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Klimaneutralität im Grundgesetz: Amthor widerspricht rechtlichen Befürchtungen

Philipp Amthor weist die Befürchtungen zurück, dass die geplante Grundgesetzänderung zur Klimaneutralität rechtlich bindend wird. „Die Frage, wie ‚Klimaneutralität bis 2045‘ erreicht werden soll, bleibt eine politische Entscheidung“, erklärt er.

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Deutschland will als erstes Land weltweit bis 2045 klimaneutral werden – und plant, dieses Ziel sogar ins Grundgesetz zu schreiben. Diese Einigung wurde am Freitag von CDU-Chef Friedrich Merz als Teil eines Kompromisses mit den Grünen verkündet.

„Der Bund kann ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 im Volumen von bis zu 500 Milliarden Euro errichten“, heißt es in dem Antrag.

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Doch die Frage, wie verbindlich diese Regelung ist, könnte juristisch problematisch werden. Während die einen sagen, dass das Ziel lediglich zweckgebunden und ohne Verfassungsrang ist, befürchten andere, dass es zu Klagen gegen den Staat oder Unternehmen kommen könnte, wenn diese das Ziel nicht einhalten. Wenn sich etwa die Bundesregierung, Unternehmen oder Privatpersonen nicht an die Klimaneutralität halten, könnte das als Verstoß gegen das Grundgesetz gewertet werden.

Laut Philipp Amthor (CDU) schafft die Grundgesetzänderung jedoch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045. In einem Gastbeitrag für die Welt schreibt er: „Die Frage, wie ‚Klimaneutralität bis 2045‘ erreicht werden soll, bleibt eine politische Entscheidung, jedoch keine zwingende Vorgabe des Verfassungsrechts.“ Amthor erklärt weiter, dass die Änderung des Grundgesetzes lediglich eine „Zweckbestimmung für begrenzte Verschuldung“ darstelle, die es dem Staat ermögliche, Kredite für Klimaschutz und Infrastruktur aufzunehmen.

„Klimaneutralität wird durch die Neuregelung im Grundgesetz lediglich eine Zweckbestimmung für begrenzte Verschuldung, aber kein selbstzweckhaftes Rechtsprinzip, das andere Rechtspositionen verdrängen könnte“, schreibt er. Auch die Befürchtungen, dass der Staat künftig gezwungen sein könnte, streng klimaneutrale Maßnahmen umzusetzen, weist Amthor zurück. Diese Entscheidung müsse weiterhin in der Politik und nicht vor Gericht getroffen werden.

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„Der etwaige Kampf um den richtigen Weg zur Erreichung von Klimazielen soll auch in Zukunft im Feld der Politik (das heißt: in den Parlamenten) geführt werden und wird durch die Grundgesetzänderung nicht – oder zumindest nicht weitergehend als bisher schon – in das Feld des Rechts (das heißt: vor die Gerichte) verlagert“, erklärt Amthor. „Die Legitimation für etwaige weitreichende Klimaschutzmaßnahmen müssen zuallererst die Wählerinnen und Wähler erteilen und nicht die Gerichte“.

Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler sieht das anders. Er erklärt gegenüber Apollo News: „Ich halte die Idee, ein konkretes Politikziel wie etwa Klimaneutralität bis 2045 in die Verfassung zu schreiben, für sehr unklug.“ Der Sinn des Grundgesetzes sei es, „die ‚ewigen‘ Grundwerte einer Gesellschaft und eines Staates rechtlich verbindlich festzuschreiben“. In dieser Tradition hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes fundamentale Werte wie die Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip oder den Demokratiegrundsatz verankert. „Klimaneutralität 2045 ist kein solcher Grundwert“, so Boehme-Neßler weiter.

Wenn sich Union, SPD und Grüne mit ihrem Antrag durchsetzen, könnte das einen grundlegenden Kurswechsel bedeuten. Klimaneutralität wäre dann „nicht mehr nur ein politisches Ziel, über das Wähler in Wahlen abstimmen können, sondern eine zwingende rechtliche Verpflichtung“, warnt Boehme-Neßler. „Das ist unter Demokratiegesichtspunkten inakzeptabel.“ Und weiter: „Die Wähler können in Zukunft wählen, was sie wollen, am Politikziel: Klimaneutralität 2045 ändert sich nichts.“ Gerade das Demokratieprinzip sei „der gute Grund dafür, dass eine Verfassung normalerweise keine so konkreten Politikziele enthält“.

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85 Kommentare

  • Wenns nicht bindend ist, gehörts auch nicht ins GG.

