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Pleitewelle

Baubranche, Autozulieferer, Elektronikkonzerne – Insolvenzen in Deutschland schießen in die Höhe

Gerade in den vergangenen Tagen und Wochen erfasst die Insolvenzwelle in Deutschland erneut zahlreiche Unternehmen, insbesondere Mittelständler und Industriezulieferer. Aber auch eine Traditionsbrauerei aus Bayern muss den Betrieb einstellen – das Unternehmen war 450 Jahre alt.

Der deutsche Felgenhersteller BBS belieferte sogar die Formel 1, feierte damals das 25. Jubiläum, als Michael Schumacher 1995 zum zweiten Mal Weltmeister wurde. Jetzt ist er pleite – wie 11.000 andere Firmen auch bereits in diesem Jahr.

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Erst kürzlich berichtete Apollo News über eine Zahl an Insolvenzen in Deutschland, die sich auf Rekordniveau befindet. In den vergangenen Wochen traf es auch die Astro Strobel Kommunikationssysteme GmbH, ein Elektronikunternehmen aus Bergisch Gladbach, das bereits seit 1947 existiert. Vor etwa vier Wochen wurde seitens des Amtsgerichts Köln eine gerichtliche Sanierung angeordnet, jetzt wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im September gerechnet.

Ausschlaggebender Punkt für die Insolvenz sollen laut Medienberichten unter anderem die „Corona-Pandemie und [der] Ukraine-Krieg“ gewesen sein, am Ende habe „ein stornierter Großauftrag“ jedoch die Insolvenz unausweichlich gemacht. In einer Pressemitteilung seitens des Unternehmens heißt es weiterhin, „anhaltende Lieferkettenprobleme“ und „das aktuell trübe Wirtschaftsumfeld“ seien der Grund für die schwierige Lage bei Astro Strobel. Zumindest soll laut eigenen Angaben der Geschäftsbetrieb weiterlaufen, Löhne und Gehälter der Mitarbeiter werden durch die Bundesagentur für Arbeit gesichert.

Insolvenzen auch in der Baubranche, trotz Ampelziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr

Wie eine aktuelle Studie des renommierten ifo-Instituts errechnete, könnten in weniger als 24 Monaten die Wohnungsneubauten einbrechen – um 40 Prozent bis 2026 (Apollo News berichtete). Dabei hatte die Ampelregierung noch zu ihrem Amtsantritt etwa 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. Jetzt zeigt sich ein Bild der bitteren Realität: Der Fenster- und Türenhersteller Blaurock aus dem Norden Bayerns hat in der vergangenen Woche einen Insolvenzantrag eingereicht. Gegenüber dem Nachrichtenportal inFranken.de sagte Geschäftsführer Mathias Reicher: „Der Baubranche geht es dramatisch schlecht.“

Die Aufträge beim Fensterbauer sind um über 50 Prozent eingebrochen, aufgrund hoher Preise und Zinsen – es drohte die Zahlungsunfähigkeit. Das Familienunternehmen produziert an mehreren Standorten und hat sich insbesondere in der Karibik mit Hurrikan-sicheren Fenstern ein Geschäft aufgebaut. Doch jetzt will Blaurock sich sogar verkleinern: Man will sich nur noch auf regionale Aufträge konzentrieren und die Transportwege kurz halten, heißt es in einem Medienbericht.

Laut einer Umfrage des ifo-Instituts hatten bereits im Dezember 2023 über die Hälfte (56,9 Prozent) der befragten Wohnungsbauunternehmen mit der schlechten Auftragslage zu kämpfen. Über 22 Prozent der befragten Unternehmen sind von Auftragsstornierungen betroffen.

Der Wohnungsbau steckt tief in der Krise, zu hoch sind die Finanzierungskosten und Materialpreise. Dazu kommen Lieferkettenprobleme und Engpässe beim Einkauf – und selbstverständlich die strangulierende Bauregulierung. Unter diesen schwachen Konjunkturindikatoren leidet auch die BPG-Gruppe, der größte Anbieter für Gerüstbau und Baumanagement-Leistungen in Deutschland. „Sinkende Nachfrage und gestiegene Kosten für Material, Energie und Personal belasten das Unternehmen“, heißt es in einem Chip-Bericht.

