Es ist der Morgen nach der Wahl. Auf allen großen US-Sendern läuft es über die Bildschirme: „President-elect Kamala D. Harris“. Eine strahlende Vizepräsidentin tritt vor die Kameras und kündigt ihren baldigen Einzug ins Weiße Haus an. Trotz des Trump-Hypes der letzten Wochen ist dieses Szenario alles andere als unwahrscheinlich – und es unterstreicht einmal mehr, was bei dieser US-Präsidentschaftswahl auf dem Spiel steht.
Keiner der beiden Kandidaten steht dabei für den Status quo – der ist in Persona von Joe Biden so unbeliebt, dass er gar nicht auf dem Stimmzettel steht. Amerika wird sich also verändern; die entscheidende Frage ist: in welche Richtung?
Kamalas radikaler Linkskurs
Bei Kamala Harris heißt das: weit linker als unter Joe Biden. Wie weit – das lässt sie gerne offen. Gerade zu Beginn des Wahlkampfs vermied sie es, konkrete Positionen zu den wichtigsten Fragen zu beziehen. Aber anhand ihrer bisherigen Positionen und dem, was sie im Laufe der Kampagne durchblicken ließ, zeichnet sich immer mehr ein klares Bild: Sie hat radikale Pläne nicht nur für die US-Wirtschaft, sondern auch für das gesamte politische System im Land. Und in der Außenpolitik könnte sie einen Kurs fahren, der so stark gegen Israel gerichtet ist, wie es bisher noch kein US-Präsident tat.
Was die Wirtschaft angeht, hat Harris keinen Hehl daraus gemacht, dass sie deutliche Steuererhöhungen plant – aber nur für Großkonzerne und die Oberschicht, wie sie beteuert. Ob es dabei bleibt und die Mittelschicht wirklich unverschont bleibt, dahinter steht ein großes Fragezeichen. Vor allem aber will sie massiv in die Marktwirtschaft eingreifen, mit Gesetzen gegen vermeintliche „Preistreiberei“. Wie weit Unternehmen dabei bei Alltagsgütern die Preise erhöhen können, dem soll eine staatliche Schranke gesetzt werden. Das wäre nichts anderes als staatliche Preiskontrollen. All das ist ihr Plan, um die Inflation zu bekämpfen, die Amerikaner in den vier Jahren ihrer Regierung mit Joe Biden sahen. Denn laut Harris ist an dem Preisanstieg nicht unbedingt die Inflation, sondern die vermeintliche Profitgier großer Lebensmittelkonzerne und Supermärkte schuld.
Ihre Pläne für das politische Washington sind dabei noch radikaler: Längst hat sie klargemacht, dass sie auch eine „Reform des Supreme Courts“ unterstützt, ganz offensichtlich inklusive „Court Packing“, also dem Schaffen neuer Richterstellen, die man mit politisch wohlgesonnenen Juristen besetzen will. Ein solcher Eingriff wäre eine historische Politisierung des Gerichts und dürfte wohl das Vertrauen in die Institution zerstören. Es wäre ein Novum in der US-Geschichte. Denn auch wenn gerne darauf verwiesen wird, wie Trump konservative Richter an den Obersten Gerichtshof ernannte, ist der entscheidende Unterschied: Er rüttelte nicht ansatzweise am Ernennungssystem, sondern nutzte nur wie jeder Präsident vor ihm, die durch Tod oder Rücktritt freigewordenen Richterstellen, um neue Richter zu ernennen.
Mit „Court Packing“ gäbe es dagegen kein Limit: Künstlich neu geschaffene Stellen zur politisch gewollten „Reform“ des Gerichts wären nichts anderes als ein blanker Griff nach der Macht der Justiz. Schließlich machte Harris auch klar, dass es bei der Reform vor allem darum geht, die originalistische, also textgetreu ursprüngliche, Auslegung der US-Verfassung durch die aktuelle konservative Richtermehrheit zu verändern.
Drastische Machtverschiebung
Ein weiterer Baustein, der die Macht in Washington für immer entscheidend nach links rücken würde, wäre die geplante Erhebung von Washington D.C. zum Bundesstaat. Damit bekäme die Hauptstadt nicht nur einen Kongresssitz, sondern vor allem auch zwei – de facto garantiert demokratische – Senatoren, die im US-Senat das Gleichgewicht auf Dauer nach links verschieben würden. Denn der Hauptstadtbezirk stimmt routinemäßig zu 90 Prozent für die Demokraten.
