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Das steckt hinter der neusten Trump-Anklage

Anders als es viele Medien suggerieren, geht es bei der neusten Trump-Anklage nicht um den Sturm aufs Kapitol. Stattdessen dreht sich die Anklage vor allem um eine Definition von Betrug und Kongressbehinderung. Das hat auch einige rechtlichen Schwächen.

Bildquelle: Gage Skidmore, Wikimedia Commons via CC BY-SA 2.0
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Donald Trump steht vor Gericht – wieder einmal. Und viele Medien stürzen sich geradezu auf die neue Anklage: Der „Möchtegern-Putschist“ (Spiegel) steckte in „drei Verschwörungen, um an der Macht zu bleiben“ (FAZ). Bei anderen ist von einem „Umsturzversuch gegen die USA“ (ZDF) die Rede. 

Zeit also einmal einen Blick auf die neue Anklagepunkte zu werfen, und zu zeigen was wirklich dahintersteckt. Aber erst einmal sollte man die nun schon 3. Anklage gegen Trump dieses Jahr einordnen: Vorausgegangen war eine lokale Anklage in New York wegen illegaler Wahlkampffinanzierung wegen Schweigegeldzahlungen an eine Affäre, und eine Bundesanklage in Florida wegen dem Aufbewahren von geheimen Regierungsdokumenten, die aus der Zeit seiner Präsidentschaft stammen. 

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Die neue Anklage stammt wie die Dokumenten-Anklage von Sonderermittler Jack Smith vom US-Bundesjustizministerium und spielt sich demnach ebenfalls auf Bundesebene ab. Sie ist nicht so absurd wie die New Yorker Anklage, für die der dortige Staatsanwalt in Augen vieler Juristen überhaupt keine Zuständigkeit hat. Die 3. Anklage ist aber auch bei weitem nicht so gefestigt, wie die im Falle der Geheimdokumente.

Was wird Trump also konkret vorgeworfen?

Anders als viele Medien es suggerieren, wird Trump nicht wegen dem Sturm aufs Kapitol angeklagt. Es geht allerdings um viele der Vorgänge nach der Wahl 2020 bis zu jenem Tag im Januar 2021.

Trump wird in vier Punkten angeklagt: Verschwörung die Vereinigten Staaten zu betrügen, Verschwörung ein offizielles Verfahren zu behindern, Behinderung und Versuch der Behinderung eines offiziellen Verfahrens und Verschwörung gegen Bürgerrechte.

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Die Anklage dreht sich vor allem darum, dass Trump versuchte den Kongress und seinen Vizepräsidenten Mike Pence davon zu überzeugen, er sei der wahre Wahlsieger und dass in einigen Schlüsselstaaten seine Wahlmänner-Kandidaten als gewählte Wahlleute und damit ihre Stimmen als Stimmen für ihn als Präsidenten zu zählen sind. Oder eben, dass zumindest die abgegeben Wahlmänner-Stimmen für Biden aus diesen Staaten nicht gezählt werden.

Hintergrund: In den USA wählen die Bürger zur Präsidentschaftswahl zunächst Wahlmänner, die dann ihre Stimme für den Präsidenten abgeben. Auf die Stimmen letzterer kommt es also an.

Die beschriebenen Geschehnisse an sich sind nichts neues, genau solche Forderungen von Trump konnte jeder in den letzten Monaten seiner Präsidentschaft öffentlich sehen – sei es auf Twitter oder im US-Fernsehen. 

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Was neu ist, dass solche Aussagen nun nicht nur mit politischen Mitteln, etwa einem Amtsenthebungsverfahren, dem er sich am Ende auch stellen musste, bekämpft werden, sondern jetzt auch kriminalisiert werden sollen. Dass Trumps Verhalten nach der Wahl für die amerikanische Republik extrem schädlich war, dass dürfte klar sein. Aber ob er mit seiner Rhetorik Verbrechen begangen hat, das ist ein ganz anderes Thema. Und hier könnte an manchen Stellen das Eis dünn werden. 

Betrugsdefinition auf der Kippe

Denn erst vor kurzem hatte der US-Supreme Court festgestellt, dass Betrug im US-Recht eng gefasst ist, und damit nur solche Fälle umfasst in denen Leute um Geld oder andere Besitztümer gebracht wurden – das wäre hier nicht im engeren Sinne der Fall. Vor allem dürfte es schwer werden nachzuweisen, dass Trump glaubt er sei Wahlverlierer und erzählt allen anderen nur hinterlistig, er habe die Wahl gewonnen. Viel wahrscheinlich ist, was unzählige Statements von ihm bis heute schließlich zeigen, dass er selbst fest davon überzeugt ist, dass er um seinen Wahlsieg gebracht wurde.

Es gibt einige Detailfragen, etwa wenn es darum geht, dass sich besagte Trump-Wahlmänner-Kandidaten sich trafen und so Stimmen abgaben und mit entsprechenden Urkunden nach Washington D.C. schickten als seien sie die gewählten Wahlmänner, obwohl die jeweiligen Wahlbehörden Biden-Wahlleute als gewählt erklärt hatten. Die Frage hier ist dann, ob es sich etwa um eine Art Urkundenbetrug handelt und Trump darin verwickelt sei.

