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Florian Schroeder und die Abgründe des männlichen Feminismus

Süß und bitter, wach und benebelt - diese neue wöchentliche Kolumne von Elisa David ist ein Espresso Martini in Times New Roman. Denn wer will seinen Sonntag schon mit einem einfachen Espresso starten - oder schlechter Lektüre?

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Florian Schroeder ist diese Woche bei der NDR-Sendung „Das!“ zu Gast gewesen, um seinen satirischen Jahresrückblick zum Besten zu geben. „Klug, politisch, kritisch, lustig, schnell, manchmal auch böse, aber nie langweilig, das ist Florian Schroeder, Kabarettist, Comedian, messerscharfer Beobachter, Talkshowgast, Gastgeber, Entertainer der Extraklasse, aktuell außerdem gnadenloser Jahresrückblicker“, leitet Inka Schneider diese Sendung ein, für jeden Menschen mit Selbstachtung das Kommando abzuschalten. 

Wenigstens ist der ÖRR so fair, seine Sendungen mit solchen Triggerwarnungen einzuleiten. Für die ganz Langsamen gab es von solchen Rausschmeißern zu Beginn der Sendung gleich mehrere. Als „vorgezogenes Weihnachtsgeschenk“ wird er von der Moderatorin bezeichnet. Dann kommt noch ein Einspieler, in dem Florian Schroeder nachts im Schein der Straßenlaternen auf der viel befahrenen Straße des 17. Juni mit dem bestrahltem Brandenburger Tor im Rücken verschmitzt und verführerisch aus jeder Perspektive in die Kamera grinst. 

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Währenddessen wird er nochmal vorgestellt: „Cooler Stil, kluger Kopf – Kabarettist Florian Schroeder kann alles und alle“ – Imitationsdarbietungen von ihm werden eingeblendet, wen er zu imitieren versucht (Christian Lindner zum Beispiel) versteht man nur, weil er seine Witze während der Darbietung zumeist erklärt. Karl Lauterbach ist ganz gut getroffen, aber den kann ja jeder. „Der studierte Philosoph liefert die besten Pointen zu Politik, Zeitgeist, Weltgeschehen, da war ja in diesem Jahr einiges los“, geht es weiter.

Nachdem das noch eine ganze Weile so weitergeht, wird zurück zu Inka Schneider gegeben, für die es an Lob noch immer nicht genug ist. „Das, was wir gerade gesehen haben, lieben die Leute ja, erstmal das witzige Programm, kluge Gedanken, auch immer wieder die Parodien“. Ob er denn Lieblingsparodien habe, fragt sie ihren Gast, der keine genaue Antwort gibt und dann plötzlich etwas darstellt, das wohl Friedrich Merz sein soll, auch wieder mit Ankündigung, damit man es versteht – Frau Schneider lacht sich brav kaputt. 

Es ist immer ein Warnsignal, wenn ein Sender fünf Minuten Sendezeit dafür aufwenden muss, dem Publikum einzupauken, dass der präsentierte Gast wirklich richtig toll, klug, lustig, gutaussehend und lustig ist und sie ihn daher auch als richtig tollen, klugen, lustigen, gutaussehenden und lustigen Typen zu lieben haben – so wie man gute Witze normalerweise nicht ankündigen muss, es Imitationen ausmacht, dass man ohne Erklärung versteht, wer imitiert werden soll und man Komiker daran erkennt, dass sie lustig sind und nicht daran, dass man sie mit 11 verschiedenen Synonymen als solche vorstellt.

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Florian Schroeder ist da keine Ausnahme. Seine Friedrich Merz-Imitation, die aus dem Nichts kommt, wirkt wie eine Darbietung, die jeder von diesem einen besoffenen Kollegen auf der Weihnachtsfeier kennt. Er ist einer dieser Menschen, die sich für sehr lustig halten, weil sie noch nicht durchschaut haben, dass die meisten – besonders die Frauen – aus Höflichkeit lachen. Für besonders gute Liebhaber halten sich diese Menschen meistens aus den gleichen Gründen auch noch, eine teuflische Kombination für ein überhöhtes Selbstbewusstsein, das dann im schlimmsten Fall in solchen Sendungen endet. „Den machst du sehr gut! Auch die Gestik!“, ruft Inka Schneider sehr glaubhaft aus, während Schroeder noch ganz in seinem Modus ist. 

Wie lange er denn für solche tollen Imitationen vor dem Spiegel steht, fragt ihn die Moderatorin, um ihn verzweifelt wieder in die Wirklichkeit zurückzuholen. „Spiegel wäre der Tod. Nie Spiegel, nie!“, erklärt er – endlich wieder in der eigenen Stimme. Nein, mit solchen stumpfen Methoden gibt er sich nicht ab. „Sie müssen sie fühlen, die Figur“, erklärt Schroeder plötzlich in der Stimme von Habeck (natürlich wieder mit Ankündigung). „Also man muss sich das angucken, viel sehen, viel lesen, viel mitkriegen und dann die Figur wirklich in den eigenen Körper aufnehmen, damit man zu dieser Person wird und dann kann es die Magie entfalten, um die es dann am Ende des Tages geht.“ Er hält sich wirklich für einen besseren Christian Bale. 

Die Friedrich Merz-Imitation kommt noch öfter, da merkt Schneider auch noch, wann sie lachen soll. Manchmal macht Schroeder Witze ohne Imitation und sie findet ihren Einsatz nicht, da ist dann in den Lachpausen, die er ihr lässt, Stille. Die wohl ernstgemeinten „klugen“ politischen Analysen Schroeders sind unterkomplex, unoriginell und – ich traue es mich kaum zu sagen, wo Inka mir das am Anfang doch verboten hat – langweilig. Dann kommen sie endlich zu dem Teil der Sendung, weshalb ich mir und Ihnen dieses Theater überhaupt zumute. 

