm soll nichts übrig bleiben. Lindner hat ihm widersprochen, sich geweigert, einfach Befehle auszuführen, so begründet er es zwischen den Zeilen selbst. Das ist kein guter Grund, einen Minister zu entlassen, nicht, wenn man sich nicht selbst für den König von Deutschland hält. 

Es hieß zunächst, Robert Habeck würde die Rolle des Finanzministers übernehmen, so will es jedenfalls das Protokoll. Jetzt übernimmt doch der enge Scholz-Vertraute Jörg Kukies. Das Justizministerium sollte vorerst an Nancy Faeser gehen. Wissing tritt lieber aus der FDP aus und verrät seinen ehemals besten Freund Lindner, als das Verkehrsministerium aufzugeben. Ansonsten wäre das Verkehrsministerium an Steffi Lemke gegangen.

Für Robert Habeck freut mich das. Vizekanzler, Wirtschaftsminister und dann noch das Finanzministerium? Abgesehen davon, dass Habeck bereits mehrmals bewiesen hat, dass er Pech beim Rechnen hat (etwa im Mai bei Lanz, als er am Dreisatz scheiterte) – diese Dreifachbelastung hätte er niemals überstanden. In den nächsten Wochen wird er eh wieder keine Zeit haben, sich Milch für sein Müsli zu kaufen, und seine Wäsche würde er bis Weihnachten nicht waschen. Abgesehen davon haben die Grünen beim Ampel-Aus nicht gut abgeschnitten. Jedes freie Ministerium – mit Ausnahme des Bildungsministeriums, aber wen interessiert das schon – geht an die SPD. 

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In diesem Chaos und Scholz-Alleingang wird einem die FDP wieder viel sympathischer. Doch eigentlich ist das alles auch für sie wieder typisch. „Das Ende der Ampel“, „Ampelende“, „Ist das das Regierungs-Aus?“ – seit aus Topfschnitt, Merkelraute und unförmigen Blazern 2021 Glatze, schlumpfiges Grinsen und abgewetzte Lederaktentasche geworden ist, bringt jede große Zeitung diese Schlagzeile mindestens einmal wöchentlich. Diese leeren Drohungen sind aber nie eingetreten, weil die FDP dann doch immer den Schwanz eingezogen hat. 

Jetzt wäre für die FDP die letzte Chance gewesen, noch selbstbestimmt das – dieses Mal wirklich, jetzt erst recht – richtige echte Ampel-Ende einzuleiten – doch am Ende wird ihnen auch das noch aus der Hand genommen. Was bei Scholz ungehaltener blinder Trotz ist, ist bei Lindner pseudostrategischer Opportunismus. Er hat ein besonderes Talent dafür, gute Karten zu nehmen und sich so zu verpokern, dass er am Ende das Haus und den Ehering verliert. Und so zog Christian Lindner los, mit der Chance, Scholz die Tür vor der Nase zuzuschlagen, und hat es tatsächlich geschafft, selbst vor die Tür gesetzt zu werden. Ein einziges Chaos – aber wenigstens passiert mal was. 

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