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Afghanistan

Neues Taliban-Gesetz: Frauen dürfen nicht mehr miteinander sprechen

Nachdem die Taliban Frauen im August bereits das Sprechen in der Öffentlichkeit verboten hat, wird diese Regelung jetzt auf den privaten Raum ausgeweitet. Künftig sollen Frauen zudem nicht reden dürfen, wenn anderer Frauen anwesend sind.

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Frauen werden in Afghanistan zunehmend sozial isoliert. Jetzt dürfen sie nicht einmal mehr miteinander sprechen.

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In Afghanistan sollen Frauen künftig nicht mehr miteinander reden. Das geht aus den Ankündigungen des „Ministers für die Förderung der Tugend und die Prävention von Unarten“, Khalid Hanafi, hervor. Bereits Ende August hatten die Taliban Frauen untersagt, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Dieses „Tugendgesetz“ wurde jetzt auch auf den privaten Raum ausgeweitet. Bei Verstößen drohen Geld- und Haftstrafen.

„Es ist erwachsenen Frauen verboten, Verse aus dem Koran zu rezitieren oder Gebetsverse in der Gegenwart anderer Frauen aufzusagen. Sogar Lobpreisungen Gottes sind nicht erlaubt“, erklärte Hanafi. Grundlage für diese Regelung ist das generelle Sprechverbot von Frauen miteinander. „Warum sollten Frauen singen dürfen, wenn sie sich nicht einmal gegenseitig hören dürfen?“, meinte Hanafi in einer Sprachnachricht weiter.

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Der Minister legte daher fest: „Selbst wenn eine erwachsene Frau betet und eine andere Frau vorbeikommt, darf sie nicht so laut beten, dass diese sie hören könnte.“ Der Grund für das Sprechverbot: Die weibliche Stimme gehöre zur „Aurah“, also zu jenen körperlichen Merkmalen, die bedeckt werden müssen, sagte Hanafi. Weitere Details und in welcher Form die Taliban die neuen Regelungen umsetzen, sind nicht bekannt. Der Minister teilte lediglich mit, dass das Sprechverbot „schrittweise umgesetzt“ werde. Und „Gott wird uns bei jedem Schritt helfen“, erklärte Hanafi.

Gegenüber Newsweek erklärte das Ministerium, das Verbot sei Teil einer Kampagne, mit der die „öffentliche Wahrnehmung“ von „göttlichen Regeln“ für weibliches Verhalten geformt werden solle. Frauen werden seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 immer mehr sozial isoliert: Das Recht auf Bildung, Arbeit und Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum wurde ihnen entzogen. Darunter fallen beispielsweise Hochschulbesuche und das Fahren eines Autos. Auch sportliche Betätigung oder Auslandsreisen sind verboten.

Die einschneidenden Maßnahmen haben in Afghanistan eine Angststimmung erzeugt. Internationalen Medienberichten zufolge soll die Suizidrate unter Frauen nach der Einführung des Verbots Ende August erheblich gestiegen sein. In dem vor zwei Monaten erlassenen „Tugendgesetz“ wurde das Sprachverbot mit der „verführerischen und provozierenden Wirkung“ der weiblichen Stimme auf Männer gerechtfertigt.

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Internationale Beobachter und Experten befürchten die Entstehung einer geschlechtsbezogenen „Apartheid“. Die Gruppierung hatte nach der Machtübernahme infolge des internationalen Truppenabzugs 2021 zunächst erklärt, auch Frauen dürften mit Freiheiten rechnen.

Passiert ist das Gegenteil. Während die Gesetze in Afghanistan immer radikaler werden, ziehen sich westliche Länder von Maßnahmen zurück. Auch diplomatische Beziehungen werden größtenteils abgelehnt. Die afghanische Botschaft in Berlin und das Konsulat in Bonn, die noch in der Zeit vor der Taliban-Machtergreifung besetzt worden waren, möchten nicht mit der Gruppierung zusammenarbeiten – das Konsulat in München hingegen schon.

Hintergrund: Die Taliban haben im August angekündigt, nur noch Papiere von Auslandsvertretungen anzuerkennen, die mit der Gruppierung zusammenarbeiten. Da viele der knapp 500.000 Afghanen, die sich derzeit in Deutschland befinden, Familie und Verwandte in dem südasiatischen Land haben, ergibt sich daraus eine schwierige diplomatische und bürokratische Situation. Derzeit agieren die afghanischen Konsulate in Deutschland in einer Grauzone. Wie es weitergeht, ist schwer abzusehen.

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