Auf Alice Weidel als AfD-Kanzlerkandidatin angesprochen, reagiert Schroeder: „Das Frappierende ist ja, wenn man sich das mal europaweit anguckt: Alice Weidel, Giorgia Meloni, Marine Le Pen, da muss ich einfach sagen: Wenn wir dafür diesen Feminismus hinter uns haben, dann hätten wir uns das auch sparen können.“ Inka Schneider nickt zustimmend. Ein Mann, der die letzte halbe Stunde nichts anderes von sich gegeben hat, als egoistische Selbstüberschätzung und anspruchslose ärmliche politische „Analysen“ und affige „Imitationen“, maßt sich an, die Zurechnungsfähigkeit eines gesamten Geschlechts auf den Prüfstand zu stellen, weil drei Frauen nicht die gleiche Meinung haben wie er – und sie nickt.

Ist ja alles nur Satire, hahaha, was haben wir gelacht. Mein Problem mit sexistischen Witzen ist ja eh nur, dass sie eigentlich nie lustig sind. Sie verlassen sich komplett auf abgegessene Stereotype in einer Aufbereitung, die man schon hundert Mal gehört hat und wenn man nicht lacht, versteht man keinen Spaß. Für Florian Schroeder haben Frauen genau eine Funktion: Ihn anhimmeln, eifrig nicken und über seine jämmerlichen Witze lachen. „Wie schaffen Sie es so toll zu sein, Florian Schroeder?“, „Wie schaffen Sie es so lustig zu sein, Florian Schroeder?“, „Wie schaffen Sie es so gut auszusehen, Florian Schroeder?“, ist das Einzige, was er von Frauen hören will. 

Wenn sie es wagen, eigene politische Gedanken in ihren kleinen Köpfchen zu spinnen – langweilig, dann geht es ja gar nicht um ihn – dann haben sie wenigstens seiner Meinung zu sein, wie dressierte Äffchen. Alles andere? Eine Kompetenzüberschreitung, eine Anmaßung. 

So sind männliche Feministen immer. Frauen, die nicht ihrer Meinung sind, haben die Rechte, die sie ihnen gewähren, nicht verdient. Nur eine sehr dünne Schicht an Zivilisation überdeckt bei einem männlichen Feministen den inneren misogynen Möchtegern-Macker, in deren Weltsicht Rechte nach ihrer Gunst gewährt werden. Ich bin auch überzeugt, dass deshalb so viele Männer auf das Gendern pochen. Es erfüllt sie einfach mit einem so berauschenden Machtgefühl, sich vorzustellen, dass sie mit einem einzigen Wort Frauen „verschwinden lassen“ können, dass das weibliche Geschlecht mit ihrer Sprache steht und fällt.

Nein, ich habe wirklich gar nichts übrig für männliche Feministen. Es sind nach meiner persönlichen Erfahrung diejenigen, bei denen sich bereits bei kleinsten politischen Meinungsverschiedenheiten Abgründe auftun, die man als zivilisierter Mensch niemals betreten will. Vergewaltigungsfantasien, die Beleidigungen sind immer auf das Geschlecht bezogen und zielen auf sexuelle Erniedrigungen ab. Die genannten Politikerinnen haben damit selbst bereits Erfahrung, Giorgia Meloni musste sich gegen KI-Pornografie wehren, Alice Weidel wurde von einem Kollegen Schroeders als „Nazi-Schlampe“ bezeichnet. 

Um sich als Mann zum Feministen zu erklären, braucht man überhaupt erst das dreiste und selbstzentrierte – man könnte sagen toxisch männliche – Selbstverständnis, Frauen bräuchten die Unterstützung eines Mannes, um die eigenen Rechte wahrzunehmen. Dieses Selbstverständnis zieht sich durch die Weltsicht und den Aktivismus von männlichen Feministen. 

Linke Männer dürfen Fehler machen, ohne dass ihre Rechte in Gefahr sind. Zum Beispiel ein Maß an Selbstverliebtheit darbieten, für die die LGBTQIA+-Community sicher bald eine Fahne entwirft. Oder sich in ekstatischer Realitätsverweigerung für lustig und intelligent halten. Sie müssen jede Imitation, die sie ja sooo treffend vorführen, mit Erklärung ankündigen und trotzdem werden sie wie Oscarpreisträger behandelt. 

Ja, egal wie bemitleidenswert, erbärmlich, niederträchtig, lamentabel, dümmlich und albern sich gewisse Männer aufführen, es finden sich Moderatorinnen, die bereit sind, über ihre Witze zu lachen und eifrig zu nicken. Und solange es diese Moderatorinnen noch gibt, werden diese Männer in ihrem Inneren die Dreistigkeit finden, über ein ganzes Geschlecht zu urteilen, weil jemand anderer Meinung ist als sie – als die Krönung der Schöpfung, die sie sind. Oh, war das zu hart formuliert? Ist doch alles nur Satire, lach doch mal oder verstehst du keinen Spaß? 

Zum Abschluss kann ich mich nur noch mit einem Appell an Sie richten, liebe Leser. Wenn Sie ein Kind haben (ich sage das bewusst geschlechtslos, denn schreckliche Satirikerinnen hat der ÖRR ja auch zur Genüge zu bieten) und es kommt mit den Worten „Guck mal, was ich kann!“ ins Wohnzimmer und führt eine halbgare Imitation seiner Klassenlehrerin auf, bitte – im Namen der Menschheit und unserer Nation – loben Sie es nicht zu doll.

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