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  • Das dürften auch viele „Vereine“ und NGOs anders sehen, die vermutlich jetzt schon die Klageschriften vorbereiten.
    Vielleicht sollte sicher Herr Amthor mal überall schlau machen, wie viele Klagen es unter dem Deckmantel des Umwelt- und Klimaschutzes bereits gab.
    Dann hoffe ich mal auf Hubsi, dass er stark bleiben möge.

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  • Ich sehe Boehme-Neßler völlig im Recht.
    Warum eine Eintragung ins GG, wenn man es so nicht verstanden haben will?

    Wenn künftig jede Regierung ihre langfristigen Ziele ins GG schreibt, braucht die jeweilige Folgeregierung eine 2/3 Mehrheit, um sie wieder zu entfernen – ansonsten sind diese Ziele in Stein gemeißelt, egal wer anschließend regiert. Politikwechsel Fehlanzeige – selbst bei völlig anderen Regierungsparteien.

    Das kann nicht im Sinne des GG sein, dass immer nur den rechtsstaatlichen Rahmen bieten soll – sozusagen die Leitschnur, an der sich die Gesetzgebung zu orientieren hat.

    Hier wird eine grundsätzliche Abkehr von der bisherigen Praxis vollzogen – und das auch schleichend und unauffällig – und wenn es jemand merkt, wird es noch bestritten.

    Allein das ist schon merkwürdig und zeigt, dass hier zielstrebig rote Linien überschritten werden, die 75 Jahre lang gegolten haben.

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  • Ich fand ihn besser bevor er in die Politik ging, als er noch ein eigenes Magazin hatte, der Herr A.E. Neumann.

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  • Es gibt keine Klimaneutralität. Dieser Begriff ist so schwammig und künstlich aufgebläht und hat im GG nichts zu suchen.

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  • Nach Kritik an der Verhandlungstaktik von Friedrich Merz hat die CSU-Politikerin Bär den CDU-Fraktionschef verteidigt.
    Sie erlebe ihn auch in diesen Gesprächen als sehr integrativ, als jemanden, der immer versuche einen Konsens zu schaffen, sagte sie am Vormittag im BR. Zuvor war Unmut über das Vorgehen von Merz in den Verhandlungen vor allem mit den Grünen laut geworden.
    Deren Zustimmung brauchen Union und SPD, um am Dienstag das geplante Milliarden-Investitionspaket im Bundestag durchzubringen.
    Die nächste Hürde steht dann am Freitag bevor, wenn auch der Bundesrat darüber entscheidet, ob für die geplante Neuverschuldung die Schuldenbremse im Grundgesetz geändert werden soll.
    Die Freien Wähler in Bayern könnten ein Ja dazu aus dem Freistaat blockieren.
    CSU-Vize Bär rechnet damit aber nicht. Sie sei sich sicher, dass Parteichef Aiwanger wisse, was die Reform für den Freistaat Bayern bedeute.

  • Bei der letzten Wahl machte der Bürger deutlich, das er weniger grünrote Politik will.
    Nun bekommt er noch mehr davon.

  • Merz hat wiederholt die Unwahrheit gesagt. Warum sollte das bei anderen CDU-Politikern, die letztlich hinter Merz stehen, anders sein?

  • Wenn der Begriff „Klimaneutralität“ im Grundgesetz festgeschrieben wird und die Klimaneutralität bereits bis 2045 zu erreichen ist, also fünf Jahre früher als es im Pariser Klimaabkommen für das Jahr 2050 vereinbart worden ist, werden den aggressiven „Klima-Aktivisten“ a la „Umwelthilfe“ in Deutschland mit diesem Eintrag im Grundgesetz Tor und Tür geöffnet, bei jeder sich bietenden Gelegenheit gerichtlich gegen Infrastrukturprojekte, gegen Industrie-Ansiedlung und industrielle Produktion/Fertigung zu klagen!
    Damit werden Investoren abgeschreckt, die Fertigung wandert ins Ausland und die Deindustrialisierung Deutschlands wird dramatisch beschleunigt!

  • Richtet euch auf Ackerbau und Viehzucht ein. Allerdings nur wenn das vieh nicht zu oft pupst

  • Dann hat Amthor keine Ahnung vom Grundgesetz. So etwas gehört da sowieso nicht rein, dass Grundgesetz wurde verfasst um die Bürger vor dem Staat zu schützen und für sonst nichts.

