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Kanada

Neues Gesetz gegen „Hassrede“: Schon bei Verdacht auf künftiges Vergehen droht Gefängnis

Die kanadische Regierung will ein neues Gesetz gegen Hassverbrechen durchsetzen. Brisant: Bereits der Verdacht auf ein zukünftiges Vergehen soll bestraft werden können - sogar mit Gefängnis.

Die kanadische Regierung will mit einem neuen Gesetzentwurf mit drakonischen Strafen gegen „Hassrede“ vorgehen

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Kanada will mit drakonischen Strafen gegen Hatespeech im Internet vorgehen. Ein neuer Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass bereits der Verdacht auf ein zukünftiges Hassverbrechen rechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Haftstrafe zur Folge haben kann. Das Gesetz, das den Namen „Online Harms Act“ oder Bill C-63 trägt, wurde bereits im Februar von der kanadischen Regierung vorgelegt. Im Herbst soll über seine Verabschiedung entschieden werden.

Im Zuge des Online Harms Act sollen die Paragrafen 318 und 319 des kanadischen Strafgesetzbuches geändert werden. Wer öffentlich zu Hass aufstachelt, soll so künftig mit bis zu fünf Jahren Gefängnis anstatt bisher zwei Jahren bestraft werden können. Auch soll ein neuer Straftatbestand geschaffen werden: Wer eine nach dem „Criminal Code” strafbare Handlung begeht, zum Beispiel Vandalismus, und dabei von Hass motiviert ist, soll sogar lebenslang ins Gefängnis kommen können. Das wird als Hassverbrechen bezeichnet. 

Im neu formulierten Paragrafen 320 des Strafgesetzbuches soll (auf Deutsch übersetzt) wörtlich stehen: „Jeder, der eine Straftat nach diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz des Parlaments begeht, wenn die Begehung der Straftat durch Hass aus Gründen der Ethnie, der nationalen oder ethnischen Herkunft, der Sprache, der Hautfarbe, der Religion, des Geschlechts, des Alters, einer geistigen oder körperlichen Behinderung, der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks motiviert ist, macht sich einer strafbaren Handlung schuldig und wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.“

Besonders brisant: Der Gesetzesentwurf soll erstmals die Möglichkeit schaffen, eine durch vermeintliche Hasspostings aufgefallene Person präventiv zu bestrafen, noch bevor diese tatsächlich ein Hassverbrechen begangen hat. Konkret sollen Bürger die Möglichkeit erhalten, andere Personen mit Zustimmung eines Generalstaatsanwalts bei einem zuständigen Richter zu melden. Sieht der Richter den Umstand als gesichert an, dass die andere Person ein Hassverbrechen begehen könnte – selbst wenn sie bisher nicht verurteilt war – kann der Richter verschiedene Maßnahmen anordnen, die der Prävention dienen sollen. 

Dazu kann das Verordnen einer Fußfessel, aber auch Kontaktverbot sowie die Einschränkung der Reisefreiheit gehören. Diese Maßnahmen können bis zu einem Jahr gelten. So soll vorgeblich verhindert werden, dass es überhaupt erst zu Straftaten kommt. Weigert sich die beschuldigte Person, den Auflagen zu folgen, droht bis zu einem Jahr Gefängnis. 

Konkret können Personen gemeldet werden, bei denen nur  „die Befürchtung” (Original: „fear”) besteht, dass sie nach Paragraf 318 des Strafgesetzbuches zum Genozid aufrufen oder sich nach Paragraf 319 (2.1) öffentlich antisemitisch äußern könnten. Es können jedoch auch Personen von der gerichtlich angeordneten Überwachung betroffen sein, denen zugetraut wird, ein Hassverbrechen nach Paragraf 320.1001 zu begehen. In diesem werden auch Hassverbrechen gegen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung, sexuellen Identität oder Religionszugehörigkeit miteinbezogen.

Ein Richter muss dann überprüfen, ob genügend Hinweise für den Verdacht auf ein zukünftiges Verbrechen bestehen, sodass vorbeugende Maßnahmen angeordnet werden können. Nach welchen Kriterien die Richter genau darüber entscheiden sollen, ob ein Verdacht begründet ist, geht aus dem Gesetzesentwurf nicht hervor.

Der Gesetzesentwurf muss noch vom kanadischen Unterhaus bestätigt werden. Die zweite Lesung ist für den September geplant. Sollte der Entwurf durch das Unterhaus gehen, muss er noch vom Parlament verabschiedet werden.

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