Ihn nun zu einem Bundesstaat zu machen, ist allein deshalb schon absurd, weil es dann erstmals in den USA einen Stadtstaat gäbe – mehr noch: Wegen der seit Hunderten Jahren festen Grenzen ist der District of Columbia (D.C.) heute mehr ein Stadtkern als eine ganze Stadt. Man würde also ein einziges urbanes, garantiert linkes Zentrum mit zwei US-Senatoren ausstatten. Um die Frage der fehlenden Repräsentation der Einwohner geht es dabei offensichtlich nicht, denn eine andere Lösung – die Rückgabe des Gebiets an den Bundesstaat Maryland, wo die Einwohner dann regulär wählen könnten – steht bei den Demokraten nicht auf dem Plan. Dann bekäme man schließlich auch keine zwei neuen Senatoren extra dazu.
Allein diese beiden Vorhaben würden einige der Grundfesten des US-Kongresses und der amerikanischen Justiz angreifen. Von anderen Plänen, etwa Harris‘ Identitätspolitik, die sich schon in der jetzigen US-Regierung entfaltet hat, mal ganz zu schweigen.
Trumps Comeback?
Auf der anderen Seite steht Trump: Er ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Wer ihn für einen Möchtegern-Diktator hält, den wird er diese Wahl nicht umstimmen, genauso wie seine Fans sich nicht von „Faschist“-Labeln durch Harris beeindrucken lassen werden.
Fakt ist am Ende: Seine Wahl wäre in erster Linie das ultimative Comeback des Ex-Präsidenten. Schon seine erste Wahl zum Präsidenten hatte historische Ausmaße: Erstmals in der US-Geschichte war es ein Außenseiter, jemand, der zuvor nie in Politik oder Militär war, der ins Weiße Haus einzog. Der Überraschungssieg 2016 füllte danach unzählige Bücher. Das „Trump-Phänomen“ wollte man sich mit einem Mix aus Rassismus, abgehängten Weißen und vermeintlicher Wahlmanipulation aus Russland erklären. 2020 war es dann Trump, der nach seiner hauchdünnen Niederlage gegen Biden den Vorwurf des Wahlbetrugs aufführte. Nach den Geschehnissen rund um die Kapitol-Krawallen einiger hundert radikaler Trump-Anhänger galt er als politisch erledigt.
Zwar machte er bald mit seinen Rallys weiter, aber zunächst sah es ganz danach aus, als sei jetzt die Luft raus: Seine Wahlveranstaltungen waren noch Ende 2022 oft eher düster, geprägt von Gejammer über die vergangene Präsidentschaftswahl – die Energie von 2016 fehlte. Stattdessen saßen parteiinterne Rivalen wie der junge Ron DeSantis ihm in Umfragen bereits im Nacken. Hatte Trump seine Königsstellung in der Republikanischen Partei verspielt? Danach sah es eine Zeit lang aus.
Aber dann wendete Trump das Blatt, mischte sich wie etwa nach dem Chemieunfall in East Palestine, Ohio, wieder unters Volk und begeisterte seine Anhänger mit eben jener Wahlkampfenergie, die man zuvor von ihm kannte. Seine innerparteilichen Gegner besiegte er am Ende mit weitem Vorsprung. Und das Wahljahr 2024 liefert mit ihm als Kandidat der Republikaner einige der ikonischsten Momente der jüngeren US-Geschichte:
Da wären die unzähligen Gerichtstermine des Ex-Präsidenten durch seine vier unterschiedlichen Anklagen – eingefangen etwa mit dem Gerichtsfoto aus Georgia. Historische Dimension hatte auch die Debatte mit Biden, nach der dieser von der eigenen Partei aus dem Rennen gedrängt wurde. Ebenso das Attentat auf Trump in Butler, Pennsylvania – was das Land für einen Moment in eine Schockstarre versetzte. Oder das Bündnis mit dem unabhängigen Kandidaten Robert F. Kennedy Jr. und Tech-Milliardär Elon Musk.
Auch auf den letzten Metern blieb seine Kampagne am Ball: Mit Trumps Erscheinen bei McDonald’s oder in einem Müll-Truck, nachdem Biden seine Anhänger so nannte, trat er sogar kreativer auf als 2016. Jetzt führt er sogar in vielen Umfragen, gilt vielen zumindest vorsichtig als der Favorit für die Wahl. All das ist ungewohnt: Bisher lag er immer in Umfragen hinter seinen Kontrahenten und wurde dabei im großen Stil unterschätzt. Auch 2020 schnitt er um Weiten besser ab, als es Umfragen voraussagten.
Historische Entscheidung
Jetzt bleibt die große Frage: Wird er diesmal unter- oder überschätzt? Bei dieser Wahl ist alles drin: Sei es ein historischer Erdrutschsieg für Trump oder eine enttäuschende Niederlage für den Ex-Präsidenten.
