Mit dem Titel „Aus Worten werden Taten“ hat der bayerische Landtagsabgeordnete Toni Schuberl von den Grünen ein fast 400-seitiges Dokument veröffentlicht, mit dem er ein AfD-Verbot begründen will. Darin werden Aussagen der Abgeordneten der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag von 2018 bis 2023 thematisiert und kommentiert. Die Grünen leiten diese Publikation mit folgenden Worten ein: „Die AfD will die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen und einen autoritären Nationalstaat errichten, der an einer ethnischen ‚Volksgemeinschaft‘ ausgerichtet ist. Eine Wesensverwandtschaft zum frühen Nationalsozialismus ist feststellbar.“ So folgern die Grünen dann ein AfD-Verbot.

Schuberls Motivation, diese Zitatsammlung zusammenzustellen, liegt darin begründet, dass der Verfassungsschutz die Beobachtung von AfD-Reden ablehne, wie er sich in der Süddeutschen Zeitung beklagt. Deshalb wolle er diese Lücke schließen. Tatsächlich gilt in Bayern die sogenannte Indemnität aus der Landesverfassung. Die Indemnität für Abgeordnete in Bayern ist ein Schutz vor rechtlicher Verfolgung wegen Abstimmungen oder Äußerungen innerhalb des Parlaments oder seiner Ausschüsse. Sie stellt sicher, dass Abgeordnete ihre Meinung frei äußern können, ohne Angst vor rechtlichen Nachteilen zu haben. Der Schutz gilt auch nach Ende der Mandatszeit und kann nicht aufgehoben werden. Die Druckkosten von 1.000 Euro seien für die Grünen laut eigenen Angaben in der Süddeutschen Zeitung ein „notwendiger Beitrag zur demokratischen Selbstverteidigung“.

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In der Zusammenfassung, warum die AfD verboten werden soll, werden Aussagen ihrer Abgeordneten mit Hitlers Ideen assoziiert: „Die Reden der Abgeordneten sind durchdrungen vom Wahn, es finde ein bewusst gesteuerter Bevölkerungsaustausch durch eine geheime Elite statt, um das ursprüngliche deutsche Volk zu schwächen und beherrschbar zu machen.“  Diese Verschwörungslüge hätte bereits Hitler in „Mein Kampf“ formuliert.

Im Themenblock „Ethnisch homogener Volksbegriff“ werden AfD-Äußerungen als Beleg für Verfassungsfeindlichkeit präsentiert. So etwa die Aussage von Richard Graupner, die Grünen wollten Polizei und Sicherheitsbehörden „zahnlos machen“, damit „illegale Zuwanderer“ ihren „kriminellen Geschäften“ nachgehen könnten.
Oder Oskar Atzinger, der in einer Landtagsrede warnte, Schulwege seien „inzwischen vermehrt durch Messerstecher und Vergewaltiger“ gefährlich.
Auch das Mitglied des Landtages Ralph Müller wird angegriffen, weil er erklärte, „die kriminelle Masseninvasion sei die Mutter aller Probleme“. Im Plenum rief daraufhin ein Grüner reflexartig: „Rechtsradikalismus!“. Doch laut dem Deutschen Schulportal der Robert-Bosch-Stiftung ist die Gewalt an Schulen in allen Bundesländern tatsächlich gestiegen – und der tödliche Messerangriff auf ein 14-jähriges Mädchen in Illerkirchberg 2022 bleibt ein realer Fall.

Eine solche Aussage nun als verfassungsfeindlich zu brandmarken und zum Beleg für ein Parteiverbot zu machen, öffnet die Büchse der Pandora: Eine Meinung – und in diesem Fall eine nachprüfbare Tatsache – soll verboten werden, sobald sie von der falschen Seite kommt. Das widerspricht dem Grundgedanken der liberalen Demokratie, die Meinungsfreiheit nicht danach bemisst, wer sie ausübt. Denn Meinungsfreiheit ist kein Geschenk der Regierung sondern ein essentieller Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

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„Herabwürdigung des Islam“ ist für die Grünen auch eine Begründung für Verfassungsfeindlichkeit – als müsse man in Deutschland dazu verpflichtet sein, den Islam zu „würdigen“.
AfD-Abgeordnete wie Katrin Ebner-Steiner, Richard Graupner oder Uli Henkel werden zitiert, weil sie vor islamistischen Strukturen, importiertem Antisemitismus oder der politischen Bedeutung des Muezzinrufs warnen. Wenn Ebner-Steiner sagt, eine „islamistische Kultur“ gefährde Frauenrechte, oder Graupner darauf hinweist, dass mit dem Islam auch Antisemitismus importiert werde, sind das überprüfbare Behauptungen. Henkel wiederum bezeichnet den Muezzinruf als Symbol politischer Dominanz.
 

