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Bauern am Fähranleger: Die Putsch-Empörung ist ein lächerliches Schauspiel

„Umstürzler“, „Angriff“, „Gewalt“: Journalisten und Politiker überschlagen sich, um den Habeck-Vorfall am Fähranleger zu einer Art Putsch herauf zureden. Das ist billigste Empörungs-Kultur - die am Ende nur dazu dienen soll, Kritik an Grüner Politik zu stigmatisieren.

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Die Empörung kennt keine Grenzen: Wütende Bauern haben die Fähre, die Wirtschaftsminister Robert Habeck aus dem Urlaub transportierte, blockiert. Es kam zu Rangeleien mit der Polizei, die Fähre fuhr wieder ab. Aus dem Vorfall vom Donnerstagabend konstruieren Politiker und Aktivisten schnell einen regelrechten Mordanschlag oder Putschversuch. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir meint: „Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird es nicht geben“. Grünen-Fraktionschefin Britta Hasselmann spricht von „einer gewalttätigen Aktion gegen Robert Habeck“. Der Grünen-Spin zum Vorfall: Ein wütender Lynchmob von Staatsfeinden wollte den Minister aufknüpfen, und Habeck ist gerade nochmal mit dem Leben davongekommen.

Und auch die Schuldigen für diesen gefährlichen Fast-Putsch sind schon ausgemacht: Der Grünen-nahe Politologe Marcel Lewandowsky erklärt, Union und FDP hätten mit ihrer Habeck-Kritik maßgeblich zur Eskalation am Donnerstagabend beigetragen. Der Bild werden ähnliche Vorwürfe gemacht. Kurzum: Jeder, der Habeck und seine Politik kritisiert, hat im Grunde geistig mitgewirkt bei einem Lynch-Versuch. Dieses Bild wollen Grüne allerorts nun verbreiten – und es könnte falscher nicht sein.

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Denn die Fakten sprechen eine andere Sprache. Gegenüber Nius erklärte die zuständige Polizei, der Vorfall am Fähranleger sei „nicht wirklich Gewalt. Deswegen sehen wir als Polizei davon ab, von Gewalt zu sprechen.“ Und weiter: „Es ging um 25 bis 30 Personen, die anderen 250 bis 300 haben sich friedlich verhalten.“ So ist die tatsächliche Lage: Eine Handvoll Störer wollte mit dem Minister sprechen. Der war jederzeit in Sicherheit – und es gab nicht mal „wirklich Gewalt“. Das gesamte aufgeblasene Gehabe der Grünen und ihres Vorfelds fällt in sich zusammen. Die Erzählung über angeblich „gewalttätige Umstürzler“ ist am Ende nur ein billiger Empörungs-Porno für die Grünen, die jede Kritik an sich und ihrer Politik ohnehin nur in Kategorien von „Hass“, „Hetze“ und „Verrohung“ einordnen können.

Die Grünen und ihr Demo-Doppelstandard

Dabei wäre das Grüne Milieu gut beraten, die Vorkommnisse einmal wirklich kritisch zu reflektieren – und auch eine eigene Mitverantwortlichkeit für die Eskalation von Protesten zu bedenken. Denn die Landwirte vor Ort bedienten sich einfach der Mittel, die seit Jahren in Deutschland normalisiert werden – auch mit Rückendeckung der Grünen, wie etwa bei der Letzten Generation.

Die Klimaextremisten treten mittlerweile seit Jahren mit der Methodik auf, die sich einige Bauern jetzt zu eigen gemacht haben. Immer wieder überschritt die „Letzte Generation“ Grenzen und trug so maßgeblich dazu bei, genau solche Grenzüberschreitungen zu normalisieren. Die Antwort der Politiker, insbesondere derer, die am Fähranleger jetzt einen quasi-Putschversuch erkannt haben wollen? Viel zu lange viel zu mild. Die Berliner Grünen-Fraktion, die sich mit den Klimaextremisten und ihren Methoden im vergangenen Jahr offen solidarisch erklärt hatte, teilt jetzt einen Beitrag, der den Vorfall vom Donnerstagabend als Überschreitung einer „demokratischen Grenze“ kritisiert. Vielleicht sollten die Damen und Herren der Berliner Grünen sich besser fragen, was sie selbst zu dieser Eskalation von Protest beigetragen haben. Oder auch: Sowas kommt von sowas.

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Denn die Botschaft, die das vermittelt, ist klar: Grenzüberschreitender Protest kann legitim sein – wenn wir, also manche Politiker und Journalisten, ihn für gut befinden. Wer was darf, hängt aber in einem Rechtsstaat nicht von der politischen Anschauung ab. Und wenn die „Letzte Generation“ seit Jahren mehr oder weniger mit ihren Aktionen durchkommt – warum dann es nicht selbst auch mal so versuchen? Das könnte sich so mancher Akteur vom vergangenen Abend gedacht haben. Das wäre nicht richtig, aber doch nachvollziehbar.

Das Offensichtliche fürs Protokoll: Sich mit Zwang Zugang zu einem Schiff verschaffen zu wollen, ist nicht in Ordnung. Den Vorfall jetzt als Attentat, Putschversuch oder ähnliches darzustellen, ist Klamauk – und dient nur dazu, die Kritik an grüner Politik weiter zu stigmatisieren. Manche, wie oben beschrieben, haben damit bereits begonnen. Wir werden heute und in den nächsten Tagen noch viel davon hören, wie angeblich „Hass“, „Hetze“ und „Desinformation“ diesen „Tabubruch“ ermöglicht hätten. Vielleicht wird der „Anschlag auf Robert Habeck“ jetzt ein neuer, linker Mythos, so wie die „Hetzjagd von Chemnitz“ oder der „Sturm auf den Reichstag“, der ja auch unter hinreichend verblödeten Zeitgenossen als „Putschversuch“ gilt. Sicher aber ist: An der berechtigten Wut im ganzen Land wird diese billige Empörungskulisse nichts ändern.

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