Haldenwang muss die Füße stillhalten – zumindest sichert er das der AfD zu. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat eine Erklärung unterzeichnet, nach der er die öffentliche Kommentierung des AfD-Europaparteitages und der dort gewählten Kandidaten einstellt. Im bisherigen Verlauf hatte der Behördenleiter nämlich quasi Live seine Meinung zu den Kandidaten kundgetan – und die fiel natürlich negativ aus. Die AfD mahnte ihn deswegen anwaltlich ab – mit Erfolg.
Erneut hat die AfD damit eine rechtliche Auseinandersetzung mit Haldenwangs Bundesamt gewonnen: Schon 2021 war die AfD gegen den Verfassungsschutz erfolgreich gewesen. Damals war dem Amt gerichtlich untersagt worden, die Partei öffentlich als „Verdachtsfall“ zu bezeichnen – dadurch werde in unvertretbarer Weise in die Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen, urteilte das Verwaltungsgericht Köln damals. Der Verfassungsschutz habe Informationen über eine solche Einstufung trotz anders lautender Zusicherungen durch Durchstechen an die Medien Publik gemacht, heißt es in dem Urteil weiter.
Geheimdienstchefs, die die Politik lenken wollen, sind gefährlich
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes war richtig: Haldenwang hatte seine Macht als Amtschef zur politischen Einflussnahme missbraucht. Denn allein die öffentliche Bezeichnung als „Prüffall“ ist ein scharfes Schwert und de facto eine Vorverurteilung. Dass eine Prüfung formal keine Entscheidung über Verfassungstreue oder – untreue des oder der Beobachteten ist, ist dabei völlig egal: In den Augen der Öffentlichkeit kommt sie bereits einer Einstufung als Extremistisch gleich. Für die Einstufung als „Verdachtsfall“ gilt das im erhöhten Maße. Ist eine Partei ein „Verdachtsfall“, bedeutet das insbesondere für Staatsbedienstete wie Soldaten und Polizisten, dass etwaige Mitgliedschaften zum Problem werden können. Aber nicht nur für die: Wer will schon Mitglied einer Partei sein, die extremistischer „Verdachtsfall“ ist? Dann ist man es doch quasi gleich selbst. Das Urteil war daher ein gutes Zeichen für den Rechtsstaat: Ein Behördenleiter darf durch seine Funktion als Geheimdienstchef keinen solchen Einfluss auf die Politik nehmen.
Das versuchte Haldenwang zum Europaparteitag der AfD jetzt erneut – und musste erneut zurückstecken. Und das auch zurecht: Thomas Haldenwang ist kein Politkommentator. Zu seinen Aufgaben gehört es nicht, Vorgänge quasi live einzuordnen und zu bewerten. Man darf überhaupt bezweifeln, dass jede von Haldenwangs Äußerungen durch das geballte Wissen des Verfassungsschutzes gestützt ist. Manches klingt eher wie die daher erzählte Meinung eines Privatmannes. Warum, fragt man sich, geht der Amtschef wieder so ein Risiko ein? Er wusste sicherlich noch, wie ähnliches Verhalten ihn bereits 2021 blamiert hatte. Aber Haldenwang scheint so von missionarischem Eifer durchtrieben zu sein, dass es ihm schlicht egal ist. Er will unbedingt gegen die AfD schießen – und wenn es sein Amt die Glaubwürdigkeit und Legitimität kostet.
Da ist Haldenwang nicht der Einzige: Auch sein Kollege Stephan Kramer, Chef des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, machte jüngst wieder von sich reden, nachdem bekannt wurde, dass er persönlich die Beobachtung von Hans-Georg Maaßen vorbereiten lässt (Apollo News berichtete). Der Thüringer Landesverfassungsschutz wird seit Jahren heftig dafür kritisiert politisch motiviert zu agieren: Das liegt vor allem an seinem Chef.