Die Grünen argumentieren, wer dem Islam die Religionseigenschaft abspreche oder ihn als „totalitäre Ideologie“ bezeichne, verletze die Religionsfreiheit. Sie übersehen, dass Religionsfreiheit nicht bedeutet, von Kritik verschont zu bleiben.
Sie verwechseln die Verteidigung islamischer Empfindlichkeiten mit dem Schutz der Menschenwürde. Eine liberale Demokratie muss Kritik an jeder Religion aushalten – auch wenn sie pauschal oder unbequem ist. 

Unter dem Abschnitt Antisemitismus werden aus Grünen-Sicht „Chiffren für antisemitische Verschwörungserzählungen“ thematisiert. Sie greifen AfD-Abgeordnete dafür an, dass sie in ihren Landtagsreden Begriffe wie „New World Order“ oder   „Globalisten“ verwenden. tatsächlich wurde der Begriff „Globalisten“ in der Vergangenheit auch von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Sttiftung im Zusammenhang einer Kritik an den Neoliberalismus verwendet. Würden die Grünen einer solchen Organisationen auch Antisemitismus vorwerfen?

Als „Verunglimpfung queerer Menschen“ interpretieren die Grünen konservative Position zum Thema LGBT. Roland Magerl etwa wird zitiert, weil er für ein traditionelles Familienbild eintritt und staatliche Förderung auf Paare beschränkt sehen will, die „auf natürlichem Wege Kinder zeugen“ können. Seine Kritik an der Regenbogenflagge als „Zeitgeistflagge“ oder an überzogener Identitätspolitik sowie Jan Schiffers’ Warnung vor einer „Ideologisierung“ der Sexualerziehung werden ebenfalls kriminalisiert

Im Kapitel „Lüge vom totalitären Staat“ kritisieren die Grünen, dass AfD-Abgeordnete den demokratischen Staat mit autoritären Regimen vergleichen – besonders während der Corona-Pandemie. Begriffe zu verwenden wie „Gesundheitsdiktatur“ oder „Meinungsdiktatur“ sehen sie ähnlich als Grund, die AfD zu verbieten. Es wird gefährlich, wenn ausgerechnet der Staat bestimmt, ab wann Kritik an ihm selbst als „undemokratisch“ gilt, vor allem dann, wenn die Kritik am Staat keine Legitimierung der Diktatur beinhaltet, sondern sogar das Gegenteil. Sollte Deutschland jemals tatsächlich in eine Diktatur abgleiten, würden deren Machthaber sie ohnehin nicht so nennen. Deshalb ist es so gefährlich, den Vorwurf der Diktatur an den deutschen Staat zu kriminalisieren, selbst wenn er wohl aktuell nicht der Wahrheit entspricht.

Das AfD-Verbot wird auch mit dem Argument „Angriffe auf unabhängige Medien“ untermauert. Es wird deutlich, dass die Grünen Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Feindseligkeit gegenüber der Pressefreiheit interpretieren. So argumentieren sie, dass die AfD den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk als ein „politisch-medialen Komplex“, „Oberlehrer der Nation“, „Staatsfunk“ mit „links-grün-lastigen Belehr-und Erziehformaten“ diffamiere, um „einen Regimewechsel hin zu Grün-Rot-Rot“ herbeiführen zu wollen. Pressefreiheit bedeutet, frei von staatlichem Eingriff zu berichten – nicht, vor Kritik geschützt zu sein.  Scharfe Medienkritik als Angriff auf die Pressefreiheit bedeutet Unabhängigkeit mit Unantastbarkeit zu verwechseln.

Die Indemnität – verfassungsrechtlich in Bayern und Bund verankert – schützt Abgeordnete vor justizieller Verfolgung wegen Äußerungen im Plenarsaal. Bereits Ordnungsrufe ahnden Regelverstöße.  Dieses Recht, das freie Rede im Parlament sichert, sodass Abgeordnete angstfrei ihre Meinung äußern, erscheint den Grünen offenbar als Hindernis – nicht als Garant demokratischer Auseinandersetzung.

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