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Richterbund beklagt

Immer mehr Verfahren, kaum Ergebnisse: Nur noch jedes 16. Strafverfahren mündet derzeit in eine Anklage vor Gericht

Die Strafjustiz ist massiv überlastet: Personalnot bei Staatsanwaltschaften und Gerichten hat den Rückstau auf rund eine Million unerledigte Verfahren anwachsen lassen. Nur noch jedes 16. Verfahren landet vor Gericht.

Von

IMAGO/BREUEL-BILD

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Die Belastung der deutschen Strafjustiz hat nach Angaben des Deutschen Richterbundes ein neues Ausmaß erreicht. Nach Einschätzung des DRB beläuft sich der Rückstau bei den Staatsanwaltschaften inzwischen auf rund eine Million offener Fälle.

Hintergrund ist eine anhaltende Personalnot in Staatsanwaltschaften und Gerichten, die zu einem deutlichen Anstieg unerledigter Verfahren geführt hat.„In den Staatsanwaltschaften stapeln sich inzwischen eine Million unerledigte Fälle, so viele wie noch nie“, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Verbands, Sven Rebehn. Als Folge fehlender personeller Ressourcen würden Ermittlungen zunehmend vorzeitig beendet. „Immer öfter müssen Ermittlungen vorzeitig eingestellt werden, weil das Personal für eine lückenlose Strafverfolgung fehlt.“

Zugleich sind die Fallzahlen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Rebehn sprach von einer „dynamischen Kriminalitätsentwicklung“, die zu einem Rekordwert von etwa 5,5 Millionen Verfahren pro Jahr geführt habe. Trotz dieser Entwicklung sinke die Zahl der Anklagen: Nur noch jedes 16. Strafverfahren mündet derzeit in eine Anklage vor Gericht. Auch dies sei eine direkte Konsequenz der Überlastung.

Die personellen Engpässe wirken sich nach Darstellung des DRB auch auf laufende Haftverfahren aus. „Dass im Schnitt jede Woche ein dringend Tatverdächtiger nach einer Haftprüfung aus der Untersuchungshaft entlassen werden muss, weil Gerichtsverfahren sich zu lange hinziehen“, sei eine weitere Folge der Situation, sagte Rebehn.

Zusätzliche Belastungen entstünden durch komplexere Verfahren. Detailliertere Strafgesetze sowie der wachsende Umfang digitalen Beweismaterials erhöhten den Arbeitsaufwand erheblich. „Immer neue Strafgesetze bewirken aber wenig, solange eine überforderte Strafjustiz gar nicht in der Lage ist, die neuen Gesetze lückenlos durchzusetzen“, warnte der Verbandschef.

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Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP forderte der DRB-Bundesgeschäftsführer die Länder auf, im kommenden Jahr gegenzusteuern. Notwendig sei es, „dringend umzusteuern und mehr Personal für die chronisch unterbesetzte Strafjustiz bereitzustellen, damit die Menschen im Land das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht verlieren“. Dies sei besonders wichtig in Zeiten, in denen antiliberale Kräfte den Rechtsstaat und die Justiz „zu diskreditieren versuchen“.

Vor diesem Hintergrund äußerte Rebehn Zuversicht, dass sich Bund und Länder bis zum Frühjahr auf den angekündigten Rechtsstaatspakt verständigen. Geplant ist, die Personalnot durch 2000 zusätzliche Richterinnen, Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu lindern.

Noch offen ist jedoch die Finanzierung. Der Bund stellt bislang eine Anschubfinanzierung von 240 Millionen Euro in Aussicht, was einigen Ländern nicht ausreicht. Sie drängen auf eine dauerhafte Finanzierung neuer Stellen. Rebehn verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Länder laut Grundgesetz selbst für eine angemessene Ausstattung der Justiz verantwortlich seien.

Neben zusätzlichem Personal sieht der DRB auch Handlungsbedarf bei der technischen Ausstattung. Rebehn forderte einen Investitionsschub, um die Digitalisierung der Justiz bis 2030 „spürbar beschleunigt“ voranzubringen. Der digitale Wandel verlaufe in mehreren Bundesländern bislang zu langsam.

ha

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43 Kommentare

  • Gestern standen wir am Abgrund. Heute sind wir schon einen Schritt weiter.

    • Eher vorgestern standen wir am Abgrund.

      Gestern gingen wir gleich 2 Schritte weiter.

      Und heute diskutiert man, während des Falls, wer Schuld an allem ist und andere blenden die Realität wie immer aus.

      Aber viele warten auf das Morgen, wo jene die übrig bleiben, den Verursachern hoffentlich auch mal die (Ab)Rechnung, mit gleicher Münze sozusagen, präsentieren.

      • Sind diese Verfahren denn wirklich „unerledigt“ oder (sinvollerweise!) per Strafbefehl beendet worden?

        • Das meiste wird dann eingestellt gegen eine Strafzahlung.

          0
  • somit entsteht ein rechtsfreier Raum! Je mehr sich straffällig verhalten, umso weniger werden bestraft! Hauptsache solche Schnulliverfahren durch Politikeranzeigen werden verfolgt- hier sind die Prioritäten stark verrutscht.