Das Bauunternehmen beschäftigt rund 400 Mitarbeiter, das Insolvenzgeld reicht gerade einmal für die kommenden drei Monate, um Gehälter und Löhne bezahlen zu können. Die BPG-Gruppe besteht laut Medienbericht aus sieben Gesellschaften, im vergangenen Jahr erwirtschaftete man einen Umsatz von 78 Millionen Euro. Die Bau- und Immobilienbranche ist mit am stärksten von der bevorstehenden Rezession in Deutschland betroffen, die Zahl der Insolvenzen von Großunternehmen hat sich mehr als verdreifacht.

Durch das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht wurde zu Beginn der Corona-Pandemie die Insolvenzrate künstlich nach unten gedrückt. Doch seit Mitte 2021 beginnt die natürliche Auslese unprofitabler Unternehmen, die aufgrund der Rezession und schwacher Nachfrage immer öfter Insolvenz anmelden müssen.

Im Vergleich zum ersten Halbjahr des vergangenen Jahres gab es im ersten Halbjahr 2024 einen Anstieg von 233 Prozent. Insbesondere Projektierer und Immobilienentwickler seien laut einer kürzlich erschienenen Studie des Beratungsunternehmens Falkensteg betroffen, da die Aufträge ausbleiben. Einige Baumittelhersteller hätten innerhalb von nur 36 Monaten einen Umsatzrückgang von fast 60 Prozent verzeichnet. Gerettet wurden zuletzt nur 21 Prozent der Firmen, die im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden mussten.

Von der Formel 1 in die Insolvenz

Der weltberühmte Felgenhersteller BBS ist bereits zum fünften Mal pleite, kurz nach den Insolvenzverfahren im Jahr 2020 und im vergangenen Jahr. Zuletzt waren bei BBS knapp 270 Mitarbeiter beschäftigt, vor dem Insolvenzverfahren aus dem Jahr 2023 waren es sogar über 500 Mitarbeiter. 2022 erwirtschaftete der Felgenhersteller aus dem Schwarzwald einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro. Laut einem Medienbericht sollen insbesondere die hohen Energiepreise zu der Pleite geführt haben.

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Durch die zahlreichen Pleiten der Vergangenheit sind immer wieder neue Investoren und Gesellschaften bei BBS eingestiegen. In solchen sogenannten Private Equity Geschäften investieren große Gesellschaften in private Unternehmen, oft um sie zu restrukturieren und nach einer bestimmten Laufzeit zu verkaufen – mit Rendite. Dadurch wurde bei BBS in der Vergangenheit das operative Geschäft verkleinert, unter anderem reduzierte man das Geschäft mit Automobilherstellern.

Die jüngste Pleite hat wieder einen neuen Investor hervorgebracht: Die IHS Management Services, eine Tochter einer türkischen Holding-Gesellschaft mit über 20.000 Mitarbeitern. Zwar plane man laut Medienberichten, „alle Arbeitsplätze zu erhalten“ und „umfangreiche Investitionen“ zu tätigen, jedoch wurde bereits im Juni in einer Vereinbarung beschlossen, einen Vertriebsstandort in Georgia in den USA zu verkaufen.

Über 450 Jahre alte Brauerei pleite

Die Viechtach GmbH ist eine Brauerei aus Bayern und blickt auf eine jahrhundertelange Tradition zurück: Im Jahr 1553 gegründet, braut die Viechtach GmbH unter anderem ihr „Viechtacher Märzen“, „Viechtacher helles Vollbier“ und „Hefe Weizen“. Jetzt musste die Brauerei Insolvenz anmelden, laut Medienberichten wegen einer „gescheiterten Finanzierungsvereinbarung“. Kein Investor wollte die bereits zuvor angeschlagene Traditionsfirma übernehmen, selbst nach „intensiven Verhandlungen mit diversen auch der Branche entstammenden potenziellen Investoren zum Zwecke einer übertragenden Sanierung“, heißt es laut Augsburger Allgemeine.

Eine Übernahme des Geschäfts sei ausgeschlossen, die Verluste der Brauerei seien bis zuletzt „erheblich“ gewesen. Daher kann der Betrieb auch nicht mehr fortgeführt werden, trotz der über 450 Jahre langen Tradition. Den Mitarbeitern wurde eine Kündigung ausgesprochen.

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