Sozialversicherung
Wie die Pflegereform an all ihren Zielen scheitert und die Finanzierungsprobleme der Versicherung verschärft
Seit Jahren ist die Pflegeversicherung chronisch unterfinanziert. Nun wollen Bund und Länder gegensteuern und eine umfassende Pflegereform auf den Weg bringen. Doch so werden sie weder die Finanzierungsprobleme lösen noch die Beitragssätze stabilisieren.
Seit Jahren schlägt sich die Pflegeversicherung mit Ausgabensteigerungen und Defiziten herum, die auch auf die Beitragszahler in Form massiv steigender Beitragssätze umgelegt werden. Bund und Länder meinen: Das soll ein Ende haben. Bis zum Jahresende wollen sie eine Finanzierungsreform umsetzen, um die hohe Kostenbelastung der Pflegeversicherung in den Griff zu bekommen. In der vergangenen Woche hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hierzu ein 47-seitiges Papier vorgelegt.
Doch die konkreten Vorschläge taugen kaum, um die Ziele zu erreichen. „Knackpunkt der Reform ist und bleibt eine nachhaltige Finanzierung des Systems“, erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bei der Vorstellung der Ergebnisse. Dem Ergebnispapier zufolge soll die Pflegeversicherung als Teilleistungssystem fortgeführt werden. Versicherte müssten demnach weiterhin Eigenanteile leisten. Bei der konkreten Ausgestaltung der Finanzierung herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit.
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Die Kommission hat keine hinreichend konkreten Maßnahmen vorgelegt, durch die sich der unaufhaltsam steigende Beitragssatz stabilisieren ließe. Dabei setzen die hohen Beitragssätze nicht nur Arbeitnehmer unter Druck, sondern auch Arbeitgeber: Der Faktor Arbeit wird verteuert, Unternehmensgewinne werden geschmälert – auch das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik wird so ausgebremst.
„Wer sich davon eine Perspektive für stabile Beitragssätze erhofft hat, wird enttäuscht“, heißt es in einer Mitteilung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), das die Ausgestaltung der bevorstehenden Pflegereform analysiert hat.
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Der erste Vorschlag der Arbeitsgruppe sieht vor, dass die gezahlten Leistungen der Pflegeversicherung künftig der Kostenentwicklung folgen sollen. Dies führt jedoch nicht zu einer finanziellen Entlastung der Pflegekassen. Im Gegenteil: Es erhöht die Ausgaben und sorgt damit erneut dafür, dass die Beitragssätze steigen, da die Pflegekassen ihre Mehrkosten auf die Beitragszahler abwälzen müssen, um wirtschaftlich zu bleiben. Diese Maßnahme löst das Ausgangsproblem somit nicht. Der einzige positive Effekt: Pflegebedürftige würden kurzfristig finanziell entlastet.
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Das IW geht letztlich davon aus, dass sich die Kostenbelastung sogar verschärfen und die Beitragssätze weiter ansteigen werden, sollte die Bundesregierung den Empfehlungen der Arbeitsgruppe folgen. Das Fazit der IW-Ökonomen: „Nach sechs Monaten Arbeit hinterlässt die Kommission damit vor allem Ernüchterung.“
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Mit der Kritik an der Pflegereform steht das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft nicht allein da. Auch aus den Reihen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) kommt deutlicher Widerspruch. Vertreter der Gewerkschaften hatten sich zuletzt öffentlich zu Wort gemeldet und grundlegende Zweifel an den Reformansätzen geäußert. Die anhaltenden Finanzprobleme der Pflegekassen könnten dem DGB zufolge durch die Einführung einer sogenannten Pflegevollversicherung angegangen werden. Dieses Modell sieht vor, dass sämtliche Bürger in das System einzahlen und im Gegenzug alle pflegebedingten Kosten vollständig übernommen werden. Eigenanteile würden entfallen.