Stephan Kramer: Einflussnahme und Entmenschlichung
Stephan Kramer war und ist Mitglied im Stiftungsrat der umstrittenen Amadeu-Antonio-Stiftung. Die hat nicht nur klar erkennbare Schlagseite nach Links, sondern wurde auch von einer Frau begründet, die früher selbst für einen Geheimdienst tätig war – nämlich die Staatssicherheit der DDR. Allein diese Anrüchigkeit hätte Kramer eigentlich politisch disqualifizieren müssen. Die Rot-Rot-Grüne Regierung unter Führung der Linken sah darin aber kein Problem. Kramers Amtsführung war dann, so könnte man meinen, geliefert wie bestellt: Interne Mails des damaligen Referatsleiters für Rechtsextremismus untermauerten 2019, dass Kramer politischen Einfluss nahm. Bei der Einstufung der Thüringer AfD als Prüffall sei das fachlich zuständige Referat für Rechtsextremismus auf ausdrückliche Weisung Kramers übergangen worden, heißt es darin. Für Kramer ist über ein Fünftel der Deutschen „brauner Bodensatz“, weil so viele laut Umfragen AfD wählen. Menschen, die als nicht Wertvoll erachtet werden – Pack, Abfall, Dreck. Sprache der Entmenschlichung, die, würde sie aus dem Munde eines Björn Höckes kommen, wahrscheinlich Anlass für aufgeregte öffentliche Äußerung desselben Stephan Kramers wäre. Man will gar nicht anfangen, darüber nachzudenken, wann deutsche Behörden und Geheimdienste zuletzt in diesen Sprachbildern unterwegs waren. Der Verfassungsschutz delegitimiert sich so selbst.
Solche Präsidenten sind für ein Amt, das ohnehin kritisch beäugt wird, indiskutabel und verheerend. Der Verfassungsschutz steht unter hohem Legitimationsdruck, und das nicht erst seit dem NSU-Desaster oder dem Dank des Verfassungsschutzes gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD. Seine Tätigkeit findet in einem schwierigen Spannungsfeld statt: Sein Agieren ist per se politisch, muss aber gleichzeitig überparteilich und ohne eigene politische Agenda von Statten gehen. Die Chefs des Verfassungsschutzes sind politische Beamte, haben Parteibücher und sind dem Innenministerium gegenüber Weisungsgebunden, müssen aber den Eindruck vermeiden, Befehlsempfänger von Politikern und Parteien zu sein. Ein Drahtseilakt. Haldenwang und Kramer zeigen, dass sie diesen Balanceakt nicht vollführen können. Beide fallen links über.
Der Verfassungsschutz begibt sich auf das Niveau einer politischen Stiftung herab
Damit fügen beide ihren Ämtern irreparablen Schaden zu. Gegner des Verfassungsschutzes argumentieren schon seit Jahren, die Behörde sei für ihre Aufgabe ungeeignet: Immer wieder bezeichnet zum Beispiel die AfD den Verfassungsschutz als eine Art Kettenhund der Regierung, der auf die unbequeme Opposition losgelassen wird. Wenn beim Inlandsgeheimdienst dann offenbar politisch voreingenommen agiert wird – wie soll man der AfD dann noch vorwerfen können, sie habe Unrecht? Wenn der Präsident des Bundesverfassungsschutzes der extremistischen „Letzten Generation“ gleichzeitig quasi einen Persilschein ausstellt und ihnen völlige Unbedenklichkeit bescheinigt, wird vor aller Öffentlichkeit ein eklatantes Ungleichgewicht offensichtlich – und der Verfassungsschutz begibt sich auf das Niveau einer politischen Stiftung herab.
Was Haldenwang und Kramer machen, ist kaum noch verfassungsschützende Geheimdienstarbeit und immer mehr politischer Aktivismus. Damit delegitimieren sie ihr Amt, ihre Behörde, die staatlichen Organe. Sie sind Delegitimierer des Staates. Vielleicht nicht in dem Sinne, in dem der Verfassungsschutz diese Kategorie 2021 eingeführt hat – dennoch untergraben sie das dünne Legitimationsfundament, auf dem ihre gesamte Arbeit fußt.
Das ist wirklich eine äußerst bedenkliche Entwicklung. Dass Gestalten wie Kramer oder Haldenwang in solche Positionen kommen, wirkt in der Tat politisch gewollt.
Mal wieder ein sehr kluger Kommentar von Max Roland.
Für Männer wie Haldenwang oder Habarth ist das GG eine Art Staatsfolklore – wie ein Märchenbuch, welches einem die Mama abends zum Einschlafen vorliest, das die Welt Gut und Böse aufteilt und letztlich keinen verbindlichen Charakter hat.
Euer Artikel ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt und geht weit über den erlaubten Anschauungskorridor hinaus. Nächste Woche erhaltet ihr Post, daß Apollo als BfV-Verdachtsfall unter Beobachtung gestellt wurde.
Aber die AfD ist eine durch und durch rechte, rechtsextreme Partei. Es gibt ja mittlerweile eine ganze Latte an klaren gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen.
Die die betroffenen AfD Politiker auch gar nicht in Frage stellen, oder prüfen lassen.
Insofern hat Haldenwang doch mit seiner Einschätzung nachweislich recht, oder nicht?