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Nach Wahl

Österreichs Bundespräsident Van der Bellen könnte FPÖ-Regierung verhindern

Österreichs Bundespräsident Van der Bellen könnte nach dem FPÖ-Wahlsieg mit einer demokratischen Tradition brechen. Anstatt der stärksten Fraktion den Regierungsauftrag zu erteilen, verlangt er, dass die Parteien jetzt ihn überzeugen müssen – nicht die Wähler, die schon gesprochen haben.

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Eisige Stimmung: Herbert Kickl wird 2017 von Bundespräsident Van der Bellen als Innenminister angelobt

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In Österreich war es – wie auch in Deutschland – bisher stets demokratische Tradition, dass nach einer Wahl die stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Nach der Nationalratswahl 2024 soll mit dieser Tradition gebrochen werden. Der Grund: Erster ist diesmal die FPÖ von Herbert Kickl geworden.

Erstmals in ihrer Geschichte wird die rechte Partei zur stärksten Kraft im Nationalrat. Massiv von den Wählern abgestraft wurde die regierende Koalition aus ÖVP und Grünen. Wahlverlierer ist auch die SPÖ, die abgeschlagen Dritte wurde. Und trotzdem könnte sich bald eine „Verlierer-Koalition“ bilden.

Bereits vor der Wahl hatte sich unter den anderen Parteien eine „neue Brandmauer“ gegen eine Zusammenarbeit unter FPÖ-Chef Herbert Kickl formiert. Jetzt, nachdem die FPÖ tatsächlich stärkste Kraft wurde, zeichnet sich damit eine komplizierte Regierungsbildung ab. Rechnerisch möglich ist eine FPÖ-ÖVP-Koalition, wobei die ÖVP eine Zusammenarbeit mit Kickl als Bundeskanzler oder Minister bisher ablehnt. Alle anderen Parteien haben eine Koalition mit der FPÖ prinzipiell ausgeschlossen.

Für eine Mehrheit mit einem Sitz reicht es für eine „große Koalition“ aus ÖVP und SPÖ – es wäre eine Koalition der Wahlverlierer. Die Grünen und allen voran die NEOS könnten für eine stabilere Mehrheit eine Rolle in möglichen Gesprächen spielen.

Eine entscheidende Rolle bei der Bildung einer Regierung spielt jetzt vor allem Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Der ehemalige Grünen-Politiker hat bereits im Vorfeld der Wahl angekündigt, dass er der FPÖ nicht automatisch den Regierungsauftrag erteilen würde, selbst wenn sie stärkste Kraft wird. Es war in Österreich stets demokratische Tradition, dass die stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. In seiner Rede nach dem Wahlsieg der Freiheitlichen erklärte er diesen Grundsatz kurzerhand für unerheblich.

So verglich er den Prozess der Regierungsbildung mit einem Hochsprung: „Die Latte liegt bei 50 Prozent Mandatsmehrheit im Parlament. Nicht 40, nicht 10, auch nicht 49,5, nein 50 Prozent“. Da keine Partei diese Hürde allein genommen habe, sei es nun an der Zeit, aufeinander zuzugehen und miteinander zu reden, um „gute, beständige Kompromisse zu finden.“ Nicht die Wähler müssen von den Parteien bei der Wahl überzeugt werden. Stattdessen müsse man potenzielle Partner und auch ihn persönlich „überzeugen“, so Van der Bellen. Er fügte hinzu: „Nur wer es schafft, genügend Unterstützung zu bekommen, um da drüber zu kommen, kann regieren. Und wer es aus eigener Kraft nicht schafft, […] muss nun andere überzeugen.“

Van der Bellen kündigte an, dass er in der kommenden Woche Gespräche mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien führen werde. Dabei gehe es darum, „auszuloten, wer mit wem kann“. Der Prozess könnte Zeit in Anspruch nehmen, diese aber sei „gut investiert“. Er werde „mit bestem Wissen und Gewissen“ darauf achten, dass bei der Regierungsbildung die „Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie“ respektiert werden. Dann gibt er vor, wie eine künftige Regierung auszusehen habe. Zu seinen „Grundpfeilern“ zählte er neben Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Menschenrechten auch die EU-Mitgliedschaft.

In einem ORF-Interview machte er unlängst klar, dass er „eine antieuropäische Partei, eine Partei, die den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verurteilt, nicht durch meine Maßnahmen noch befördern“ werde. Van der Bellen betonte auch, dass die Kanzler-Ernennung in seiner „höchstpersönlichen Entscheidung“ liege und er dabei nur seinem Gewissen verpflichtet sei.

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