  • Wenn die Union die sog. „Klimaneutralität bis 2045“ nur als konkretisierende Definition einer bestimmten Art von Verschuldungsermächtigung verstanden wissen will, dann soll sie das lediglich in das konkrete Gesetz und niemals in die Verfassung schreiben. Wer garantiert uns, dass nicht irgendein Klageverein von heute auf morgen aufgrund der Erwähnung im Grundgesetz ein Verbot des Autofahrens, der Haus- oder Nutztierhaltung, des Einsatzes von Dünger in der Landwirtschaft oder der Verwendung von Zement in der Bauwirtschaft einklagt?
    Dann will es hinter wieder niemand gewesen sein.

  • Philipp Amthor versucht, die Kritiker zu beruhigen: Es handele sich ja nur um eine Zweckbindung für ein Sondervermögen, kein einklagbares Ziel. Doch wer glaubt, eine verfassungsrechtlich festgeschriebene „Klimaneutralität bis 2045“ bleibe folgenlos, verkennt das Wesen des Verfassungsrechts. Die normative Kraft des Grundgesetzes liegt gerade darin, politisches Handeln juristisch zu rahmen – und langfristig festzuzurren. Kein anderer Staat der Welt käme auf die Idee, ein konkretes CO₂-Ziel samt Jahreszahl in die Verfassung zu schreiben – weil man dort weiß, dass Strategie Beweglichkeit braucht. Dass komplexe Transformation nicht durch Verordnungen, sondern durch Technologien und marktwirtschaftliche Impulse gelingt. Und dass eine Verfassung kein Ort für Ideale, sondern für Prinzipien ist. Ein Rat an alle Wähler: Wenn CDU draufsteht und der erste Satz fällt – lauft.

  • Wie misst man Klimaneutralität und Klimaziele? Temperatur, Regenmengen, Windstärken, Extremwetterereignisse und andere Parameter schwanken von Jahr zu Jahr erheblich. Ein Trend ist selbst über Jahrzehnte nur schwer zu erkennen.

  • Phipsi ist so eine comicartige Witzfigur dass ich regelmässig daran zweifle in der Realität zu leben. Die Macher der Matrix haben aber scheinbar Sinn für Humor.

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  • Das Püppchen geht, das Bübchen kommt.

  • Ja klar, wer’s glaubt wird selig! Diese CDU-Politiker drehen sich alles so, wie es ihnen gerade passt. Glaubwürdig ist das natürlich nicht. Und darüber hinaus ist das alles nicht nur unklug, sondern in erster Linie: Unanständig, undemokratisch und eine Verachtung der Wähler. Wer ab jetzt noch die Union wählt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen.

  • „Nehmen Sie doch mal Ihre Finger aus den Ohren, Herr Amthor!“ – „Nein, dann höre ich ja das Pfeifen im Walde.“

  • „Auch die Befürchtungen, dass der Staat künftig gezwungen sein könnte, streng klimaneutrale Maßnahmen umzusetzen, weist Amthor zurück.“ Amthor versucht, die Wirkung der geplanten Grundgesetzänderung in Sachen Klima herunterzuspielen. Zum Verständnis genügt eigentlich schon Folgendes: Alle deutschen Gesetze müssen mit dem Grundgesetz übereinstimmen, denn es steht im Rang über ihnen.

  • Na dann müsste man ja es auch nicht ins Grundgesetz schreiben !!
    Es ist diese Art von Naivität Einstellung und Inkompetenz von CDU/CSU Politikern die die Ursache für alle aktuellen heutigen Probleme in Deutschlands sind !!

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  • wenn dieses Gesetz lt. union so harmlos, unbedeutend sein soll, warum muß man es dann ins Grundgesetz reinschreiben!

  • …was soll Bubi auch sonst sagen (dürfen)…

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  • Wenn jeder am Grundgesetz herumdoktern kann, wie er lustig ist und wie er es gerade braucht, dann brauchen wir eigentlich kein Grundgesetz mehr. Und auch keinen Verfassungsschutz. Unendlich viel Geld würde gespart – was man dann für utopische Klimaprojekte nutzen kann (Achtung Ironie).

  • Warum glaube ich kein Wort, was er sagt? 🤔

  • Um „Kriegstüchtigkeit“ erreichen zu können–wird im Grundgesetz ja auch kein Datum festgeschrieben. Trotzdem darf man Schulden machen.

    Ist die Möglichkeit, sich verteidigen zu können weniger wichtig, als Klimaziele einhalten zu können?

    Sorry CDU–ich habe kein Vertrauen mehr.

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