Zusätzliche Einnahmen könnten entstehen, wenn künftig alle Einkommensarten beitragspflichtig wären. Dazu zählen Einkommen von Selbstständigen und Beamten ebenso wie Kapitalerträge. Zudem würde wohl die Beitragsbemessungsgrenze noch stärker angehoben werden. Auf diese Weise ließen sich die strukturellen Finanzierungslücken der Pflegekassen schließen und weitere Erhöhungen der Beitragssätze vermeiden. Letztlich wäre jedoch auch die Einführung einer Pflegevollversicherung keine Lösung. Dadurch würden vor allem Besserverdiener stärker zur Kasse gebeten, zudem würden auch Investitionen beitragspflichtig erfasst.
Dass die Pflegekassen in den vergangenen Jahren derart unter finanziellen Druck geraten sind, liegt unter anderem an den gestiegenen Ausgaben für höhere Pflegeleistungen sowie am zunehmenden Ungleichgewicht zwischen Beitragszahlern und Leistungsempfängern. Aktuelle Daten des Medizinischen Dienstes des Bundes verdeutlichen Letzteres.
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Demnach bezogen Ende 2024 rund 5,6 Millionen Menschen Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen damit nahezu verdoppelt. Hauptursache dieser Entwicklung ist der demografische Wandel, der das System zunehmend unter Druck setzt. Ein Ende dieser Dynamik ist nicht absehbar. Prognosen des Statistischen Bundesamts gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2055 auf bis zu 7,6 Millionen anwachsen könnte.
Die Konsequenzen des immer weiter auseinanderdriftenden Verhältnisses zwischen Einzahlern und Leistungsempfängern sind gravierend. Die Ausgaben der Pflegeversicherung haben sich innerhalb von zehn Jahren massiv erhöht: von rund 24 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf mehr als 59 Milliarden Euro im Jahr 2023. Die Einnahmenseite konnte mit diesem Kostenanstieg nicht Schritt halten, sodass die Pflegeversicherung zuletzt erhebliche Defizite verzeichnete.
Auch die Corona-Politik der Bundesregierung hat ein erhebliches Finanzloch in die Kassen der Pflegeversicherung gerissen. Während der Pandemie wurden der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) Mehrkosten für Maßnahmen wie Tests, Schutzvorkehrungen und Pflege-Boni auferlegt, die als versicherungsfremde Leistungen gelten. Krankenkassen wie die DAK argumentieren, dass diese Ausgaben – geschätzt auf bis zu 13 Milliarden Euro – verfassungswidrig aus Beitragsmitteln finanziert wurden, da es sich um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handelt, die aus Steuermitteln hätten bezahlt werden müssen. Bislang wurde nur ein Teil dieser Kosten ausgeglichen. Offene Forderungen belaufen sich weiterhin auf rund 6 Milliarden Euro (Stand: September 2024).
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Nun, wer behauptet den Mumpitz, daß „sich die Pflegeversicherung mit Ausgabensteigerungen und Defiziten herumschlägt“?
Der „Zauberspruch“ lautet: „Versicherungsfremde Leistungen“.
Wer eine Versicherung abschließt, ist „Versicherungsnehmer“ und die eingezahlten Prämien sind „Treuhandvermögen“.
Wenn die Versicherung dann vom Gesetzgeber verpflichtet wird, ungeachtet ihrer Zweckbindung, zusätzlich noch die Risiken zu übernehmen, die sich aus Jugendkriminalität, zerrütteten Ehen und Verkehrsunfällen ergeben, ist die Versicherung bald zahlungsunfähig.
Und das ist die aktuelle Situation der Pflegeversicherung, die nicht finanziell am Limit ist, weil so viele Pflegebedürftige da sind, sondern weil sie nicht nur von Leistungserbringern (Einzahlern) in Anspruch gnommen wird, sondern zunehmend von Leistungsbeziehern, deren Leistungsansprüche nicht gegenfinanziert sind.