    • In Hamburg sin die Justizvollzugsanstalten überfüllt und sie mussten Häftlinge „vorübergehend“ nach Mecklenburg-Vorpommern verlagern. Da wird sich auch schon mal Zeit gelassen bei den Verurteilungen

    • Oder je mehr PippePalle Anzeigen erstattet werden, desto lahmgelegter ist der Kafka-Apparillus.

  • Passend dazu
    Seit 2014 hat sich die Anzahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Leiden in Deutschland mehr als verdoppelt.
    – Grund?

    • Vor allem im öffentlichen Dienst, liegt wohl daran, dass dieses Klientel arbeiten soll.

      • Viele nicht rotgrünen Leute arbeiten schon, aber sie werden von staatlicher Seite in die Mangel genommen. Kontaktschuld usw.

    • Dilken Çelebi:
      In der Silvesternacht war es in Köln, aber auch in anderen Städten wie Hamburg in großen Menschenmengen zu Übergriffen gekommen. Darunter waren Diebstähle von Handys, Sachbeschädigungen und Böller, die in die Menge geschossen wurden.
      Vor allem aber gab es Hunderte sexualisierte Übergriffe, die für die Betroffenen teils traumatisch waren.
      taz: Allein in Köln wurden mehr als 1.200 Strafanzeigen erstattet, davon mehr als 500 wegen sexueller Übergriffe, auch Vergewaltigungen.
      355 Beschuldigte wurden später ermittelt, 33 Männer verurteilt…
      https://taz.de/Juristin-ueber-Koelner-Silvesternacht/!6134583/
      „Und dann rief mich plötzlich Olaf Scholz an“ Er fragte, wie es mir mit der Situation geht…nahm sein Angebot an…
      https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/koelner-ex-buergermeisterin-ueber-silvesternacht-und-eigene-fehler-49698586

      • Auch im Jahr 2026 werden Eltern ihren Töchtern beibringen müssen, wie sie verhindern, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden.
        Eine Armlänge Abstand reicht meist nicht. Egal, woher der potenzielle Täter
        (Ausland) stammt oder aus Niedersachsen.
        Schmerzhaft ist derweil, dass sich in Deutschland zehn Jahre nach „Köln” eines nicht verändert hat:
        Mädchen und Frauen müssen sich selbst vor sexueller Gewalt schützen.
        Die Empfehlung von Kölns OB H. Reker Anfang 2016, Frauen mögen zu Unbekannten eine Armlänge Abstand halten, war gesättigt mit Erfahrung – aber empörend, weil Frauen für ihre Sicherheit verantwortlich gemacht wurden.

  • Warte schon 6 Jahre auf ein Urteil vom Landesgericht, also 2. Instanz, um Schadenersatz zu bekommen von einem Autohersteller.

  • Kriminalität leicht gemacht. Wozu überhaupt noch Strafverfolgung und Verhaftung?
    Bei den Stasi-Meldestellen wegen belanglosen Tweets läuft alles viel schneller. Oder man kommt auch mal wegen nichts (M. Ballweg) 9 Monate in Untersuchungshaft.

  • ‚Dass im Schnitt jede Woche ein dringend Tatverdächtiger nach einer Haftprüfung aus der Untersuchungshaft entlassen werden muss, weil Gerichtsverfahren sich zu lange hinziehen, sei eine weitere Folge der Situation.‘ Man wundert sich, daß das zufälligerweise nicht für die Rentnergang vom Reichsbürgerputsch gilt. Die sitzen doch schon über 2 Jahre in U-Haft und der Prozeß schleppt sich.

    • Ebenso wenn man an Ballweg denkt: wieso kam der nicht frei, noch nicht mal als man keinen Anklagepunkt fand? Wieso sitzt Füllmich jahrelang in U-Haft? Achso, das waren Corona-Maßnahmengegner, das ist natürlich was anderes als Straßenraub und Vergewaltigung.

  • Wenn über Memes geurteilt wird, bleiben wirkliche Straftaten, für die ein Urteil ergehen müsste, unbearbeitet liegen oder verjähren. Anzeigen von Politikern wegen Nonsens haben halt Prio 1.

  • Tja nehmen wir Politiker und Invasoren raus die Verfahren verursachen sieht es ganz anders aus.

    Denn jene verursachen seit Jahren Arbeit, die es NICHT braucht.

  • Ich bin gegen mehr Personal, denn das belastet die Steuerzahler weiter. Ich bin dafür, dass die Verfahren wegen „Beleidigung“ von Politikern auf ein absolutes Minimum eingedampft werden. Auch bin ich dafür, dass der Prozesskostenzuschuss für die Einsprüche bei Asylverfahren entweder komplett gestrichen oder maximal einmal in Anspruch genommen werden können…. Selbst bei Selbstzahlern, darf es bei der Ablehnung von dem Recht auf Asyl nach einer gerichtlichen Ablehnung keine rechtlichen Mittel mehr geben… Da findet sich mit Sicherheit noch mehr, wo wir Gerichte entlasten können ohne unseren Rechtsstaat aus den Fugen geraten zu lassen. Ganz im Gegenteil es wird in diesem Land den sozialen Frieden stärken.

