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Das desaströse Ende des schwarz-grünen Projekts in Österreich

In Österreich hat die grüne Umweltministerin eigenmächtig für das umstrittene EU-Renaturierungsgesetz gestimmt. Dennoch hält Bundeskanzler Karl Nehammer verzweifelt an der Koalition mit den Grünen fest - er hat sich in die Falle manövriert.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt.

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Die aktuelle Koalition zwischen der ÖVP und den Grünen in Österreich gleicht einer zerrütteten Ehe, die nur noch aus finanziellen Gründen aufrechterhalten wird. Auslöser für die schwere Koalitionskrise ist die Entscheidung von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), entgegen dem Willen des Koalitionspartners für das umstrittene EU-Renaturierungsgesetz zu stimmen. Der Alleingang führte zu einer Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs seitens der ÖVP und einer Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will trotzdem an der Koalition mit den Grünen festhalten.

Das umstrittene EU-Renaturierungsgesetz war am Montag trotz massiver Widerstände von einer nötigen Mehrheit der EU-Staaten angenommen worden. Die entscheidende Stimme kam aus Österreich, wo Umweltministerin Leonore Gewessler gegen den Willen der Bundesländer, dem Koalitionspartner und ohne Absprache mit dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium, für „Ja“ votierte. Die Abstimmung im EU-Rat verlief äußerst knapp – gegen den Widerstand von Italien, Ungarn und den skandinavischen Ländern. Letztlich war es Gewesslers Zustimmung, die den Ausschlag gab. Gewessler zeigte sich nach der Entscheidung erfreut: „Die heutige Entscheidung ist ein Sieg für die Natur. Die Europäische Union stellt sich geeint hinter den Schutz unserer Lebensgrundlage.“ Das Renaturierungsgesetz ist ein zentraler Teil des umfassenden Transformations-Pakets „Green Deal“, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll.

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Für die Grünen ist die Zustimmung zum Renaturierungsgesetz ein Triumph und eine Bestätigung ihrer klimapolitischen Agenda. Der Alleingang Gewesslers war natürlich mit der Parteispitze abgesprochen. In der Parteizentrale war klar: Eine grüne Umweltministerin muss für dieses Gesetz stimmen, ungeachtet des Widerstands von Koalitionspartnern, Bundesländern oder Bauern. Vizekanzler und Grünen-Parteichef Werner Kogler betonte: Die intakte Natur sei „keine Frage von Politik oder Parteibuch.“ Und weiter: „Das ist unser Job.“

Der Zeitpunkt für die Abstimmung zum umstrittenen Gesetz könnte für die Grünen nicht besser sein. Ende September stehen Nationalratswahlen an, und die ÖVP liegt am Boden, in Umfragen hinter der rechten FPÖ und der sozialdemokratischen SPÖ. Ein Scheitern der Koalition möchte man da unter keinen Umständen riskieren. Sollte Nehammer den Bundespräsidenten – ausgerechnet ein langjähriger Grüner – bitten, Gewessler aus ihrem Ministeramt zu entlassen, wie es einst Sebastian Kurz mit Herbert Kickl tat, so würden die grünen Regierungsmitglieder ihre Ämter zurücklegen. Die Koalition würde zerbrechen und ein Misstrauensantrag im Nationalrat drohen. Unter Umständen könnte die ÖVP nicht mehr mit einem Bundeskanzler in den Wahlkampf gehen. Das will Nehammer verhindern und lässt eine Ministerin im Amt, der er Amtsmissbrauch vorwirft und die er angezeigt hat. Seine Begründung für die Presse: Er wolle dem Land das drohende „Chaos“ ersparen.

Für die ÖVP ist die Situation höchst brenzlig. Einerseits muss sie ihr Ansehen wahren, andererseits will sie die Koalition nicht gefährden. Vorgezogene Neuwahlen sind das Letzte, was die ÖVP jetzt gebrauchen kann – in Umfragen ist sie abgeschlagen. Die Opposition, allen voran die FPÖ, könnte das Scheitern der Koalition genüsslich ausschlachten und behaupten: ‘Bürgerliche Politik funktioniert nicht mit Grünen, sondern nur mit uns.‘ Die Folge wäre ein großer Erfolg für die Freiheitlichen, befürchtet man in der Partei.

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Die Regierung wollte vor der Wahl noch eine Reihe von Gesetzesänderungen durchboxen, darunter das für die Grünen wichtige Klimaschutzgesetz. Dies können sie nun vergessen, ebenso wie die geplanten Vorhaben der ÖVP. Kanzler Nehammer ließ verlautbaren, dass in der Koalition nur noch „notwendige und wichtige Vorhaben“ umgesetzt werden würden. Soweit dies „mit diesem Koalitionspartner noch möglich“ sei. Die ÖVP steht in der beginnenden Wahlkampfphase als Verlierer dar. Eine zerstrittene Koalition, die kaum handlungsfähig ist, kommt beim Wähler nicht gut an. Die Grünen haben immerhin den Vorteil, ihren Wählern kurz vor Ende der Legislaturperiode einen Erfolg präsentieren zu können.

Der ÖVP bleibt nun nichts anderes übrig, als auf Zeit zu spielen und sich von den Grünen auf der Nase herumtanzen zu lassen. Der morgige Ministerrat – ein wöchentliches Treffen der Regierungsmitglieder – wurde von der ÖVP abgesagt. Offiziell, weil diese Woche nur Umlaufbeschlüsse getroffen werden sollen und eine physische Präsenz daher nicht notwendig sei.

Der Koalitionsstreit macht eine Wiederauflage einer ÖVP-FPÖ-Koaltion immer realistischer. Noch lehnen die Konservativen ein Bündnis mit Parteichef Herbert Kickl ab, erst recht, wenn die FPÖ tatsächlich stärkste Kraft werden und Anspruch auf den Bundeskanzler stellen sollte. Doch mit den Grünen wird man wohl nicht mehr zusammenkommen und die ÖVP zeigte sich bereits in der Vergangenheit durchaus „prinzipienelastisch.“

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