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„Was wir mühsam aufgebaut haben“: Der groteske Corona-Größenwahn der Alena Buyx

Ethikrat-Chefin Alena Buyx beklagt viel zu viel negativen „Spin“ im Rückblick auf die Coronapandemie. Sie will über Positives sprechen: Und betont, wie viel in der Pandemie super lief. Kritik sei oft „nur noch Getöse“.

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„Jetzt fangen Sie gleich mit Fehlern an. Okay – aber können wir auch über Positives sprechen?“ beginnt Alena Buyx das Interview mit dem Spiegel. Der hatte nach „ihrem größten Fehler in der Pandemie“ gefragt – weil es ja „ganz ohne Selbstkritik“ nicht ginge.

Die Professorin pflichtet bei: „Natürlich nicht, und das haben wir vom Ethikrat auch gemacht.“ Der Ethikrat habe sich „viel zu spät intensiver mit den Kindern und Jugendlichen befasst. Zwar habe ich in Talkshows und Interviews viel darüber geredet, auch als Mutter, wie fantastisch solidarisch Kinder und Jugendliche sich verhalten haben, und dass wir Älteren das zurückgeben müssen. Aber der Ethikrat hätte natürlich eine Empfehlung dazu schreiben sollen!“

Viel zu spät begreift Buyx die Maßnahmen-Realität

Hat er dann auch: Im Herbst 2022, ein halbes Jahr nach dem Ende der letzten Corona-Maßnahmen. „Viel zu spät“, beteuert Buyx. „Da hatten wir ein paar Hundert Schülerinnen und Schüler zu uns eingeladen. Und die haben dann mal erzählt, wie es ihnen in der Pandemie ergangen ist. Das war sehr berührend, im Guten wie im Schlechten.“

Bemerkenswert: Ein halbes Jahr nach dem Ende der Coronamaßnahmen gibt der Ethikrat eine Erklärung ab, dass man Kinder besser hätte schützen müssen – und meint damit: vor den Maßnahmen, nicht Corona. Weil sich der Ethikrat um Frau Professor Buyx dann mal echt mit jungen Menschen auseinandergesetzt hat. Die haben dann „mal erzählt“. Ein Realitätscheck für die deutsche Ober-Ethikerin, der erschreckenderweise nicht in den zweieinhalb Jahren seit März 2020 erfolgt ist. Dabei hat Buyx selbst zwei junge Söhne. Da wäre vielleicht noch Platz für ein, zwei Nachfragen gewesen.

Doch gefragt wird etwas anderes. Was Buyx „politisch beklagt“? „Dass das Impfen teilweise politisiert wurde, auch von Parteien. Das hat mich schockiert. Und dann noch die ganze Propaganda, Fake News aus dem Internet – all das ergoss sich in die seriöse Debatte und hat sie vergiftet.“

Der Spiegel führt ein sehr freundliches Interview mit der Professorin – und die nette Journalistin hilft ihr vielleicht ein wenig, als sie Buyx schnell zum „Medium eines rechten Verschwörungsanhängers“ befragt, welches „in RKI-Protokolle wilde Komplotte hineinzulesen“ versuchte. Buyx nimmt den Softball dankend an. „Ich glaube, dass allgemein negativen Narrativen zur Pandemie unangemessen viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde – und immer noch wird, wie man an dieser neuen Debatte erkennen kann.“ Die Aufregung um die Protokolle sei vor allem geprägt durch „wilde, unseriöse und negative Fehl- und Überinterpretationen“ meint Buyx, die auch „Spin“ von Medien beklagt.

Positiver Spin statt ehrlich-kritische Aufarbeitung

Sie will einen anderen Spin ansetzen – wie sie schon sagte, „über Positives sprechen“: Darüber, „dass diese Impfung eine großartige Menschheitsleistung ist! Dass sie die Pandemie beherrschbar gemacht, uns letztlich gerettet hat. In Dänemark, Neuseeland, Großbritannien waren sie so stolz auf ihre Impfkampagne, und entsprechend wurde darüber berichtet. Während medial bei uns teils hinten eingerissen wurde, was vorn mühsam aufgebaut worden war. Darüber habe ich mich manchmal geärgert.“ Damals wie heute: Wenn Medien mit dem falschen „Spin“ negativ über die Arbeit „bei uns“ berichten, dann ist das ein destruktives Hindernis, was Frau Buyx „ärgert“. Sie darf dann auch lange ausführen.