  • Ach Quatsch. Ein Meme geteilt und dann klappt es schon. Da ist dann nichts überlastet.

  • Die Überlastung der Justiz liegt evtl. auch daran, dass man immer mehr auch unterhalb von Strafbarkeitsgrenzen gegen Bürger ermitteln möchte. So sind in einigen Bundesländern die Polizeibefugnisse derart erweitert worden, dass man Bürger auch ohne Straftatbestand und richterliche Anordnung ausspionieren und verfolgen darf.

  • Solange die Justiz Zeit hat Äußerungsdelikten nachzugehen mit Hausdurchsuchungen und Beschlagname, kann es nicht so schlimm sein. Mein Mitleid hält sich in Grenzen.

  • Das oberste Ziel des Strafens ist bekanntlich, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren. Angesichts dessen wäre zuvörderst Aufschluss darüber zu gewinnen, weshalb so manche Staatsanwaltschaft die beschreibende Analyse insbesondere eines Soziologen einfach als, wortwörtlich, „Behauptung und Vermutung“ abweist. Nicht nur, dass dadurch jedwede Redlichkeit in Abrede gestellt ist. Vielmehr ist nicht anderswoher zu bekommen, was die dazu einschlägige Wissenschaft nicht zu geben vermag. Auch eine daraufhin eingereichte Beschwerde beim darüber die Aufsicht führenden Ministerium der Justiz bleibt wiederholt ohne Erfolg. Das Problem ist daher nicht, wozu sich der Deutsche Richterbund (DRB) versteigt, dass eine Ermittlungsbehörde diskreditiert werden soll, sondern die weiterhin ausstehende Antwort auf die Frage, wie es möglich sein kann, dass die Justiz mitunter bereits im Ansatz das Moment der Rationalität vermissen lässt.

    • Übrigens: Welch äußerst seltsame Blüten längst allfällige Bestrebungen treiben, die vornehmliche Aufgabe von Soziologen, „Garant strikter Wahrheit“ (Bourdieu, in: Ohnacker/Schultheis (Hrsg.), 2004: 128) zu sein, bis zur Unmöglichkeit zu erschweren, lässt schon daran erkennen, dass insbesondere deren Arbeitszeugnisse, die ihnen bescheinigen, auf dem Gebiet des Zentralbegriffs einer modernen Gesellschaft maßgeblich Leistungen zu erbringen, von Dritten flugs als vermeintliche Dokumenten-Fälschung ins Verhältnis gesetzt werden.

  • Wie geht es eigentlich Rainer Fuellmich?
    Er sitzt in Haft wegen angeblicher Unterschlagung, dabei ist das Geld nicht weg sondern noch da.

  • Ja ja, die Gerichte sind überfordert.
    Allein durch die Klagen der beleidigen Politiker, die natürlich erste Priorität haben…grins

  • Sind dabei auch sinnlose Strafverfahren, angestoßen durch Meldestellen wie Hate Aid?
    Die müssen ja Anzeigen schreiben, alleine aus Überlebenswillen.

  • Auch dieses Politisch unterwanderte System
    steht vor dem Kollaps !
    Ein Offenbarungseid !
    Aber so ist das in einer “ Demokratie Simulation “ eben !

  • Sind die übereifrigen Denunzianten-Stellen nicht mit dafür verantwortlich? Ihre Anzeigen werden allerdings wohl bevorzugt behandelt.

  • Wenn soviel Politiker versuchen, mit dem §188 ihr bescheidenes Einkommen aufzupeppen, sind die Gerichte im Freiluftzirkus Deutschland natürlich überlastet.

  • Wie war das jetzt mit dem RECHTSSTAAT?
    Hat der fertig?
    Wir schaffen das.

  • Naja ,die Majestätsbeleidigungen brauchen schon ihre Zeit um ein gerüttelt Strafmaß festzulegen ,gerade in einer Zeit wo NGO-Denunzianten sich eifrig bemühen für das zu Unrecht erhaltene Steuergeld auch dementsprechend zu liefern .

  • Keine Sorge, keine Sorge.
    Unsere allumsorgende Regierungskoalition hat die Lösung schon ausgearbeitet. Es fehlt noch der Beschluss.
    Es kann so einfach sein: Scharia!

    coming soon!

  • Nur noch jedes 16. Verfahren landet vor Gericht… und der 16. ist garantiert ein Deutscher ohne MiHiGru…

  • Dann so sich die Justiz vorrangig um die Akten Ali bis Baba kümmern!

  • „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“
    (Augustinus von Hippo)

    Deshalb benimmt sich der Staat gegenüber den Leistungserbringern und Rentnern
    In DE wie ein Wegelagerer beim Plündern.

    Bei den Tätern dagegen ist nichts zu holen. Sie vermasseln nur die Statistik der PKS
    und der Haftanstalten. Ist halt kein Ruhmesblatt, wenn es publik wird. So kann man
    noch ein wenig so tun als ob, wenn man ja sonst nichts tut. – außer, wie in der Ansprache des Herrn Merz, für die eigenen Sicherheit (zum Machterhalt)……

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