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Steuerbetrug

Bürokratieabbaugesetz ermöglicht Schreddern von Beweisen bei Cum/Cum- und Cum/Ex-Geschäften

Das geplante vierte Bürokratieentlastungsgesetz sieht vor, dass die Aufbewahrungspflicht für Buchungs- und Steuerbelege von zehn auf acht Jahre reduziert werden soll. Das führt dazu, dass Akten der Cum/Cum und Cum/Ex-Geschäfte geschreddert werden könnten - Millionen an Steuergeldern könnten verloren gehen.

Bald könnten wichtige Beweismittel bei Steuerbetrügern legal geschreddert werden - das betrifft Cum/Cum- und Cum/Ex-Geschäfte

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In einem Jahr könnten Belege für viele illegale Aktiengeschäfte wie Cum-Cum unwiderruflich verloren sein – und mit ihnen das Steuergeld. Denn das vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden soll, sieht vor, dass die Aufbewahrungspflicht von Buchungs- und Steuerbelegen von zehn auf acht Jahre reduziert werden soll. 

Diese Verkürzung der Aufbewahrungsfrist könnte zum Problem werden. Denn Banken oder Fonds, die in illegale Cum-Ex- oder Cum-Cum-Geschäfte verwickelt sind, können ihre Akten dann legal früher vernichten. Schwere Steuerstrafdelikte verjähren erst nach fünfzehn Jahren, jedoch können mit dem neuen Gesetz die Akten noch früher entsorgt werden, wenn nicht bereits Ermittlungen laufen.

„Finanzämter benötigen oft Jahre, um komplexe Steuerkonstrukte aufzudecken. Die geplante Verkürzung ist daher ein gefährlicher Schritt. Sie behindert die Aufarbeitung von Cum-Cum und ähnlichen Geschäften”, sagt der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Florian Köbler laut N-tv. Dem Fiskus gingen zwischen 2005 und 2020 nach unterschiedlichen Schätzungen um die 30 Milliarden Euro verloren.

Bei den Cum-Cum-Geschäften wurden Kapitalertragssteuern auf Dividenden zurückerstattet. Ausländische Banken transferierten ihre Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag an deutsche Banken, damit diese die Steuerrückerstattung in Anspruch nehmen konnten. Anschließend wurden die Aktien wieder an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben. Der Gewinn wurde geteilt.

2022 wurden nur 237 Millionen Euro vom Finanzamt zurückgefordert. 2023 waren es 205 Millionen Euro. Bei den Cum-Cum-Geschäften gibt es bisher keine Anklagen, wie n-tv schreibt. Laut FAZ liegt bisher eine Anklage vor, deren Zulässigkeit jedoch umstritten ist. Auch Volksbanken und Sparkassen beteiligten sich an Cum-Cum-Geschäften. 

Für Ermittlungen bleibt nur noch ein Jahr

Wie n-tv schreibt, sollen dem Fiskus bei Cum-Ex-Geschäften bis zu 12 Milliarden Euro entgangen sein. Bei Cum-Ex-Geschäften konnten sich Banken wegen Gesetzeslücken die Kapitalertragssteuer, die einmal gezahlt wurde, mehrfach vom Finanzamt zurückerstatten lassen. Bis Ende letzten Jahres waren 380 Fälle in Arbeit und 174 Fälle wurden rechtskräftig abgeschlossen, wie eine Kleine Anfrage der Linken an das Bundesfinanzministerium ergab. Von den Finanzämtern wurden bis Ende 2023 nur 3,1 Milliarden zurückgefordert. In mehr als hundert Strafverfahren wird gegen tausend Beteiligte ermittelt, schreibt n-tv. 

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist im Finanzsektor erst ein Jahr später gelten soll. Sollte der Gesetzesentwurf am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden und am 18. Oktober vom Bundesrat, dann hätten die Ermittler faktisch nur noch ein Jahr Zeit, um herauszufinden, wer an den Cum-Cum-Geschäften beteiligt war und Ermittlungen einzuleiten. 

Dann „werfen die ihre Schredder an“

Die ehemalige Chef-Ermittlerin in den Cum-Ex-Fällen, Anne Brorhilker, kritisiert den Gesetzesentwurf daher scharf: „Wenn das Gesetz so durchkommt, werden sehr viele Cum-Cum-Täter ungeschoren davonkommen, Milliarden an Steuergeldern sind dann unwiderruflich verloren“. Bei Cum-Cum „kennen wir bisher nur die Spitze des Eisbergs”, betont sie. Weiter führt sie aus: „Die Täter wissen sehr genau, welchen juristischen Sprengstoff sie in ihren Kellern haben.” Sobald das Gesetz in Kraft sei, „werfen die ihre Schredder an”, ist sie sich sicher. 

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Im April 2024 bat die ehemalige Staatsanwältin darum, aus dem Beamtenverhältnis entlassen zu werden. Der Grund: Sie war frustriert darüber, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. „Täter mit viel Geld könnten sich praktisch freikaufen, indem sie ein Bußgeld zahlen. „Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“, sagte sie dem WDR. Mittlerweile ist Brorhilker Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende und setzt sich weiter für die Bekämpfung von Finanzkriminalität ein.

Justizminister Marco Buschmann geht selbst davon aus, dass dem Staat jährlich Geld entgeht, wenn Buchungsbelege nicht mehr rechtzeitig geprüft werden können. Er geht von etwa 200 Millionen Euro jährlich aus.

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