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Weitläufig gefasste Kongress-Behinderung

Die nächsten Anklagepunkten drehen sich dann um die „Behinderung eines offiziellen Verfahrens“, konkret hauptsächlich jene Kongresssitzung am 6. Januar 2021 in der vor dem versammelten Parlament unter Vorsitz des Vizepräsidenten die eingesendeten Stimmen der Wahlleute aus den Bundesstaaten gezählt wurden. 

Dass er hier versuchte auf Abgeordnete und Vizepräsident Pence einzuwirken, damit die Auszählung verschoben wird bzw. zu seinen Gunsten ausgeht – das Parlament hat nämlich die Möglichkeit bei der Auszählung Stimmen für ungültig zu erklären – ist ebenfalls nichts neues. Ein Einwirken des Präsidenten auf den Kongress jetzt für kriminell zu erklären, weil er sich zum Wahlsieger erklärte, obwohl er es nicht war, könnte in mancherlei Hinsicht die Büchse der Pandora öffnen. Schließlich beeinflussen Präsidenten den Kongress und deren Abgeordnete fast ständig bei allen möglichen Vorhaben, und das nicht immer, indem sie wahrheitstreu bleiben. Wäre das auch kriminelles Verhalten?

Schließlich hatte Trump, anders als das so gerne umhergeworfene Wort „Putsch” suggeriert, als Präsident nie etwa Polizei oder gar Militär genutzt, um den Kongress zu blockieren, wie es echte Putschisten machen. Auch für den Sturm aufs Kapitol durch einige hundert Trump-Anhänger, den man als Trump inspiriert sehen kann aber zu dem er nicht explizit aufrief, wurde er konkret auch nicht angeklagt. Damit beschränkt sich die Anklage bei jener versuchten Behinderung der Auszählungen schlicht auf Äußerungen Trumps gegenüber seinen Mitstreitern im Kongress und seinem Vizepräsidenten.

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Ein Gesetz aus der Zeit des Bürgerkriegs

Als letzter Anklagepunkt bleibt nun das Verschwören gegen Bürgerrechte, konkret das Wahlrecht. Hintergrund dieses Anklagepunktes ist ein Gesetz aus der Zeit nach dem Bürgerkrieg, mit dem der Kongress gegen rassistische Gewalt in den Südstaaten vorgehen wollte, die Weiße dort nutzten, um Schwarze daran zu hindern ihre Stimme abzugeben. 

Trump hat natürlich niemanden daran gehindert seine Stimme abzugeben, aber das Argument lautet, damit dass er später die Ergebnisse zu seinen Gunsten ändern wollte, wollte er Wähler um ihre abgegebenen Stimmen bringen. Ob das im Kontext des Gesetzes als Argument reicht bleibt offen.

Dazu kommt ein weiteres Problem, was sich bei US-Präsidentschaftswahlen stellt: Nämlich, dass es in den USA kein Recht von Bundesebene, und darum geht es hier, gibt, als Bürger den Präsidenten zu wählen. Bei Abgeordneten und Senatoren ja, da ist dies konkret vorgesehen. Beim Präsidenten aber geben Wahlleute schließlich die Stimme ab, und die Bundesstaaten entscheiden, wie diese ausgewählt werden sollen: Aktuell eben überall durch eine Wahl. Aber ein verfassungsmäßig verankertes Bundesrecht ist es nicht.

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Daher beruft man sich bei Wahlklagen, etwa auch solchen Trumps, vor Bundesgerichten immer auf das Gleichberechtigungsrecht, nachdem alle Wähler ihre Stimme abgeben können oder zumindest eben die gleichen Einschränkungen dabei haben, nicht unterschiedliche.

Die Geschworenen, mit denen es Trump zu tun haben dürfte, werden ihm trotzdem wohl nicht wohlgesonnen sein: Angeklagt ist er in Washington D.C., der wohl linkesten Gegend in den USA. Eine Verurteilung könnte durchaus möglich sein. Interessant wird dann vor allem die Berufung, wenn Trumps Verteidigung sich auf die hier beschriebenen Schwächen der Anklagepunkte einschießt.

Scharfe Kritik auch von Trump-Gegnern

Viele seiner republikanischen Gegenkandidaten in der aktuellen Vorwahl, mit Ausnahme Pences, verurteilen die jüngsten Anklagepunkte jedenfalls aufs Schärfste. Ron DeSantis, sein größter innerparteilicher Rivale schrieb auf Twitter: „Einer der Gründe für den Niedergang unseres Landes ist die Politisierung des Rechtsstaats.“ Er fordert, dass Verfahren statt in D.C. in den Heimatsgerichtsbezirken der Angeklagten stattfinden sollen: „Washington, D.C. ist ein „Sumpf“ und es ist unfair, sich vor einem Geschworenengericht verantworten zu müssen, das die Sumpfmentalität widerspiegelt.“

Auch das eigentlich Trump-kritische konservative Magazin National Review zerpflückt die Anklage und schreibt: Sonderermittler Smith könne sich „nicht auf einen soliden Straftatbestand stützen“. Der Kongress habe Trumps Verhalten, was politisch falsch sei, nicht unter Strafe gestellt und sollte dies auch nicht tun, so der Leitartikel. „Das Justizministerium von Biden versucht, das Strafverfahren als Ersatz für ein gescheitertes Amtsenthebungsverfahren zu nutzen“, vermutet man dort.

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