Gewinnt Trump, wäre es das erste Mal seit mehr als hundert Jahren, dass ein Präsident nach einer Wahlniederlage zurück ins Weiße Haus kehrt, und wäre für ihn so etwas wie eine historische Bestätigung, die sein Vermächtnis völlig neu definieren würde. Die Verfahren gegen ihn wären wohl ebenso Geschichte, denn er wäre sofort immun vor Strafverfolgung und könnte sich zudem in allen Bundesverfahren begnadigen.
Auch das viel beschworene „Trump-Phänomen“ wäre dann wieder so lebendig wie nie zuvor: Die Demokraten dürften sich schnell in Ausrichtungskämpfe verwickeln, und in seiner eigenen Partei würde man ihn nach so einem Sieg wohl auf eine Stufe mit Reagan erheben. Eine Niederlage dagegen wäre nicht nur das düstere Ende seiner politischen Ambitionen, sondern könnte mitunter auch bedeuten, dass er wegen einer der vielen Anklagen ins Gefängnis wandert.
Es geht für Trump also um alles oder nichts. Und für Amerika um die Zukunft des Landes: Zurück zu den Trump-Jahren, von denen man abseits von seinen mitunter abgedrehten Sprüchen jetzt vor allem die gute Wirtschaftssituation und die vergleichsweise friedliche Weltlage in Erinnerung hat, oder in eine völlig andere Richtung mit Harris – historisch sicherlich in Identitätskategorien – aber mit mehr Markteingriffen, mehr gesellschaftspolitischen Umbrüchen und einer ungewissen Außenpolitik.
Attentate, spektakuläre TV-Duelle und Kandidatenwechsel – das US-Wahljahr 2024 hat jetzt schon historische Ausmaße. Auf Apollo News finden Sie die neusten Nachrichten, Analysen und Kommentare rund um den US-Wahlkampf – frei von linkem Spin.
Kamelhaar und ihr künstliches Grinsen verschwinden wieder von der Bildfläche. Ein Glück.
Unabhängig vom Ausgang dieser Wahl bin ich jedenfalls froh darüber, daß ein langer Wahlkampf, der auch im Ausland spürbar ist, endlich zu Ende geht. Ich habe diese schmutzigen Kampagnen gestrichen satt!
Wird es ruhig bleiben oder bewahrheiten sich die Gerüchte über mögliche Ausschreitungen? Wir werden es alle erleben!
UiUhiUhuhuih, mal sehen ob diese extrem einflussreichen Qualitätsjournalisten des ÖRR die Wahl doch noch zu gunsten Kamalas drehen konnten…
So oder so, die sog. „Vereinigten Staaten“ haben fertig. Denn sie sind zwischenzeitlich alles andere, als vereinigt. Wie überall im „Wertewesten“, ist gerade in den USA die Spaltung der Nation auffällig sichtbar, deren Auswirkugen in der breiten Bevölkerung dort immens. Einigermaßen intelligente und vor allem realitätsbewusste und verantwortungsvolle Politiker in „old Europe“ hätten den nun potentiellen Auswirkungen der Spaltungstendenzen Rechnung tragen müssen. Stattdessen hat man sich jede Mühe gegeben, wirklich jeden Mist jenseits des großen Teiches hier zu kopieren und zu potenzieren. Europa müsste weit weniger Besorgnis über den Ausgang der Wahlen in den USA haben, wenn eine eigenständige, unabhängige und für Europa vorteilhafte Politik verfolgt worden wäre.
Wenn Trump nicht gewinnt, wird Amerika bluten.
Die wichtigsten Wahl-Liveticker im kostenlosen Direktüberblick – keineswegs alle trumpfreundlich:
https://terminegegenmerkel.wordpress.com/2024/11/05/sammelstelle-liveticker-us-wahl-2024/
Da soll es doch tatsächlich Deutsche geben, die im Netz von sich gaben, aus D auszuwandern, wenn Trump Präsident werden sollte.
Deutschland wurde schon von einem Kaiser, einem Adolf und ein Teil von D von einem Erich regiert. Und ein Sänger träumte schon davon, „König von Deutschland“ zu werden und einen Fußballkaiser, oder einen Fußballkönig Otto, hatte das Land auch schon. Fehlt noch ein amerikanischer Präsident, der nebenbei auch D regiert. Dann könnte man Deppen verstehen, dass sie auswandern möchten.
Mit Hohlbirnen scheint dieses Deutschland reichlich gesegnet zu sein.