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Türkischer Rechtsextremismus

Vorzeige-Absolvent der staatlich finanzierten Imam-Ausbildung zeigt sich mit Graue Wölfe-Symbolik

Das Bundesinnenministerium finanziert ein Pionierprojekt des Islamkollegs Deutschlands zur Ausbildung weltoffener Imame. Nun ist der Vorzeige-Absolvent, der sich schon mit zwei Bundespräsidenten traf, mit Symbolen der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ aufgetreten.

Screenshot von der Website des IKD, Bild von Ender Cetin

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Inmitten der Diskussionen um türkischen Nationalismus in Deutschland gerät der Berliner Imam Ender Cetin in die Kritik. Er hatte am vergangenen Samstag an einem Aufmarsch türkischer Fußballfans, die sich im Vorfeld des Viertelfinalspiels gegen die Niederlande versammelten, teilgenommen. Dabei trug Cetin ein T-Shirt, auf dem Symbole der türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zusehen waren, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das Brisante dabei: Cetin ist nicht irgendein Imam. Er ist einer der ersten Absolventen der vom Bundesinnenministerium finanzierten deutschen Imam-Ausbildung.

Hier zu sehen: Imam Cetin, absolvent der deutschen Imamausbildung, in einem T-Shirt mit Symbolik der Grauen Wölfe

In einem Video, das in den sozialen Medien kursiert, sieht man Ender Cetin in einem schwarzen T-Shirt mit alttürkischen Runen und einem weißen Halbmond und Stern. Laut Verfassungsschutz stellen Anhänger der „Grauen Wölfe“ häufig diese sogenannten Orchon-Runen zur Schau – es ist das Wort „Türk“. Häufig sieht man es auf fiktiven Landkarten des von den Grauen Wölfen angestrebten homogenen „Großtürkischen Reiches“. Es soll den Namen „Turan“ tragen und vom Balkan bis nach Westchina reichen. Bis nach Europa sollen nach der Ideologie der Grauen Wölfe dann alle Türkisch sprechen und unter der Drei-Halbmond-Flagge vereint werden. 

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Auf Anfrage der Bild erklärte Cetin, dass ihm die Bedeutung des T-Shirts durchaus „bewusst“ sei. Die alte türkische Schrift gehöre zu seinem „Interessengebiet in der Forschung“. Er betonte weiter, dass die Symbolik „in keiner Weise in irgendeiner Form politisch oder extremistisch zu interpretieren“ sei und dass es sich bei dem Shirt um ein Geburtstagsgeschenk gehandelt habe.

Das Islamkolleg Deutschland

Ausgebildet wurde Cetin von dem Pionierprojekt des Islamkollegs Deutschlands (IKD). Das staatlich geförderte Projekt soll in Osnabrück unabhängig von türkischen Islamverbänden deutsche Imame ausbilden. Gefördert und finanziert wird das Projekt durch Faesers Bundesinnenministerium, sowie dem SPD-geführten niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Laut eigenen Angaben will das IKD durch das Imamseminar „deutschlandweit seinen Absolvent*innen akademisch fundierte und standardisierte praxisrelevante Lehrinhalte und Kompetenzen in deutscher Sprache vermitteln.“ Weiter erklärt man, dass man mit diesem Seminar „eine seit Langem vorhandene Lücke im muslimischen Leben und in deutschen Moscheegemeinden“ schließen will.

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Die Ausbildung erfolgt in „Kooperation mit islamischen Theolog*innen deutscher Universitäten“. Weiter heißt es, dass eine „engen Kooperation mit internationalen muslimischen Ausbildungseinrichtungen auch die Zusammenarbeit mit christlichen Priesterseminaren, Vikariaten und jüdischen Rabbinerseminaren angedacht“ sei. Laut dem IKD umfasst die Imamlehre Inhalte wie „Predigtlehre“, „Koranrezitation“, „Seelsorge“, „Politische Bildung“, „Gottesdienstliche Praktiken“, „Gemeindepädagogik“ und „Soziale Arbeit.“

Die „Grauen Wölfe“

Der Verfassungsschutz geht von etwa 12.100 Personen in Deutschland aus, die den „Grauen Wölfen, auch „Ülkücü“-Bewegung, und ihrer Ideologie zuzuordnen sind. Sie sind türkisch-nationalistische Rechtsextremisten und glühende Antisemiten.

Die drei größten Dachverbände in Deutschland sind die „Türk Federasyon“, „ATIB“ und die „Föderation der Weltordnung in Europa“.

Gegenüber dem Tagesspiegel äußerte sich Bülent Uçar, wissenschaftlicher Leiter des Kollegs, irritiert über Cetins Auftritt: „Wir bemühen uns sehr um eine sorgfältige Auswahl der Personen, die am Islamkolleg ausgebildet werden. Bislang sind es um die 150 bis 200 – da kann es durchaus vorkommen, dass wir nicht alles von einem Menschen wissen.“ Das IKD kann demnach also nicht ausschließen, dass sich auch radikale Islamisten unter ihren Imamen befinden.

Auf Anfrage des Tagesspiegels erklärte das Innenministerium, dass man „die Hinweise sehr ernst“ nehmen würde. Das Ministerium plane, gegebenenfalls den „Auswahlprozess der Auszubildenden anzupassen und/oder die Ausbildung in Absprache mit dem IKD neben bestehenden Inhalten unter anderem zu Antisemitismus und islamistischem Extremismus um die Themen Rechtsextremismus und Ultranationalismus zu erweitern“.

Ender Cetin ist bereits mit zwei Bundespräsidenten aufgetreten – mit Frank-Walter Steinmeier und Christian Wulff. Er war Teil des ersten Abschlussjahrgangs des vom Bundesinnenministerium und dem Land Niedersachsen finanzierten staatlichen Ausbildungsgangs. Im vergangenen September erhielt Cetin sein Zertifikat für die Imam-Ausbildung – ein Ereignis, das der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff als „historischen Tag“ bezeichnete.

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