Werbung

...
...

Verpflichtende Chatkontrolle

Neuer Vorstoß: EU will anlasslose Überwachung aller Nutzer von Messenger-Diensten durchsetzen

Die EU strebt seit über zwei Jahren eine verpflichtende Chatkontrolle an, die Messenger-Dienste zur anlasslosen Überprüfung von Nutzerinhalten auf Straftaten verpflichtet. Trotz wiederholter gescheiterter Versuche hat Ungarn nun einen überarbeiteten Vorschlag vorgelegt. Eine umfassende Überwachung ist weiterhin vorgesehen.

Werbung

Seit über zwei Jahren wird versucht, auf EU-Ebene die verpflichtende Chatkontrolle durchzusetzen. Konkret will die Europäische Kommission sämtliche in der EU tätigen Messenger-Dienste verpflichten, Inhalte ihrer Nutzer anlasslos auf mögliche Straftaten zu untersuchen. Sofern der Verdacht einer Straftat besteht, sollen entsprechende Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden. Die Überwachung soll dabei mittels KI-Programmen erfolgen.

Sämtliche Ansätze, eine solche Chatkontrolle durchzusetzen, scheiterten jedoch bisher. Zuletzt wurde eine für Juni geplante Abstimmung abgesagt. Die belgische Ratspräsidentschaft konnte für das Vorhaben keine Mehrheit im Rat für Justiz und Inneres (JHA) erkennen und sah daher erneut von einer Abstimmung über den Beschluss ab. Seit dem 1. Juli hat Ungarn die Ratspräsidentschaft übernommen und nun einen erneuten Vorschlag zur Umsetzung der Chatkontrolle vorgelegt.

Dabei hat die ungarische Ratspräsidentschaft den belgischen Vorstoß leicht überarbeitet. Das entsprechende Dokument wurde von Politico geleakt. Nach wie vor sollen Messenger-Dienste zur Chatkontrolle verpflichtet werden. Dabei soll die KI jedoch „nur“ nach bekanntem, illegalem Material suchen. Was damit gemeint ist und wie dies in der Praxis konkret aussehen soll, bleibt in dem Dokument weitgehend offen. Auch sollen grundsätzlich nach wie vor alle Nutzer einer anlasslosen Kontrolle unterzogen werden. Der juristische Dienst des Rats hat hier bereits erhebliche Zweifel angemeldet.

Eine solche Überwachung findet schon heute vielfach statt. Jedoch beschränken sich die Messenger-Dienste dabei ausschließlich auf unverschlüsselte Inhalte beziehungsweise Chats. Dies soll nun jedoch auch auf verschlüsselte Inhalte ausgedehnt werden. Die Suche nach bislang unbekanntem Missbrauchsmaterial sowie nach Grooming, einem gezielten Verhalten von Erwachsenen, um emotionale Bindungen zu Minderjährigen aufzubauen und sie für sexuelle Übergriffe zu manipulieren, soll (zunächst) auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Wenn es nach der EU geht, soll das Vorhaben im Eilverfahren vom Rat beschlossen werden.

Die EU-Regierungen sollen sich schon bis zum 23. September zu dem Vorhaben positionieren. Am 10. Oktober soll planmäßig über den Vorschlag entschieden werden. Die Messenger-Anbieter Signal und Threema haben bereits angekündigt, dass sie solche Überwachungsfunktionen nicht in ihre Apps integrieren und im Zweifel ihre Dienste in der EU vollständig einstellen werden. Ob das Vorhaben verabschiedet werden wird, ist schwer abzusehen. Deutschland stimmte in der Vergangenheit gegen die verpflichtende Chatkontrolle. Neben dem Rat müsste zudem auch das Parlament der Europäischen Union dem Vorhaben zustimmen.

Werbung