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Mit blindem Hass: Wie die Medienattacke auf Aiwanger scheiterte

Ein Skandal-Bericht der SZ, kryptische Dementis – und vielleicht andere Koalitionspläne von Söder hatten das Zeug dazu, Aiwanger zu vernichten. Aber dann kam alles anders.

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Am Freitag, gut sechs Wochen vor der Landtagswahl, lässt die Süddeutsche Zeitung eine Bombe einschlagen: Bayerns Vize-Ministerpräsident Aiwanger soll in seiner Schulzeit ein Hetz-Pamphlet geschrieben und verteilt haben – ein Flugblatt, auf dem Witze über Konzentrationslager gemacht wurden. Es beginnt ein politischer Krimi. 

Bereits im ursprünglichen SZ-Artikel steckte ein Dementi von Aiwanger. Mit seiner Abstreitung der Urheberschaft engte sich der Skandal – oder eben Nicht-Skandal – weiter ein. Statt um die Frage, was einem Politiker nach gut 35 Jahren als Jugendsünde verziehen werden kann, ging es nur noch darum, was der damals 16-jährige Aiwanger damals tat. Und ob die SZ falschliegt.

Aus der bayerischen Opposition und von Bundespolitikern der SPD und Grünen kamen längst Rücktrittsforderungen gegen Aiwanger. Am Samstag schaltete sich dann Söder ein: Er spricht noch nicht davon, dass die Vorwürfe stimmen, aber er macht deutlich: Wenn sie stimmen, dann war es das mit Aiwanger, er würde sofort aus dem Kabinett fliegen.

Ein kryptisches Statement befeuert die SZ

In einem Statement von Samstag äußerte sich dann Aiwanger erneut und dementierte Autor des Flugblatts zu sein, nur um dann kryptisch zu erwähnen, dass er den wahren Urheber kenne, aber nicht nennen werde. Dieser werde sich selbst erklären.

Noch am gleichen Nachmittag legt die Süddeutsche nach: Ein Schriftgutachten, dass man wohl für so einen Fall in der Schublade hatte, wird rausgeholt. Dort heißt es: Ein Schreibmaschinen-Fehler beim Buchstaben „W“ zeige, dass die Facharbeit Aiwangers und das Flugblatt mit ein und derselben Maschine geschrieben wurde. Es muss Aiwanger sein, so der Vorwurf. In dem Moment dürfte manch einer gedacht: Damit haben sie ihn.

Eine undenkbare Wende

Stattdessen kommt die Wendung, mit der wohl keiner der Beteiligten rechnete: Aiwangers Bruder gibt zu, der Verfasser gewesen zu sein. Es erklärt Aiwangers kryptische Erklärung, denn es war sein Bruder, den er nicht öffentlich belasten wollte. Damit erübrigt sich auch alles Geraune rund um die Schreibmaschine. Dass beide Brüder sie verwendeten, ist naheliegend. Diese Wende scheint nun Aiwanger politisch gerettet zu haben.

Aber ist es damit vorbei? Seine politischen Gegner lassen noch nicht los: Hat er damit nicht zugegeben, dass er das Hetz-Blatt zumindest verteilte? Und überhaupt ist nicht etwas dran an der vermeintlichen Nazi-Bewunderung des jungen Aiwangers, fragen sie und lassen ein Bild zirkulieren, das Aiwanger auf einem Schulfoto mit Schnauzer zeigen soll.

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Ob das Bild echt ist oder fake, ob es Aiwanger zeigt, oder etwa seinen Bruder – all das ist ungeklärt. Die linke Opposition in Bayern wird nicht loslassen, so viel sollte klar sein. Aber entscheidend ist: Wie wird Söder reagieren?

Was hatte Söder vor?

Hätte sich der Vorwurf gegen Aiwanger erhärtet, womit wohl alle Beteiligten anhand seiner zum Teil kryptischen Äußerungen rechneten, dann hätte Söder wohl zur Entlassung seines Vizes gegriffen. Und käme das so ungelegen für ihn? Sechs Wochen vor der Wahl seinen bürgerlichen Konkurrenten so massiv zu beschädigen? Und nach der Wahl ein Argument zu haben, warum er die Koalition nicht fortsetzen könne und stattdessen etwa auf die Grünen schielen müsse?

Ein Antisemitismus-Vorwurf gegen das Zugpferd der Freien Wähler wäre da eine gelegene Rechtfertigung vor der eigenen Basis. Der mediale und politische Druck sei zu groß gewesen, um Aiwanger im Kabinett zu behalten, so hätte er es vielleicht den eigenen Leuten verkaufen können.

Aiwanger ist politisch zurück

Aber jetzt kam alles anders: Mit der Wende am Samstag gilt Aiwanger im bürgerlichen Lager eher als das Opfer einer SZ-Kampagne – statt als verkappter Antisemit. Auch das Argument, er habe es womöglich verteilt, wird wohl nicht mehr ziehen. Der Wind hat sich gedreht. 

Der Zentralrat der Juden schreibt in einem Statement: „Inwiefern Hubert Aiwanger für die Verbreitung zumindest mitverantwortlich ist, wird in Gänze nicht aufzuklären sein. Die Diskussion darüber ist erkennbar politisch.“ Es sei „vor allem wichtig, dass der Inhalt des Flugblattes scharf verurteilt wird.“

Eine Rücktrittsforderung, wie sie etwa vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung für den Fall, dass das Blatt von ihm stamme, kam, ist hier nicht rauszuhören. Dass das Flugblatt inakzeptabel ist, haben sowohl Aiwanger als auch sein Bruder klargemacht. Ein Rauswurf Aiwangers dürfte damit Söder vor den eigenen Anhänger, bei denen auch Aiwanger eine gewisse Popularität hat, nicht mehr zu rechtfertigen sein. Bleibt Aiwanger im Kabinett hat er es überstanden. Und gewinnt mit dem als Vernichtungskampagne anmutenden Mediensturm am Ende sogar dazu.

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