Postscriptum:
Das Defizit der Pflegeversicherung ist nur ein „Echo“ – neben vielen anderen – des „Wir schaffen das!“ von der Hosenanzugstante aus Mecklenburg.
Aber niemandem wird doch etwas weggenommen!
Achtung: Satire
Mein Vorschlag, weniger für Waffen, Migranten und Klimagedöns ausgeben, dann hat man genug für Rentner, Pflegebedürftige, Kranke, Familien, Bildung, also das, was die Menschen wirklich benötigen.
Mein Mann und ich überlegen auch die ganze Zeit schon, was wir eigentlich falsch machen, da wir unser monatlich zur Verfügung stehendes Geld immer zuerst für uns und die Familie ausgeben, statt zuerst die Nachbarn und die fremden Leute auf der Straße zu versorgen! *zwinker*
Nur absolute asoziale Nazis denken zuerst an sich und ihre Familie.
Wie auch ich…
Tja, wer hätte gedacht, dass „asozialer Nazi“ irgendwann den Anklang von „nicht bekloppt“ bekommen würde…!
Der in § 2 Absatz 1 Satz 2 des Elften Sozialgesetzbuches erklärte Sinn der sozialen Pflegeversicherung ist, Maßnahmen zu ergreifen, die es ermöglichen, dass Hilfebedürftige zuvörderst ihre körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte wiedergewinnen. Offen bleibt dort allerdings, was dafür zu tun und zu lassen ist. Das heißt, dass auch völlig ungeeignete Dienste finanziert werden. Nähme insofern der Gesetzgeber eine Abgrenzung vor, wären nicht Unsummen der Gelder an etwas gebunden, das von vornherein keinen Nutzen stiftet. Es wäre ohnehin nicht das erste Mal, dass insbesondere hochgradig Pflegebedürftige sich fragen, wofür zuvor von ihnen mitunter über lange Jahrzehnte hinweg horrend Beiträge gezahlt wurden, wenn eine Besserung ihres Beschwer zusehends in unerreichbare Ferne rückt, sobald es darauf ankommt. Zumindest der Anspruch, die Würde des Menschen zu wahren, sieht sich dadurch geradewegs ad absurdum geführt.
Fachkräftemangel trotz Fachkräfte(?)- Einwanderung. Nehmen statt geben, das Ziel der Sozialleistungsempfänger auf Dauer. Steigende Steuerabgaben, steigende Staatsschulden, Weltrettungsfinanzierung auf hohem Niveau. Steigende Kriminalitätsraten, zunehmende Korruption, leben auf Kosten der zukünftigen Generationen. Ein Staat steht wenige Zentimeter am Abgrund. Eine Lösung: Es ist eine Minute vor zwölf und der Süden ist da wo die Sonne steht. Ab in den Süden, der Sonne hinterher. Über eine Million ist illegal im Land bei Vollpension auf Steuerzahlerkosten.
Nur eine Million? Eher wohl drei bis vier Millionen, mit Familiennachzug etc.!!!
Schon ein Blick auf die erbärmlichen Figuren der „politischen Elite“ macht mich wütend und rasend.
Welchem dieser absoluten Dilettanten würde jemand auch nur sein Sparschwein anvertrauen?
>>Die Pflegeversicherung hat die ersten drei Quartale des laufenden Jahres mit einem Defizit in Höhe von 550 Millionen Euro abgeschlossen, teilte der GKV-Spitzenverband in einer Stellungnahme für den Bundestag mit. << [INSM]
Das ist der Betrag, den wir in knapp 15 Tagen an die Ukraine verjuxen.
Die Zahl der Gründe für Leistungsträger auszuwandern, nimmt beständig zu. Bei so rückgratbefreiten Politikern ist die Hoffnung auf eine echte Lösung des Problems naiv.
Als nächste werden dann die Debatten zu einer Reichsfluchtsteuer 2.0 kommen, wetten?