Ist echt schon wieder Sonntag? Wenn Sie über die Festtage alles richtig gemacht haben, haben Sie schon seit einer halben Woche kein Zeitgefühl mehr. Oder war das schon eine ganze? Keine Sorge, in der Zeit zwischen den Jahren brauchen Sie eh kein Zeitgefühl. Solange Sie den Großeinkauf für Silvester noch rechtzeitig koordiniert bekommen, heben Sie sich das für den 1. Januar auf. Schweben Sie jetzt gerne mit mir durch Raum und Zeit, in der letzten Kolumne des Jahres 2025. Ja, das ist wirklich schon vorbei. Wenn Sie ziemlich genau wissen, welcher Tag heute ist, weil Sie arbeiten müssen, fühlen Sie sich vielleicht jetzt wenig angesprochen – vielen Dank, dass Sie die Zivilisation für uns aufrechterhalten.

An dieser Stelle macht man im Journalismus normalerweise einen Jahresrückblick. Der wäre aber wenig erfreulich und das passt nicht so gut zu meinem Appell von Heiligabend, den politischen Pessimismus auch mal beiseite zu lassen. Ich versuche jedenfalls, diese Zeit noch zu nutzen, um mein Nervensystem etwas zur Ruhe kommen zu lassen. Nächstes Jahr werden Merz und Co. noch genug darauf herumtrampeln. Wenn man eine dieser Zeitungen wäre, die die Digitalisierung und den damit einhergehenden Wandel für die Branche verpasst hat, würde man jetzt die „10 besten Sendungen für Silvester, die Sie nicht verpassen dürfen“ aufzählen, mit Produktplatzierung für Sportartikel werben – „New Year, New You!“ – oder zum zigsten Mal in Folge in einem Meinungsartikel die Abschaffung der Böller fordern. 

Tja, was soll man sich da jedes Jahr wieder aus den Fingern saugen. Man könnte „Dinner for One“ schauen, ganz weltbewegende Empfehlung. Das kann man an Silvester aber kaum verpassen, weil es so ungefähr zehn Mal am Tag auf allen Sendern läuft. Danach schaut man sich „Ein Herz und eine Seele“ an und staunt, was man früher noch alles im Fernsehen sagen durfte. Sporthersteller sind keine der treuen Partner von Apollo News, da kann ich Ihnen nix empfehlen. Am Anfang des Jahres sind die Fitnessstudios auch immer brechend voll, also wenn Sie wirklich im neuen Jahr mehr Sport treiben wollen, nehmen Sie sich dafür lieber das Chinesische Neujahr. Und wenn Sie es doch gar nicht sooo eilig haben – das jüdische Neujahr ist erst im Herbst, wenn mein Filofax mich nicht täuscht. Zum Böllern kann ich nur den gleichen liberalen Standpunkt vertreten wie jedes Jahr – ich bin auch kein Fan, aber es muss erlaubt bleiben. 

Ich verstehe nicht so ganz, warum sich die gleichen Prozeduren wie jedes Jahr eigentlich so wacker halten, wenn sie doch so lethargisch und vorhersehbar sind. Wissen Sie, wer um diese Zeit so richtig Spaß hat? Richtig, die Horoskop-Schreiber. Statt hier auf dem Sofa vor einem leeren Page-Dokument zu sitzen und zu schmollen, habe ich also beschlossen, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Am naheliegendsten ist da natürlich Astrologie. Da ich aber gerade mal so den Großen Wagen finden und die ISS vom Nordstern unterscheiden kann, liegt hier wohl eher nicht meine Berufung. Dann wären da noch Tarot-Karten. Die hab ich sogar noch irgendwo, dafür müsste ich jetzt aber aufräumen. Das hebe ich mir allerdings für den 1. Januar auf. Letztens habe ich jemanden auf Instagram gesehen, der Uno-Karten legt, und war ziemlich neidisch, dass ich da nicht drauf gekommen bin.

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Aber zum Glück sind da ja seit dem 25. noch die Raunächte. Das ist Ihnen natürlich klar, weshalb Sie Ihre Wohnung ja auch schon fleißig mit Weihrauch ausgeräuchert haben. Und weiße Wäsche haben Sie ja hoffentlich auch nicht aufgehängt. Die Träume der zwölf Nächte sagen die Zukunft für jeden Monat voraus. 

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Januar: In meinem Traum in der Nacht des 25. Dezember erschien mir ein Rentier, das, auf einem Ball balancierend, die Triangel spielte. Aus einem Baum fiel eine Kastanie, die zerbrach und ein Monopoly-Spiel zum Vorschein brachte. Ich erwachte schweißgebadet, nachdem die Stimme eines ehemaligen Mitschülers mich an die vergessenen Mathe-Hausaufgaben erinnerte. Die Interpretation liegt auf der Hand. Im Januar wird Friedrich Merz ein politisches Vorhaben ankündigen, dem Lars Klingbeil widersprechen wird. Es wird so umgesetzt werden, wie die SPD es haben will. Wenn Sie Widder sind, prüfen Sie in der zweiten Kalenderwoche den linken Hinterreifen Ihres Lastenfahrrads. Achten Sie auf den Abstand zwischen Zug und Bahnsteigkante. 

Februar: Nach einer weitestgehend traumlosen Nacht erwache ich von dem Schnarchen meines Bruders. Als ich wieder einschlafe, befinde ich mich in einem Tannenwald. Meine Blockflötenlehrerin aus der dritten Klasse sägt einen Baum. Als sie mich sieht, tadelt sie mich dafür, dass ich meine Rollschuhe nicht richtig gebunden habe. Neben mir erscheint eine Maus und überreicht mir einen Nussknacker. Die Botschaft dieses Traums ist schon etwas verborgener. Im Februar wird es schneien, Grund dafür ist die Erderwärmung. Zum Ende des Monats finden Sie in Berlin-Kreuzberg keinen Parkplatz mehr. Wenn Sie Sternzeichen Zwilling sind, werden Sie einen ungegenderten Brief erhalten. Antworten Sie darauf nicht. 

März: Bei dem Essen einer Entenbrust beiße ich auf etwas Hartes. Plötzlich stelle ich fest, dass ich ganz alleine am Tisch sitze. Meine Eltern haben auf dem Weg zur Arbeit vergessen, mich mitzunehmen. Es klingelt. Vor der Tür steht mein Zivilrechtsprofessor mit beschriebenen Zetteln, auf denen er seine Liebe für Tomatensuppe gesteht. Dieser Monat hält für Stiere eine große Veränderung bereit. Bewahren Sie dennoch Ruhe und nutzen Sie den Fahrstuhl im Brandfall nicht. Sind Sie Sternzeichen Jungfrau, werden Sie das auch in diesem Monat bleiben. Bei Maybrit Illner wird ein CDU-Politiker auftreten. Ende des Monats wird es Ihnen so vorkommen, als würden Sie eine Stunde weniger schlafen. Robert Habeck wird ein Foto von sich auf Instagram posten.

Weiter in die Zukunft kann ich zu diesem Stand noch nicht schauen. Sollte mir in den folgenden Tagen jedoch etwas besonders Wichtiges im Traum erscheinen, werde ich Sie selbstverständlich umgehend informieren. Bis zum nächsten Jahr!

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