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„Letzte Generation“ will ins EU-Parlament – haben die Klima-Kleber eine Chance?

Die „Letzte Generation“ hat die Straßenblockaden aufgegeben und will stattdessen ins EU-Parlament. Erfolg oder Scheitern könnte dabei ganz wesentlich über die Zukunft der ehemaligen Klima-Kleber entscheiden.

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Mit ihrer Ankündigung, für die Wahlen zum Europäischen Parlament zu kandidieren, hat die „Letzte Generation“ für eine Überraschung gesorgt. Nachdem sie zwei Jahre lang die Bürger mit Straßenblockaden nervten, Straftaten begingen und sich als außerparlamentarische Opposition aufspielten, wollen sie nun das Europäische Parlament aufmischen. Dabei will man von zwei Regelungen profitieren: Weil es bei der Europawahl (noch) keine Prozenthürde gibt, reichen rund 250.000 Stimmen beziehungsweise 0,7 Prozent aus, um einen Sitz zu ergattern. Außerdem können bei der Europawahl sogenannte sonstige politische Vereinigungen teilnehmen – deren Gründung deutlich einfacher ist, als die einer Partei.

Und genau das hat die „Letzte Generation“ bereits vor ihrer Ankündigung getan – eine Europaliste wurde auch schon gewählt. Um letztendlich antreten zu dürfen, müssen die ehemaligen Klima-Kleber noch 4.000 Unterstützerunterschriften sammeln. Ein realistisches Ziel. Eine ebenfalls notwendige Spendenkampagne mit dem Ziel von 50.000 Euro Startkapital für den Wahlkampf hat innerhalb von 6 Stunden das Spendenziel erreicht.

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Sollte die „Letzte Generation“ ein Mandat erringen, würde das Lina Johnsen, eine Sprecherin der Letzten Generation einnehmen. Damit wäre das Fortbestehen der sonst weitestgehend aus der Öffentlichkeit verschwundenen „Letzten Generation¶ für die nächsten Jahre gesichert. Denn neben einer üppigen Abgeordnetendiät für Johnsen kann jeder Abgeordnete monatlich 25.447 Euro für Mitarbeiter ausgeben. Dass diese Mitarbeiter aus den Reihen der „Letzten Generation“ kommen, kann als sicher angenommen werden. Die engste Führungsriege hätte dann wohl für fünf Jahre ausgesorgt und könnte auf Basis dieser sicheren Anstellung ihre „Proteste“ weiter führen.

Konkurrenz von der Klimaliste

Obwohl die Hürde für den Einzug in das Europaparlament sehr gering ist, haben 2019 nur 14 von 41 Parteien den Einzug ins Parlament geschafft. Auf die 27 Parteien, die es nicht geschafft haben, entfielen insgesamt 3,8 Prozent der Stimmen. Dabei haben sich kleine Parteien mit ähnlichen Zielen die Stimmen teils gegenseitig weggenommen. Besonders auffällig war dies bei den Parteien Tierschutzpartei, TIERSCHUTZ hier! und der Partei für die Tiere. Hätten diese drei Tierschutzparteien ihre Wähler gebündelt, hätten sie zusammen zwei Abgeordnete stellen können. Durch die Aufsplittung der Wähler bekam lediglich die Tierschutzpartei einen Sitz.

Bei der anstehenden Europawahl will mit der Klimaliste Deutschland eine Partei antreten, die im gleichen Wählermilieu wie die „Letzte Generation“ um Stimmen buhlt. Bisher konnten die Klimalisten, welche teils als eigenständige Vereinigungen auf Länderebene unabhängig von der Klimaliste Deutschland existieren, durchaus relevante Stimmerfolge einfahren. Bei der Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg holte die Klimaliste Baden-Württemberg 0,9 Prozent der Stimmen. Obwohl es nicht für den Einzug in den Landtag gereicht hatte, machte das Ergebnis dennoch Schlagzeilen. Linke Gruppierungen warfen der Klimaliste nach der Wahl vor, eine grün-rote Koalition, die nur knapp eine parlamentarische Mehrheit verpasste, mit ihrem Antreten bei der Wahl verhindert zu haben.

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Wie hoch das Wählerpotenzial der „Letzten Generation“ genau ist, lässt sich kaum abschätzen. Die Zustimmung für die Straßenblockaden lag im vergangenen Sommer laut einer infratest dimap Umfrage für den SWR bei lediglich 13 Prozent – Tendenz sinkend. Bei der anstehenden Europawahl werden wohl insbesondere enttäusche Wähler der Grünen, denen die Grünen nicht radikal genug in der Klimapolitik sind, die Wahl der „Letzten Generation“ erwägen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass bei der diesjährigen Wahl zum Europäischen Parlament zum ersten Mal auch Minderjährige ab 16 Jahren wählen dürfen. Und gerade dieses junge Alterssegment könnte für die „Letzte Generation“ relevant werden.

Sollte die „Letzte Generation“ mit ihrem Vorhaben kläglich scheitern und den angestrebten Einzug in das Parlament verpassen, wäre dies hingegen ein herber Rückschlag. Bisher wird intern immer wieder auf den großen Rückhalt aus der Bevölkerung für die eigenen Ziele verwiesen. Die geringe Beteiligung an den Aktionen der „Letzten Generation“ wird darauf geschoben, dass die Hürde aktiv zu werden für viele Menschen zu hoch ist. Gerade diese Hürde ist bei einer Wahl, die obendrein noch anonym ist, sehr gering.

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