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WDR-Recherche

Blamage für grünes NRW-Fluchtministerium: Behörde völlig ahnungslos über Abschiebe-Regeln

Eine Recherche des WDR scheint zu erklären, warum sich die NRWs Fluchtministerin Josefine Paul nach dem Attentat in Solingen so lange nicht äußerte: Ihr Ministerium scheint über wichtige Regeln rund um Abschiebungen nicht ausreichend informiert gewesen zu sein - obwohl das die „Kernaufgabe“ der Behörde ist.

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NRWs Fluchtministerin Josefine Paul - die Recherche des WDR könnte ihr Schweigen nach Solingen erklären

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Nach dem Terroranschlag in Solingen hat die Fluchtministerin des Landes NRW, Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen), in einer Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag am Donnerstag jede Schuld von sich gewiesen. Sie machte unter anderem ein „fehlerhaftes System“ und mangelnde Kooperationen anderer EU-Staaten dafür verantwortlich, dass Rückführungen scheitern – so wie im Fall des Solingen Attentäters.

Eine Recherche des WDR zeigt nun jedoch: Pauls Ministerium kannte sich bis zum Solinger Attentat offenbar überhaupt nicht mit wichtigen Regeln rund um das Asylsystem aus. Das geht laut dem Westdeutschen Rundfunk aus E-Mails hervor, die der Sender einsehen konnte.

Josefine Paul war erst vier Tage nach dem Attentat durch den Islamisten Issa al Hassan vor die Presse getreten – am Dienstag, dem 27. August, um 16 Uhr. Noch eine Stunde zuvor, so der WDR, schickte eine Mitarbeiterin von Pauls Behörde eine E-Mail an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Die Mitarbeiterin des Referats 523, der Abteilung für „Integriertes Rückkehrmanagement“, wollte in der Mail mit dem Titel „Dublin-Überstellungen“ wissen, ob die Bedingungen für Abschiebungen in Dubli-Fällen einfach vom betreffenden Staat vorgegeben werden. „Oder gibt/gab es hierzu Verhandlungen zwischen den MS und der BRD“, fragte sie laut WDR. 

Sie habe außerdem wissen wollen, ob es von Seiten des deutschen Staates  Aufnahmekriterien gebe, wenn ein anderes EU-Land „z.B. Bulgarien“ jemanden „zu uns überstellen will?“ Ob diese Regelungen äquivalent zu den anderer Staaten seien, habe sie ebenfalls wissen wollen. Die Mitarbeiterin sagte laut WDR, dass sich „Rückfragen ergeben“ hätten, „die durch mich nicht beantwortet werden können, sondern im Zuständigkeitsbereich des BAMF liegen“. 

Doch das sieht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge offenbar anders. Nach Informationen vom WDR sei man über die kurzfristige Anfrage verwundert gewesen. Die abgefragten Informationen würden eigentlich im Bereich der „Kernaufgabe“ des Ministeriums liegen. 

Dass die Mitarbeiterin des Fluchtministeriums NRW in ihrer Mail ausgerechnet auf Bulgarien bezieht, legt zusätzlich nahe, dass es konkret um den Attentäter von Solingen ging – und man überhaupt nicht wusste, wie mit ihm zu verfahren gewesen wäre. Issa al Hassan hat in Bulgarien das erste Mal EU-Territorium betreten – nach der Dublin-Verordnung hätte er auch dort seinen Asylantrag stellen müssen. Bulgarien waren zur Rücknahme des Mannes bereit, die deutschen Behörden versäumten die Rückführung jedoch (lesen Sie hier mehr). 

Der WDR konnte noch eine weitere Mail der Mitarbeiterin des Fluchtministeriums von Paul einsehen – mit dem Betreff „Vorgaben bei Dublin-Überstellungen“. Darin habe die Mitarbeiterin angegeben, „vor geraumer Zeit“ den zentralen Leitfaden zur Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit dem Bundesamt „zugesandt bekommen“ zu haben. Die Frau habe vom Adressaten ihrer Mail wissen wollen, „ob es sich um ein offizielles Dokument“ handelt. 

Auf Anfrage des WDR erklärte das Ministerium von Paul sein Verhalten damit, dass sich Überstellungsmodalitäten ändern könnten und man wissen wollte, ob der Leitfaden auch an andere Ausländerbehörden in NRW gegangen seien. Damit stellt sich die Frage: Ist sie unsicher, ob die fünf Zentralen Ausländerbehörden in NRW den Leitfaden überhaupt befolgen? Fest steht: Das Fluchtministerium, das „Rückkehrmanagement“, scheint seine „Kernaufgaben“ nur bedingt unter Kontrolle zu haben.

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