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Sprachwandel

„Biodeutsch“ ist Unwort des Jahres 2024: Ursprünglich linkes Scherzwort soll jetzt rassistisch sein

„Biodeutsch“ wurde zum Unwort des Jahres 2024 gewählt. Eine wörtliche Unterscheidung, zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, soll rassistisch sein und künftig nicht mehr existieren. Dabei wurde das Wort ursprünglich in der linken Szene verwendet.

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Bereits 2017 war „biodeutsch“ unter den Vorschlägen für das Unwort des Jahres.

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Das Wort „biodeutsch“ wurde am Montag zum Unwort des Jahres 2024 gewählt. Das geht aus einer Pressemitteilung der Philipps-Universität Marburg hervor. In der Begründung heißt es, das Wort sei „rassistisch“. Zudem werde es „im öffentlichen und gesellschaftlichen Sprachgebrauch und insbesondere in den sozialen Medien verstärkt verwendet“ worden sein, „um Menschen vor dem Hintergrund vermeintlicher biologischer Abstammungskriterien einzuteilen, zu bewerten und zu diskriminieren“.

„Mit dem Wort biodeutsch wird eine rassistische, biologistische Form von Nationalität konstruiert“, heißt es in der Mitteilung weiter. Es werde also ein Zusammenhang zwischen „Deutschsein“ und Nationalität imaginiert, „den es nicht gibt“. In der Pressemitteilung erklärt die Universität außerdem, dass sich die Wahl zum Unwort nicht gegen den satirischen Gebrauch des Begriffs wende, sondern gegen den wörtlich gemeinten, der eine Unterscheidung zwischen vermeintlich echten Deutschen und Deutschen mit Migrationshintergrund anstrebe.

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Ignoriert wird bei der Auswahl, dass das Wort ursprünglich von Linken verwendet wurde, um Deutsche ohne Migrationshintergrund zu bezeichnen. Zuerst soll das Wort vom linken Komiker Muhsin Omurca in einem Cartoon für die taz 1996 verwendet worden sein. In dem Cartoon sagt ein Mann zu seinem Nachbarn mit Teeglas und schwarzem Schnurrbart: „Der Unterschied zwischen dir und mir besteht darin, Hüsnü: Du bist ein getürkter Deutscher! Eine Fälschung! Und ich … Ich bin ein Original! Ein Bio-Deutscher.“

Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir verwendete das Wort „Biodeutscher“ in einer Rede 2015, um den Unterschied zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund zu verdeutlichen. Er sagte laut dem Tagesanzeiger, dass der Biodeutsche keinen Doppelpass habe und nicht bilingual sei. Den Begriff „Deutscher“ ohne eine Vorsilbe verdiene er nicht, darum solle der Begriff „Biodeutscher“ verwendet werden. Durch die Verwendung von Özdemir soll das Wort erst populär geworden sein.

Bereits 2017 war das Wort „biodeutsch“ für das Unwort des Jahres vorgeschlagen worden, das Wort wurde vierzehnmal eingesandt, insgesamt gab es 1.064 Einsendungen. Damals war jedoch der Begriff „Volksverräter“ zum Unwort des Jahres gewählt worden. Für das Unwort des Jahres 2024 wurde „biodeutsch“ sogar nur zehnmal eingesandt, bei insgesamt 3.172 Einsendungen. Dabei gilt es zu beachten, dass nicht alle Einsendungen den Kriterien der Jury entsprechen.

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Infolge der Wahl des Begriffs „biodeutsch“ zum Unwort des Jahres hat der Ausdruck die humorvolle Interpretationsweise verloren – in der Folge soll es keine semantische Unterscheidung mehr zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund geben.

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