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Was die Berlin-Ergebnisse für Deutschland bedeuten – und was nicht

Bei der Wiederholungswahl zum Bundestag in Berlin unterstreichen über 500.000 Menschen die Stimmung im Land: Die Ampel verliert massiv, während insbesondere die AfD zulegt. Eine Analyse.

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Bei der teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl von 2021 in Berlin haben die Parteien der Ampel-Regierung leichte Verluste verzeichnet. CDU und AfD haben im Vergleich zur Wahl vor zweieinhalb Jahren deutlich dazu gewonnen.

Rechnet man nur mit den Ergebnissen in den neu wählenden Wahlbezirken, sind die Zahlen vor allem eine Klatsche für SPD und FDP. Während die Grünen ihr Ergebnis sogar leicht verbessern konnten, stürzen die Sozialdemokraten ab: Von 22,3 Prozent auf nur 14,7 Prozent. Die FDP verliert relativ am meisten, drittelt ihr Wahlergebnis: Statt über neun Prozent wählten nun nur noch 3,3 Prozent die kleinste Ampel-Partei.

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Die CDU gewann statt ursprünglich 13,7 jetzt 19,8 Prozent der Wählerstimmen. Die AfD verdoppelt sich fast, steigt von sieben auf 12,9 Prozent. Für die rechtskonservative Partei im linksliberalen Berlin ein Achtungserfolg. Die Message der Wahl ist klar: Berlin unterstreicht die Stimmung im Land mit einer Ampel-Absage.

Grünen-Minister mit Verzweiflungs-Spin

Das hindert manche nicht daran, die Ergebnisse in ihrem Sinne zu interpretieren. Berlins SPD-Vorsitzende Franziska Giffey sagte, der Sonntag lasse keine Rückschlüsse für kommende Wahlen zu. Es habe sich um eine „Ausnahmewahl“ gehandelt. Und Niedersachsens Grüner Umweltminister Christian Meyer interpretiert die Ergebnisse einfach um, vermischt die Nachwahlbezirke mit den Ergebnissen Rest-Berlins von 2021 und erklärt: „Die Berlin-Wahl heute war KEIN Erfolg für die NoAfD oder die CDU. SPD und Grüne weit vorn.“ Dazu schreibt er: „Wir sind die Brandmauer“.

Doch auch grün-niedersächsisches Wunschdenken und Verzweiflungs-Spins können die Realität nicht vernebeln: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Dass die Grünen in ihrer Hochburg Berlin keine so starken Verluste einfahren mussten – geschenkt. Ohnehin hält sich die Partei ja laut Umfragen aktuell auf ihrem stabilen Wählerkern konstant bei circa 13 Prozent. An der Ampel-Klatsche, die mit Sicherheit auch wegen grüner Politik erfolgte, ändert das nichts. Auch die Grünen verloren Wähler – wegen der geringeren Wahlbeteiligung. Eine ihrer Politikerinnen, Landesvorsitzende Nina Stahr, fliegt sogar aus dem Bundestag.

Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner will es sich ebenfalls nicht nehmen lassen, die Ergebnisse in seinem Sinn zu interpretieren. Großspurig erklärt er, das starke CDU-Ergebnis sei eine Bestätigung seiner „guten“ Regierungsarbeit in Berlin. Wie gut seine Arbeit wirklich ist, sei hier mal dahingestellt – auf die Wahlwiederholung wird sie so oder so kaum Einfluss gehabt haben. Die Union steht auch in den bundesweiten Umfragen deutlich besser als bei der Wahl 2021 dar.

AfD-Erfolg in der linken Großstadt

Vor allem über das Ergebnis der AfD wird zu reden sein. Die Rechten verdoppeln sich fast – und das in Berlin, der Stadt, die zuletzt sicher Hauptschauplatz der Großdemos „gegen Rechts“ war. Wieviel stärker das AfD-Ergebnis ohne diese massive Mobilisierung der letzten Wochen gewesen wäre, weiß man nicht – es wäre Kaffeesatz-Leserei, darüber zu spekulieren. Aber das Ergebnis zeigt, dass die Strahlweite der großen Aufmärsche von Regierung, NGOs und Co. eben begrenzt ist – selbst in einer Stadt wie Berlin. Die AfD hat sich ein Stück weit gegen den stetigen Beschuss ihrer Gegner immunisiert. Das geht teilweise so weit, dass selbst die in den sogenannten „Reichsbürger-Putsch“ verwickelte und aktuell in Haft sitzende Birgit Malsack-Winkelmann 2000 Wähler in Westberlin von sich überzeugen konnte.

Für SPD und FDP hingegen ist das Ergebnis ein weiterer Schlag in die Magengrube – wobei bei den Wahlen in Ostdeutschland und der Europawahl ja demnächst noch diverse solcher Schläge anstehen dürften. Im Willy-Brandt- und im Hans-Dietrich-Genscher-Haus dürften, müssten jetzt die Alarmglocken schrillen. Der FDP bleibt keine andere Möglichkeit, als die Konfrontation mehr mit den eigenen Koalitionspartnern zu suchen – auch, wenn das nach bald drei Jahren Ampel nicht mehr glaubhaft ist. Die SPD kann das nicht – die Kanzlerpartei wird ja schlecht Opposition gegen den Kanzler machen können.

Sicher ist: Die Wiederholungswahl in Berlin hat die politischen Trends der ganzen Republik unterstrichen und verstärkt. Mitte-Rechts ist gestärkt, die Linkskoalition von Scholz geschwächt. Das Ampel-Hickhack der Regierenden untereinander wird nun an Fahrt aufnehmen. Und die Politiker- und Parteienverdrossenheit steigt: Die Wahlbeteiligung war so schlecht wie noch nie bei einer Bundestagswahl in Berlin. Das sollte von Union bis zu den Grünen allen zu denken geben.

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