Übers Erinnern beispielsweise: Der Spiegel befragt die Professorin zu dem nachgewiesenen Phänomen, „dass die meisten Menschen sich systematisch falsch erinnern, wenn sie auf die Coronazeit zurückschauen. Sie biegen sich im Nachhinein ihre Überzeugungen von damals zurecht.“ Wieder pflichtet Buyx bei: „Wir wollen uns selbst erzählen können, dass wir schon immer recht hatten. Diejenigen, die damals von der Impfung und den Maßnahmen überzeugt waren, sind es heute noch mehr. Und die Zweifler, die Kritiker von Impfung und Maßnahmen, haben ihre Überzeugungen auch noch mal verschärft.“

Buyx meint, es gäbe „eine laute Gruppe“ von Kritikern, „die alles ganz schlimm fanden und im Nachhinein immer schlimmer finden.“ Die würden sich „jedes kleine Puzzleteilchen, jede windige Studie“ und „auf jede Fehlinformation, die da draußen über die Impfung unterwegs ist.“

Kritik „superwichtig“ – aber kein rechtes „Getöse“

Das sei nicht die Mehrheit, findet Buyx. Und auch Der Spiegel meint: „Die meisten Menschen möchten wohl einfach die Pandemie ad acta legen“. Buyx weiter: „Wir wissen aus Befragungen, dass zwei Drittel bis zu drei Viertel der Bevölkerung durch die Lockdowns, durch die härtesten Zeiten hindurch die Maßnahmen plus-minus angemessen fanden und auch fürs Impfen waren. Aber diese Mehrheit kümmert sich jetzt darum, wie sie mit der Inflation zurechtkommt, mit den fürchterlichen Kriegen und dem Terror auf der Welt. Und dann gibt es eben diese Gruppe…“ Aber Kritik sei trotzdem „superwichtig“, bekräftigt sie auf Nachfrage der Journalistin.

„Aber damit hat das teils nur noch wenig zu tun, da ist viel tendenziöse Quellenauswertung und leider zum Teil einfach nur noch Getöse.“ Sie bedaure es sehr, „dass uns als Gesellschaft ein Nachdenken, ein Heilen, Lernen und gemeinsames Verarbeiten der Pandemie ein Stück weit genommen wurde durch den Krieg in der Ukraine und all die anderen Krisen, die die Menschen existenziell beschäftigen.“ Allerdings waren Anstöße zu mehr Aufarbeitung von Frau Buyx seit 2022 nicht wirklich zu vernehmen.

Auch in „Corona-Expertenrat“ saß Buyx. „Warum gab es da keinen kritischen Rückblick?“ Buyx reagiert abwehrend: „Wir waren ein Ad-hoc-Beratungsgremium, am Ende hatten wir zwölf Stellungnahmen abgegeben. Und dann sollten wir evaluieren, was wir selbst vorher beraten hatten? Das passt doch nicht zusammen.“

Falls Sie verdrängt haben, was der „Expertenrat“ war: Dort saß die Ethikrat-Chefin auf Betreiben Karl Lauterbachs zusammen mit den damals großen Repräsentanten „der Wissenschaft“ – wie Merkels Lieblingsexpertin Melanie Brinkmann, dem damals fast mythisch-omnipräsenten Christian Drosten und der No-Covid-Ideologin Viola Priesemann, die einen Brutal-Lockdown nach australischem Vorbild einführen wollte. Auch Hendrik Streeck saß dort als ein relativ einsamer Vertreter von kritischeren Ansichten, und natürlich war auch RKI-Chef Wieler im Rat. Noch im April 2023 erarbeitete der „Expertenrat“ Stellungnahmen – und das relativ unkritisch. Fehler sieht sie nicht wirklich – und Der Spiegel fragt auch nicht weiter.

So viel war toll – aber da „redet kaum ein Mensch drüber“

Stattdessen: „Was macht es so schwer, heute ruhig und sachlich über die Coronazeit zu sprechen?“ Buyx beklagt dann, die Impfung und die Coronazeit würden „politisch instrumentalisiert. Die AfD, immer schon Maßnahmengegner, prügelt da jetzt drauf und bedient ihre Klientel, aber auch andere Akteure tragen diesen Blick zurück im Zorn in den politischen Raum. Noch mal, das ist durchaus verständlich, aber wenn wir diese Zeit wirklich ernsthaft und vernünftig aufarbeiten wollen, müssen wir auch auf die positiven Folgen schauen. Und dazu habe ich bisher noch fast nichts gesehen oder gelesen.“ Ihr fehlt – Sie wissen es – der positive Spin zur Coronazeit.

