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Dublin

„Coolock sagt Nein“ – in Irland wächst der Widerstand gegen Massenmigration

Irland wird jährlich zum Ziel von Zehntausenden Asylbewerbern. Der Grund: Hohe Lebensstandards und großzügige Sozialleistungen. In Coolock, einer Arbeitervorstadt Dublins, proben die Iren nun den Aufstand gegen den Bau eines neuen Asylzentrums. Die Staatsgewalt reagiert hart und bezeichnet die Bewohner des Viertels als rechtsextreme Provokateure. 

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Zahlreiche Bürger von Coolock gehen gegen eine weitere Asylunterkunft in ihrer Nachbarschaft auf die Straße - die Polizei greift hart gegen die Demonstranten durch.

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Es war die Nachricht, die das Fass zum Überlaufen brachte: Anfang März erfuhren die Bewohner der Arbeitervorstadt Coolock, im Norden der irischen Hauptstadt Dublin, dass auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik ein weiteres Asylbewerberzentrum entstehen würde. Erste Vorarbeiten für den Containerbau würden bereits erledigt – für eine von vielen Unterkünften in ihrem Viertel.

Seit 2022 baut die irische Regierung fleißig für die neuen Gäste im Land. Oder besser gesagt: Lässt bauen. Denn die Asylbewerberunterkunft in Coolock soll von einer privaten Kapitalgesellschaft gebaut und betrieben werden. Berichten zufolge soll die Gesellschaft damit seit 2021 ganze 38 Millionen Euro verdient haben. Die Besitzer der Gesellschaft wohnen angeblich in der Schweiz, weit weg von den Containerbehausungen, die sie in irische Arbeiterviertel und Industriegebiete bauen.

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Schnell formierte sich Protest in der Bevölkerung. Es geht den Anwohnern vor allem um die Selbstverständlichkeit, mit der sie von den örtlichen Behörden und der irischen Regierung übergangen werden. Informationen über das geplante Asylzentrum oder gar ein Mitspracherecht gab es nicht. Ein kleines Protestcamp neben der Baustelle der geplanten Unterkunft wurde errichtet. Ein kleiner Bretterverschlag, ein paar Menschen, die abwechseln dort Wache halten und ein großes Banner: „COOLOCK SAYS NO – Coolock sagt Nein“.

Am Montag weiteten sich die Proteste aus. Es kam zu einer ersten großen Demonstration an der Baustelle. Anwohner forderten die anwesenden Sicherheitsleute zum Niederlegen ihrer Arbeit und zum Verlassen der Baustelle auf. Dann ging alles sehr schnell. Wenig später standen ein Stapel Matratzen und ein Baustellenbagger in Flammen. Sofort war die irische Polizei an der Baustelle, doch auch die Demonstranten holten sich per WhatsApp und Telegramm Verstärkung. Den ganzen Tag standen sich die Polizei und die Demonstranten aus dem Viertel gegenüber. Am Abend löste die Polizei den Protest schließlich gewaltsam auf. 

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Doch am Dienstag waren die Demonstranten zurück, in noch größeren Nummern. Die Polizei musste ein massives Aufgebot an Kräften auffahren, um die mehr als tausend Demonstranten unter Kontrolle zu halten und reagierte dabei oft unverhältnismäßig hart. Der ursprünglich kleine Protest schaffte es auf die Hauptseite großer irischen Zeitungen und in die Abendnachrichten. „Coolock sagt Nein“ – diese Botschaft ist nun unüberhörbar. 

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Bereits seit 2022 gibt es in Irland immer wieder lokale Widerstandsbewegungen gegen die Ansiedlung von Migranten. Das ist ungewöhnlich für ein Land, welches eigentlich als linke Hochburg und grundsätzlich migrationsfreundlich bekannt ist. Doch es ist die schiere Masse an Migranten, welche die Perspektive vieler Iren verändert hat. Für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge hatten die meisten Iren Verständnis, doch die jungen Männer afrikanischer und arabischer Herkunft, welche in großer Zahl auf der Insel ankommen, sind weniger willkommen. 

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Ende 2023 kam es in Irlands Hauptstadt zu großen Protesten, nachdem ein algerischer Asylbewerber vor einer Grundschule drei Kinder und eine Frau unvermittelt mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hatte. Die Proteste waren eine Explosion der Frustration und wurden von erheblichen Ausschreitungen begleitet. Mehrere Busse und Straßenbahnen gingen in Flammen auf, 34 Menschen wurden festgenommen.

Die irische Regierung unter dem indischstämmigen Ministerpräsidenten Leo Varadkar hatte deshalb leichtes Spiel, die Proteste als blinde Zerstörungswut einiger „von rechtsextremer Ideologie angetriebener Hooligans“ abzutun. Dieses Mal ist vieles anders, denn die Protestbewegung in Coolock ist deutlich populärer und weitgehend friedlich.

Zwar boten die Bilder des brennenden Baggers den Medien ausreichend Bildmaterial, um die Demonstranten als gewalttätige Hooligans zu diffamieren. Doch auf den anderen Bildern und Videos der Proteste ist zu sehen, dass es sich bei der Mehrzahl der Demonstranten mitnichten um Extremisten und Krawalltouristen handelt. Stattdessen sieht man Menschen aller Altersgruppen, sogar Mütter mit ihren Kindern und Senioren. Der Protest wird, so scheint es, von einem Großteil der Menschen in Coolock mitgetragen. 

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Bislang zeigt sich die Politik allerdings wenig einsichtig. Regierungsmitglieder sprachen im Zusammenhang mit den Demonstrationen von „verkommenen Protesten“ und rechtsextremer Hetze. Das Asylzentrum soll wie geplant fertiggestellt werden, auch gegen den Widerstand der Anwohner. Und linke Medien kritisieren die Polizei. Nicht etwa, weil sie den weitgehend friedlichen Protest am Dienstag mit rabiaten Methoden auflöste. Sie finden, die Polizei hätte noch härter gegen die Demonstranten durchgreifen müssen. Doch in der Bevölkerung finden die Proteste großen Zuspruch. Coolock zeigt den Iren, wie groß der Frust über die Ansiedlung von Asylbewerbern an vielen Orten des Landes ist.

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