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Jetzt könnte auch Berlins „Sondervermögen für Klimaschutz“ platzen

Das KTF-Urteil aus Karlsruhe hat Signalwirkung - auch für die Länder. In Berlin wollte man mit einem bis zu 10 Milliarden schweren „Sondervermögen für Klimaschutz“ die Gräben zwischen CDU und SPD in der Koalition zuschütten. Sollte es beklagt werden, dürfte es genauso zusammenfallen wie der KTF.

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Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klima- und Transformationsfonds steht eine bundesweit verbreitete Staatspraxis plötzlich auf der Kippe: Das Sondervermögen. Neben dem Bund war es in den letzten Jahren auch das Land Berlin, das mit ambitionierten Sondervermögens-Plänen auf sich aufmerksam machte. Bis zu zehn Milliarden Euro wollte sich Berlin via Kreditaufnahme für ein „Sondervermögen für Klimaschutz“ gönnen. Für die Pleite-Hauptstadt sicherlich gutes Geld. Doch jetzt, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, steht auch dieses Vorhaben auf der Kippe.

Das Bundesverfassungsgericht musste in seinem Urteil zur KTF-Klage im Wesentlichen drei Dinge klären. Erstens, welche inhaltlichen Anforderungen und Grenzen sich aus den grundgesetzlichen Bestimmungen zur Schuldenbremse ergeben. Kern davon ist die Frage der Neuverschuldung bei „Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen“. Zweitens war die Frage offen, ob im Falle von ausnahmsweise zulässiger Neuverschuldung ungenutzte Kreditermächtigungen durch Zuführung an ein Sondervermögen faktisch auf kommende Haushaltsjahre abertragen werden dürfen, in denen keine außergewöhnliche Notsituation mehr angenommen wird. Die Umgehung des sogenannten „Jährigkeitsprinzips“ wurde der Ampel in Karlsruhe ebenfalls angekreidet. Drittens war bisher ungeklärt, ob ein Nachtragshaushaltsgesetz auch rückwirkend für ein bereits abgelaufenes Haushaltsjahr erlassen werden kann. Die letzten beiden Punkte sind für Berlin nicht von Bedeutung – der erste Punkt der „außergewöhnlichen Notsituation“ allerdings.

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Schuldengeld für dieses und jenes Projekt: Das beliebige „Sondervermögen“ in Berlin

Im Urteil heißt es klar: „Je länger das auslösende Krisenereignis in der Vergangenheit liegt, je mehr Zeit dem Gesetzgeber deshalb zur Entscheidungsfindung gegeben ist und je mittelbarer die Folgen der ursprünglichen Krisensituation sind, desto stärker wird der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers eingeengt“. Also: Allein eine Notlage zu erklären, um Sonderkredite zu erhalten, dann aber nicht konkret darzulegen, wie das Geld verwendet werden soll, ist aus Sicht der Karlsruher Richter nicht verfassungsgemäß. Aber genau das plant Berlin. Dort hat sich die GroKo unter CDU-Bürgermeister Kai Wegner in einer dreijährigen Regierungszeit viel vorgenommen. Um so manches ambitioniertes Projekt zu finanzieren, fehlte es der notorisch klammen Hauptstadt aber an Geld. Deswegen setzten CDU und SPD gemeinsam das „Sondervermögen für Klimaschutz“ auf. Unter Berufung auf eine „außergewöhnliche Notsituation“ – genau gemäß der Formulierung des Grundgesetzes – wurden Kreditermächtigungen für die Schaffung eines bis zu zehn Milliarden schweren Vermögens mit Schulden vereinbart. Ein unspezifischer Geldtopf, der scheinbar eher eine Spielwiese für dieses und jenes Vorhaben als eine klare feste Krisenreaktion auf eine unmittelbare Bedrohung ist.

Unvorhergesehene Notlage? Berlins Sondervermögen auf tönernen Füßen

Die Berliner Finanzverwaltung erklärt nun abwehrend, bei der Entscheidung der Karlsruher Richter gehe es um „spezifische Sachverhalte“, die sich auf den „konkreten Fall“ des Sondervermögens des Bundes bezögen. Im Falle des Berliner Sondervermögens würden keine Mittel umgewidmet; es gebe außerdem keine rückwirkende Änderung des Haushaltsplan. Zum Punkt der „außergewöhnlichen Notsituation“ sagt sie bezeichnenderweise nichts. Denn dieser Begriff ist Kern der Rechtfertigung des Berliner Sondervermögens für Klimaschutz.

„Die Koalition aus CDU und SPD sieht (…) eine außergewöhnliche Notsituation“, heißt es im Koalitionsvertrag mit Bezug auf Energiekrise und Klimawandel. Doch diese Ansicht wird sich vor Gericht wahrscheinlich nur schwer vertreten lassen.

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Für das Land Berlin gilt, wie für alle anderen Bundesländer, eine harte Schuldenbremse mit netto Null Kreditaufnahme. Artikel 88 der Berliner Landesverfassung besagt: Haushaltsüberschreitungen dürfen nur im Falle eines „unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses“ vorgenommen werden. Dass der Klimawandel an sich ein solches unvorhergesehenes Bedürfnis ist, darf allerdings bezweifelt werden – und auch „die Energie- und Preiskrise als Auswirkung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Putins auf die Ukraine“ wird wohl nicht reichen, um das bis zu zehn Milliarden Euro schwere „Sondervermögen Klimaschutz“ der Berliner GroKo im Falle einer Klage zu verteidigen. Auch, weil die Bandbreite der aus ihm finanzierten Maßnahmen – von energetischer Sanierung bis zum ÖPNV-Ausbau – die Konstruktion eines unmittelbaren Notstandes als Kartenhaus enttarnt. Erst vor wenigen Tagen schlug Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner vor, man könne mit dem Notstandsgeld ja eine Magnetschwebebahn bauen. Mit unmittelbarer Krise und Bedrohung hat so ein Vorschlag offenkundig nichts mehr zu tun.

Sollte sich Berlins Verfassungsgerichtshof die Argumentation aus Karlsruhe zu eigen machen, steht es schlecht um das „Pet Project“ der Wegner-Koalition. Auch hier dürfte das Prinzip, Gräben in einer Koalition mit Schuldengeld aus Buchungstricks zuzuschütten, am Ende sein. Es muss sich nur noch ein Kläger finden, der dem Kartenhaus Sondervermögen vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof den einen entscheidenen Stoß versetzt.

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