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Corona

Affäre um Amann: Ging eine Spiegel-Clique gegen unliebsame Journalisten vor?

Während der Coronazeit war der Spiegel nicht unbedingt als Magazin des Meinungspluralismus bekannt. Das bestätigen jetzt geleakte Chatverläufe, die auch die bekannte Spiegel-Journalistin Melanie Amann betreffen. Dort lässt man sich über kritische Wissenschaftler aus - und schmiedet Pläne gegen Kollegen, die dem Blatt nicht linientreu sind.

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Zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 trat der Spiegel schnell und lange für Grundrechtseinschränkungen ein und kritisierte diejenigen, die diese Maßnahmen hinterfragen, scharf und teils über jedes journalistische Maß hinaus. Unvergessen bleibt der Kommentar des Kolumnisten Nikolaus Blome, der in einem hasserfüllten Artikel mit Blick auf Ungeimpfte forderte: „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen“.

Abweichler wurden auch und gerade durch den Spiegel zerrissen: und das auch intern. Das zeigen interne Chatprotokolle, die dem Nachrichtenportal Nius vorliegen. Diese deuten darauf hin, dass die stellvertretende Chefredakteurin des Spiegels, Melanie Amann, einer Gruppe von Journalisten angehört, die gegen eine ehemalige, als unliebsam angesehene Mitarbeiterin vorgehen wollte. 

Das Portal berichtet, dass das Wissenschaftsressort im Spiegel von manchen Mitarbeitern während der Corona-Pandemie heimlich als „Heilige Inquisition der Spanischen Grippe“ bezeichnet wurde. Diese Inquisition machte wohl auch intern Jagd auf Abweichler. Vorne mit dabei: Spiegel-Hauptstadtjournalistin Melanie Amann. Amann äußerte den Verdacht, dass eine ehemalige Journalistin vor ihrer Kündigung einen Artikel über Corona an Klaus Stöhr geleakt habe, der im Artikel stark kritisiert wurde. Amann bezeichnete Stöhr in den Nachrichten, die NIUS vorliegen, als „Corona-Verharmloser“.

Stöhr war Sars-Forschungskoordinator und arbeitete 15 Jahre für die WHO. Er äußerte sich Corona-Maßnahmen gegenüber, die weite Teile der Bevölkerung betrafen, immer wieder kritisch. So kritisierte er zum Beispiel Schulschließungen und die Maskenpflicht an Schulen. Im Sommer 2022 warf er der Regierung vor, im „Panikmodus“ unterwegs zu sein. 

Einige Spiegel-Mitarbeiter, darunter Melanie Amann, planten vor diesem Hintergrund, das E-Mail-Postfach der ehemaligen Kollegin zu durchsuchen und nach Hinweisen zu schauen, dass sie den Artikel an Stöhr weitergegeben habe. Der Ombudsmann des Magazins sollte Zugang zu den Mails der ehemaligen Mitarbeiterin erhalten. Da so der Quellenschutz verletzt worden wäre, wurde diese geplante Überprüfung der E-Mails auch von anderen Mitarbeitern des Spiegels äußerst kritisch gesehen. Melanie Amann drängte offenbar insbesondere auf eine Überprüfung. Darum soll sie seitdem intern den Spitznamen „IM Amann“ tragen, schreibt Nius. Dort wird weiter berichtet, dass der Spiegel auf Anfrage bestätigt habe, eine Durchsuchung der Mails geprüft zu haben. Doch letztlich entschied sich die Chefredaktion gegen die Maßnahme, weil sie unverhältnismäßig sei. 

Wissenschaftler mit einer Gegenmeinung zu dem, was als „die Wissenschaft“ galt, kamen beim Spiegel damals ohnehin nicht gut weg. So merkten zwei Journalistinnen in einem Interview mit Christian Drosten aus dem Januar 2021 an: „Einen größeren Schaden als Corona-Leugner haben im vergangenen Jahr wohl Experten angerichtet, die immer wieder gegen wissenschaftlich begründete Maßnahmen argumentiert haben, zum Beispiel Jonas Schmidt-Chanasit und Hendrik Streeck.“ Ziel der Frage war es, Drosten zu einer Kritik an anderen Wissenschaftlern zu bewegen, weil nach Ansicht der Journalistinnen solche Wissenschaftler wie die genannten den Eindruck erweckten, es ging nicht um Evidenz, sondern um Meinung in der Wissenschaft. „Das untergräbt die Glaubwürdigkeit von sauber arbeitenden Forsche­rinnen und Forschern“, sagten sie. 

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