„Die Pandemie war wohl das traumatischste Ereignis im Leben der Deutschen seit dem Zweiten Weltkrieg“, entgegnet die Spiegel-Journalistin. „Was daran war gut?“ Und Buyx betont die „irrsinnige soziale Leistung“ der Deutschen in einer „Zeit, in der ich ständig, überall Leute habe zu Höchstleistungen auflaufen sehen. Ganz zu schweigen von der unglaublichen Solidarität für die Älteren, die Vulnerableren. Und zwar ohne Lob, ohne Talkshow-Berühmtheit, ohne dass irgendwer ein Treppchen hingestellt hat. Überall passierte das, in Betrieben, Schulen, Kitas, Geschäften, Behörden, im Gesundheitswesen. In meinem eigenen Team, in den Medien. Überall.“

Und weiter: „Mir geht es um Leute, die in die Verantwortung gegangen sind. Ein Beispiel: Zwei Jahre nach Pandemiebeginn war ich bei einer Veranstaltung mit Chefs größerer Unternehmen; alle waren geimpft, aber es gab eine neue, echte Herausforderung, nämlich: Wie machen wir Homeoffice gerecht möglich? Wie bekommen wir es hin, dass das fair läuft, dass die Arbeitnehmer diesen Schutz in Anspruch nehmen können und die Bedarfe der Unternehmen trotzdem erfüllt werden, Arbeitsprozesse nicht zusammenbrechen? Ich war tief beeindruckt, wie gut und wertschätzend da diskutiert und Lösungen gefunden wurden – lange bevor Arbeitsminister Hubertus Heil irgendwas dazu erlassen hat. All das ist auch geschehen, im Stillen, nur redet kaum ein Mensch darüber. Das ist einfach unter den Tisch gefallen.“

„Es gab viel mehr Positives als Negatives!“

„Wertschätzende“ Diskussionen und smarte, gerechte Homeoffice-Lösungen: Das sind die positiven Dinge, über die wie viel mehr sprechen sollten. Nicht immer nur negativ sein. Gut, fast alle Maßnahmen waren fragwürdig und viel war unnötig, aber wir haben alle zusammen das Homeoffice gerecht gestaltet. „Es gab viel mehr Positives als Negatives!“, ruft Buyx. Und auch das mit den Kindern und Jugendlichen hat sich ja wieder geradegebogen. Buyx meint: „Erfreulicherweise geht es den jungen Menschen inzwischen wieder besser.“

Also: Alles viel zu kritisch. Auch die Maßnahmenkritiker sind eigentlich auf dem Holzweg. „Klar, es gab die eine oder andere problematische Exekutivverordnung. Gegen Leute beim Spazierengehen, Jugendliche in Parks. Aber das war nicht die Regel. Der Rechtsstaat und unsere verfassungsrechtlich verbrieften demokratischen Prinzipien haben funktioniert, mit Beteiligung der Parlamente.“ Denn der Bundestag hat einmal im Jahr dem Ausnahme-Regime seinen Segen via pandemische Notlage erteilt. Das reicht für Buyx, um so ziemlich alles im Rückblick unproblematisch zu finden und zu relativieren. Eigentlich war alles gut – und „wenn falsche Erzählungen verbreitet werden, etwa dass Demokratie und Rechtsstaat versagt hätten, dann erodiert das Vertrauen in unser staatliches System“, warnt sie.

Das ist die Quintessenz des Gesprächs. Und die Chefin des Ethikrates bilanziert: „Wir müssen als Gesellschaft einfach mal aufhören mit diesem ständigen Fokussieren auf das, was gerade nicht gut läuft, das würde ich mir sehr wünschen.“ Mehr positiver Spin, mehr die gute Geschichte erzählen – und nicht zornig über alles sprechen, was schlecht lief. Wir haben viel tolles erreicht, viel „mühsam aufgebaut“ – und das sollten wir jetzt wertschätzen. So geht konstruktive Pandemiebewältigung – mit positivem „Spin“ im Sinne von Frau Buyx.

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